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Wirtschaftsumfeld | Ägypten | Währung

Zentralbank von Ägypten erlaubt weitere Abwertung des Pfundes

Der offizielle Umtauschkurs der ägyptischen Währung zum US-Dollar ist mittlerweile fast gleichauf mit seinem Pendant auf dem Schwarzmarkt.

Von Sherif Rohayem | Kairo

Am 4. Januar 2023 ließ die ägyptische Zentralbank erneut eine Abwertung des ägyptischen Pfundes zu. Die Währung gab daraufhin um 7 Prozent nach und fiel gegenüber dem US-Dollar (US$) auf einen Umtauschkurs von etwa 26,5 ägyptische Pfund (EGP). Nur eine Woche später stürzte der Kurs zum Dollar erneut ab; zwischenzeitlich lag er bei 32 EGP, schloss dann aber bei 29,6 EGP.

Schwarzmarkt hat floriert

Bereits im März und im Oktober 2022 hatte die Zentralbank Abwertungen der Währung zugelassen. Diese Schritte führten aber nicht zum erhofften Ergebnis - dem Zufluss von Dollar, der in Ägypen seit fast einem Jahr knapp ist. Denn trotz erheblicher Kursstürze ging der Markt von einem überbewerteten ägyptischen Pfund aus. Auf der Suche nach besseren Umtauschkursen flossen Devisen aus dem offiziellen Bankensystem ab und landeten auf dem Schwarzmarkt, wo mit circa 30 bis 32 EGP pro US$ ein deutlich lukrativerer Umtauschkurs gezahlt wird.

Beobachter gehen nun davon aus, dass der offizielle Kurs fast mit dem auf dem Schwarzmarkt gleichgezogen ist. Zwar tätige die ägyptische Zentralbank keine Stützungskäufe mehr, schränke aber nach wie vor die Möglichkeiten ein, Devisen außer Landes zu bringen. Es sind diese Devisenkontrollen, die den Parallelmarkt ohne Einschränkungen noch am Leben erhalten.

Zentralbank meldet Deviseneingänge

Der Schwarzmarkt wird erst dann austrocknen, wenn es zu einer Konvergenz der Kurse kommt. Immerhin ist nach den Abwertungen im Januar die Lücke zwischen beiden Notierungen signifikant geschrumpft. Daher ist der Anreiz, Devisen über offizielle Kanäle umzutauschen, bereits jetzt deutlich gestiegen. Das erhöht die Attraktivität des offiziellen Marktes, zumal der Schwarzmarkt nicht für jedermann zugänglich ist. Erstens, weil es sich dabei um keinen einheitlichen Handelsplatz handelt, und zweitens, weil Geschäfte dort strafbar sind.

Insbesondere die circa 10 Millionen Auslandsägypter sind für die Verfügbarkeit von Devisen ein entscheidender Faktor. Deren Rücküberweisungen aus den Golfstaaten, Nordamerika und Europa erreichen jährlich einen Betrag von 25 bis 30 Milliarden US$ - und fallen damit höher aus als die Einnahmen aus Suezkanalgebühren und Tourismus zusammen.

In einer Pressemitteilung vom 16. Januar 2023 gibt die ägyptische Zentralbank bekannt, dass seit dem 11. Januar insgesamt 925 Millionen US$ in lokale Geschäftsbanken geflossen sind. Teilweise seien dies lokale Zuflüsse sowie externe Geldeingänge aus Tourismus und Rücküberweisungen. Weiterhin, so die Zentralbank, konnten Geschäftsbanken 2 Milliarden US$ an Importeure auszahlen.

Mehr Dollar für Importe verfügbar

Dieser Hinweis hat den Hintergrund, dass der ägyptische Außenhandel wegen des seit Februar 2022 andauernden Dollarmangels empfindlich gestört ist. Konkret fehlen US$, um Importe zu bezahlen. Bis Dezember 2022 sind Waren im Wert von 9,5 Milliarden US$ an ägyptischen Häfen gestrandet, die mangels Devisen nicht gelöscht werden können.

Weil sich die Devisensituation mittlerweile verbessert hat, konnten Teile dieses Rückstaus abgebaut werden. Offiziellen Angaben zufolge beläuft sich der Wert gestrandeter Waren aktuell nur noch auf circa 5 Milliarden US$. Ebenso melden lokale Medien, dass Preise für Getreide und Tierfutter gesunken sind, weil zuletzt ein großer Teil dieser Waren die Häfen verlassen und auf den Markt gebracht werden konnte.

Auslöser dieser Dollarkrise war der russische Angriff auf die Ukraine, in dessen Folge die Preise für Grundnahrungsmittel und Energie gestiegen sind und Kapital in Höhe von 22 Milliarden US$ aus dem ägyptischen Markt für Staatsanleihen geflohen ist. Mittlerweile aber, so der Dienst für Finanznachrichten Bloomberg, locke die Kombination aus hohen Zinsen und billigem Pfund wieder ausländische Investoren in den ägyptischen Markt für Staatsanleihen. 

Pfund wird weiter fallen – Inflation weiter steigen

Wie die vorangegangene Abwertung im Oktober 2022 zählt auch die jüngste zu den zentralen Bedingungen für einen Kredit des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 3 Milliarden US$, der auf vier Jahre verteilt ist. Die bereits mehrfach geltend gemachte Forderung des IWF nach einem flexiblen Wechselkurs sieht vor, dass die ägyptische Zentralbank die Währung nicht mehr stützen soll. Stattdessen sollen Angebot und Nachfrage den Wert des Pfundes festlegen.

Traditionsgemäß zögert Ägypten mit der Umsetzung; löst die Freigabe der Währung doch einen Anstieg der Inflation aus. Genau genommen ist diese Inflation angesichts eines stark negativen Handelsbilanzsaldos importiert. Und tatsächlich ist die Teuerungsrate nach der Oktoberabwertung auf über 20 Prozent geklettert. Expertinnen erwarten, dass erst bei einem Dollarkurs von 32 bis 33 EGP das Tal erreicht sein wird - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Inflation, deren Spitze sie bei circa 30 Prozent erwarten. Unterdessen verweist die Regierung die Bevölkerung auf Hühnerfüße als günstige Proteinalternative zu Hühner- und Rindfleisch.

Zuflüsse auch aus den Golfstaaten erwartet

Folglich übersteigen die (sozialen) Kosten des IWF-Kredites dessen Summe um ein Vielfaches. Jedoch ebnet das Darlehen den Weg zu weiteren Geldern aus anderen Töpfen des IWF und der Weltbank. Neben der westlichen Unterstützung erwartet Ägypten auch Geldzuflüsse seiner Golfnachbarn. Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar haben etwa 20 Milliarden US$ in Form von Krediten und Beteiligungen an Staatsfirmen zugesagt.

Ob die Abwertungen und die Notkredite nun eine nachhaltige Besserung der Situation bewirken oder lediglich den Startschuss für den Countdown bis zur nächsten Währungskrise markieren, hängt davon ab, ob die Regierung die dicken Bretter wird bohren können: Gemeint ist die Umstellung von einer Wirtschaft, die auf staatlichen Schulden und staatlichen Infrastrukturprojekten basiert, auf eine Marktwirtschaft.

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