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Wirtschaftsumfeld | Ägypten | Finanzierung

Ägyptische Zentralbank wertet Landeswährung um 16 Prozent ab

Mit der Abwertung des Pfunds möchte die Bank dem Devisenmangel begegnen und hebt parallel den Leitzins an. Beides ebnet den Weg für einen Kredit vom Internationalen Währungsfonds.

Von Sherif Rohayem | Kairo

In einer außerordentlichen Sitzung hat die ägyptische Zentralbank am 21.3.2022 beschlossen, das ägyptische Pfund (EGP) abzuwerten. Die Währung verlor am selben Tag 16 Prozent und wurde gegenüber dem US-Dollar (US$) mit 18,27 EGP gehandelt. Hintergrund dieser Maßnahme ist eine schwelende Devisenkrise, die mit der Abwertung gestoppt werden soll.

Aufgewertetes Pfund hat ausländische Investoren benachteiligt

Ägypten hatte bereits im Jahr 2016 den Wechselkurs seiner Währung freigegeben, dennoch rangierte das Pfund seit etwa zwei Jahren auffällig stabil bei 15,7 EGP gegenüber dem US$. Dieser stabile Kurs war das Ergebnis von Interventionen der Zentralbank, die vor allem ausländische Investoren benachteiligte. Sie erhielten infolge der Eingriffe weniger Pfund für ihre Dollars.

Die neue Abwertung schafft bei den Investoren Vertrauen, dürfte aber das Problem des Devisenmangels nicht allein lösen können. Erst ein Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) wird die ägyptische Devisensituation entscheidend verbessern. Denn ein solcher Kredit hat über das bereit gestellte Geld hinaus einen immateriellen Wert. So schaffen Kredit und die damit verbundene Kooperation mit dem IWF Vertrauen in die ägyptische Wirtschaft. Wenn Ägypten demnächst also wieder Staatsanleihen platziert, werden diese gewissermaßen mit dem Gütesiegel des IWF versehen sein. Gespräche zwischen Ägypten und dem IWF laufen bereits. Und seit letzter Woche kann die ägyptische Seite vorweisen, dass sie mit der Abwertung eine zentrale Kreditbedingung bereits erfüllt hat.

Unterstützung bekommt Ägypten bereits aus Abu Dhabi. So berichtet Bloomberg, dass der Staatsfonds des Emirats Interesse an ägyptischen Firmen angemeldet hat, darunter ein staatlicher Düngemittelhersteller und der Zahlungsdienstleister Fawry. Insgesamt stehen Investitionen in Höhe von 2 Milliarden US$ im Raum.  

Krieg in der Ukraine und Zinserhöhung der US-Fed lösen Anlegerflucht aus

Insbesondere seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sorgen sich ausländische Anleger wegen der gestiegenen Weizen- und Energiepreise um die Zahlungsfähigkeit Ägyptens. In großer Anzahl verlassen sie den ägyptischen Markt für Staatsanleihen in Richtung USA. Dort hat die Federal Reserve jüngst ihren Leitzins angehoben und weitere Erhöhungen angekündigt. Dadurch verlieren ägyptische Staatsanleihen an Attraktivität, weil Ägypten sein Alleinstellungsmerkmal als Hochzinsland in einer Niedrigzinswelt zu verlieren droht. Die Kombination aus gestiegener Rendite für US-Anleihen bei vergleichsweise geringerem Ausfallrisiko stellt eine ernst zu nehmende Konkurrenz für ägyptische Schuldpapiere dar.

Rückläufige Staatsanleihen ziehen weite Kreise

Die Investmentbank Goldman & Sachs rechnet aus, dass allein in den vergangenen drei Wochen ausländische Investoren Kapital in Höhe von 15 Milliarden US$ aus dem ägyptischen Anleihenmarkt abgezogen haben. Rückläufige Einnahmen aus dem Anleiheprogramm sind unter mehreren Gesichtspunkten problematisch, da Ägypten intern und extern hoch verschuldet ist. Einen guten Teil der Neuverschuldung muss die Regierung auf die Begleichung alter Schulden verwenden.

Einen anderen Teil der Schulden investiert die ägyptische Regierung etwa in die neue Verwaltungshauptstadt, Wasser-, Strom- oder Bahnprojekte. Diese Vorhaben setzen während ihrer Umsetzung und im besten Fall auch danach wirtschaftliche Impulse. So wirkt sich die eingeschränkte Fähigkeit zur Aufnahme neuer Staatsschulden gerade in Ägypten negativ auf die Wirtschaftsleistung aus.   

Schließlich sollten die Einnahmen aus den ägyptischen Staatsanleihen dazu beitragen, das chronische Außenhandelsdefizit auszugleichen. Doch dieses vergrößert sich wegen steigender Preise für Energie und Rohstoffe. In diesem Zusammenhang ist auch die jüngst beschlossene Akkreditivpflicht für Importe zu verstehen. So muss bei der Eröffnung eines Akkreditivs der Gegenstand einer Lieferung minutiös aufgelistet werden. Das hat die Wirkung von Einfuhrkontrollen. Einige Importgeschäfte mögen dadurch nicht stattfinden, womit auch die sonst fällig gewordenen Devisen im Land bleiben. Die Importrechnung wird dennoch weiter steigen. Dafür sorgen vor allem die hohen Weizenpreise und der Umstand, dass Ägypten Importweltmeister von Weizen ist.    

Höherer Leitzins soll steigenden Preisen entgegenwirken

Im Februar 2022 ist die Inflation auf knapp 9 Prozent geklettert. Bald wird die Teuerungsrate infolge der Abwertung des ägyptischen Pfundes einen zweistelligen Wert erreichen. Auf die damit verbundenen Härten werden die Ägypter auch medial vorbereitet. So fragt Amr Adib in seiner Fernsehshow rhetorisch, ob sich die Lage in den kommenden Tagen bessern wird und antwortet mit einem klaren „nein“. Er warnt Verbraucher vor Hamsterkäufen und beschimpft diejenigen Händler als Verräter, die Waren lagern und unangemessen hohe Preisaufschläge durchsetzen.

Um den gestiegenen Verbraucherpreisen etwas entgegenzusetzen, hat die ägyptische Zentralbank parallel zur Währungsabwertung den Leitzins um 1 Prozent auf 9,25 Prozent angehoben. Es ist zu erwarten, dass demnächst weitere Leitzinserhöhungen folgen.  

Diese Zinserhöhungen werden die Inflation erst zeitverzögert eindämmen. Zunächst müssen sich die Verbraucher auf eine Verschlechterung der Situation einstellen. Die Kehrseite des ägyptischen Kaufkraftverlustes ist der Kaufkraftgewinn von ausländischem Kapital. Das wird die Attraktivität direkter und indirekter Investitionen in Ägypten steigern. Die Devisen, die dann wieder nach Ägypten fließen, werden das Pfund stützen, Importe verbilligen und somit die Inflation eindämmen. Damit aber alles so kommt, muss der IWF noch grünes Licht geben.

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