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Branchen I Algerien I Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen

Importsubstitution lässt Nachfrage nach Ausrüstungsgütern steigen

Algeriens Nahrungsmittelindustrie wächst zweistellig. Logistikkapazitäten müssen ausgebaut werden. Damit steigt auch der Bedarf an Lager- und Kühltechnik.

Von Peter Schmitz | Tunis

Die Nahrungsmittelindustrie legte in Algerien nach Angaben des Office national des statistiques (ONS) 2021 um 15 Prozent zu, nachdem es 2020 einen leichten Produktionsrückgang gegeben hatte. Das Land ist stark auf den Import von Nahrungsmitteln angewiesen, vor allem von Getreide. Aber auch Milchpulver, Rindfleisch und Speiseöl müssen im Ausland beschafft werden. Angesichts angespannter Lieferketten und gestiegenen Preisen besteht ein nicht unerhebliches Risiko für die Versorgung der Bevölkerung, auch wenn der Staat aufgrund der hohen Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft aktuell zahlungskräftig ist.    

Eine gewisse Aufbruchsstimmung ließ sich auch während der Leitmesse der algerischen Nahrungsmittelindustrie, der Djazagro 2022, feststellen. Das bestätigten die meisten der zehn deutschen Unternehmen, die sich am offiziellen deutschen Gemeinschaftstand beteiligt hatten. Einige Aussteller waren bereits zuvor in Algerien aktiv, die Nachfrage ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. 

Ölmühle soll künftig landesweiten Eigenbedarf an Speiseöl decken

Die Strategie der Importsubstitution trägt teilweise Früchte. Beispielsweise konnte Algerien in der Erntesaison 2021/22 den Bedarf an Tomatenmark komplett selbst decken. Die Produktion lag bei 2,3 Millionen Tonnen gegenüber 1,9 Millionen Tonnen in der Vorjahressaison. Auch der Bedarf an rotem Fleisch und Geflügel soll zu möglichst großen Teilen lokal erzeugt und verarbeitet werden. Bis 2025 ist jeweils eine Produktion von 650.000 Tonnen anvisiert, so das Ministerium für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. 2017 lag die Produktion in beiden Bereichen bei etwa 550.000 Tonnen. Der Fleischbedarf stieg bereits von 2010 bis 2017 um mehr als 50 Prozent an. 

Trotz mancher Erfolge muss ein Großteil der Produktion, beispielsweise von Obst wie Zitrusfrüchten oder Aprikosen, unmittelbar nach der Ernte konsumiert werden, da keine Konservierung oder Verarbeitung stattfindet. Durch bessere Lagerung mittels Kühlung oder Verarbeitung ließen sich deutlich höhere Einnahmen generieren. Als Musterbeispiel dieser Strategie könnte die Ölmühle des Branchenriesen Cevital dienen. Hier soll lokal angebauter Raps gemahlen und Rapsöl abgefüllt werden. Im Oktober 2022 waren Presseberichten zufolge 80 Prozent des Projekts umgesetzt. Nach Fertigstellung soll die Mühle mit einer Kapazität von 1.100 Tonnen pro Tag die größte der Welt sein und allein den algerischen Bedarf an Speiseöl abdecken. Seit 2020 wird in Algerien Raps angebaut. Die Ernte 2021/22 lag bei etwa 14.000 Doppelzentnern. Ursprünglich sollten diese komplett in Bejaia verarbeitet werden. Allerdings wurde der Bau der Ölmühle durch die Behörden zwischenzeitlich gestoppt. Im Oktober 2022 gab der algerische Präsident Abdelmajid Tebboune grünes Licht für das Prestigeprojekt.

Modernisierung von Lagerung, Transport und Produktion avisiert

Der Baustopp der Ölmühle und die verzögerte Verarbeitung des geernteten Rapses warf ein Schlaglicht auf eine wesentliche Schwäche der algerischen Wertschöpfungskette. Die Landwirte meldeten, dass die Lagerkapazitäten für die Ernte von 14.000 Doppelzentnern nicht ausreichen würden. Das Problem betrifft auch fast alle anderen landwirtschaftlichen Produkte, insbesondere Getreide und Früchte. Allein der Transport von den Produktionsgebieten zu den Häfen oder Verarbeitungsstätten gestaltet sich schwierig. Angesichts des geplanten Ausbaus der Anbaufläche und der Produktionssteigerung durch vermehrte künstliche Bewässerung steigt der Bedarf an Lager- und Kühltechnik, aber auch an Lastwagen für den Transport.

Geld steht der Regierung infolge der stark angestiegenen Preise für Öl und Gas mehr als genug zur Verfügung. Dementsprechend wurde die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produktionsmitteln inklusive Traktoren und entsprechenden Ersatzteilen erlaubt. Zudem investiert die Regierung in die künstliche Bewässerung und Elektrifizierung der landwirtschaftlichen Produktionsstätten. Bis 2030 soll die bewässerte Fläche von 1,5 Millionen auf 2,5 Millionen Hektar anwachsen. Im Jahr 2021 kamen 18.000 Hektar Fläche hinzu. Bereits heute ist die Landwirtschaft mit einem Wasserverbrauch von 7,1 Milliarden Kubikmetern jährlich (dies entspricht etwa 70 Prozent des Gesamtbedarfs) der größte Verbraucher. Die Elektrifizierung wird derweil von Sonelgaz vorangetrieben. Seit 2020 wurden nach Unternehmensangaben 23.000 landwirtschaftliche Betriebe an das Stromnetz angeschlossen. Bis 2023 sollen insgesamt 48.000 Betriebe angeschlossen und damit ein Beitrag zur Modernisierung der Landwirtschaft geleistet werden. 

Wenn die algerische Regierung die Strategie der Importsubstitution konsequent weiterverfolgt, dürften Anbieter von Ausrüstungsmitteln gute Absatzchancen haben. Allerdings sollte man sich auf dem Weg dahin auf Verzögerungen und Rückschläge einstellen, da insbesondere Einfuhrgenehmigungen entzogen oder stark verzögert ausgestellt werden können.

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