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Wirtschaftsumfeld | Andorra | Infrastruktur

Andorra setzt auf Zukunftsbranchen

Andorra positioniert sich als Hub für digitale Innovationen, Forschung und Entwicklung. Die Abhängigkeit vom Tourismus soll sinken und das Image der Steueroase abgestreift werden.

Von Oliver Idem | Madrid

Das Fürstentum Andorra will seine Wirtschaft für die Zukunft aufstellen. Wissensbasierte Dienstleistungen tragen entscheidend dazu bei. Das schließt auch die stärkere Kooperation mit internationalen Akteuren ein.

Der Pyrenäenstaat zwischen Frankreich und Spanien erwirtschaftete gemäß den letzten verfügbaren Zahlen des andorranischen Statistikamtes im Jahr 2018 ein Bruttoinlandsprodukt von 2,74 Milliarden Euro. Spanien ist mit Abstand der wichtigste Handelspartner, gefolgt von Frankreich. Im Außenhandel mit Waren ist das Land stark von Importen abhängig. Diese erreichten 2018 knapp 1,37 Milliarden Euro und umfassten vor allem Nahrungsmittel, Fahrzeuge, Bekleidung und Schuhe sowie Industriegüter.

Die andorranischen Ausfuhren beliefen sich 2018 auf lediglich 112 Millionen Euro. Den Schwerpunkt bildeten Elektronikprodukte, gefolgt von Fahrzeugen, Industriegütern sowie Bekleidung und Schuhen. Für die einfachere Abwicklung des Außenhandels ist die Einrichtung einer Freizone geplant. Hierfür will die andorranische Regierung eine internationale Ausschreibung durchführen.

Die hohe Importabhängigkeit bei Waren und geringe natürliche Ressourcen verdeutlichen, warum Dienstleistungen ein Schlüssel für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind. Andorra kam 2018 bei 76.000 Einwohnern auf 8,3 Millionen Besucher, darunter Tagesgäste ebenso wie Urlauber, die zum Wintersport oder Shopping ins Land kommen. Die wichtige Einnahmequelle Tourismus zeigte in der Coronakrise, wie schwankungsanfällig sie sein kann.

Fokus auf innovativen Dienstleistungen

Andorras Wirtschaftsminister Jordi Gallardo erläuterte Ende Oktober 2021 auf einer Veranstaltung des Wirtschaftspresseverbandes APIE in Madrid die Wirtschaftsstrategie des Landes. Im Fokus stehen wissensintensive Dienstleistungen, die einen Mehrwert für das Land schaffen. Deren Etablierung fördert die Politik mit der frühen Schaffung von guten rechtlichen Rahmenbedingungen. Außerdem steht der Ausbau der Verkehrsverbindungen mit dem Ausland weit oben auf der Agenda.

Dass 95 Prozent der Haushalte mit schnellerem Internet (über 300 Megabit pro Sekunde) ausgerüstet sind, ist sehr wichtig für Unternehmen, die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) als Basis brauchen. Dazu zählt der eSports-Sektor mit seinem Cluster. Andorra hat als erstes Land eine eSports-Strategie verabschiedet. In diesen Kontext gehört auch eine Vereinbarung mit dem Global Sports Innovation Centre von Microsoft. Zusammen mit Microsoft will das Land den Winter-, Berg- und Radsport digitalisieren. Andorra hat den Sport als Sektor von nationalem Interesse definiert.

Auf Informations- und Kommunikationstechnik basiert auch der Data Hub von Andorra. Dieser dient der Analyse etwa von Mobilfunkdaten und Tourismusausgaben. Zudem steht die Einrichtung einer Cybersicherheitsagentur bevor, die für den öffentlichen Sektor und die Privatwirtschaft arbeiten soll.

Starkes Interesse ausländischer Investoren seit 2012

Zwischen 2012 und 2020 verfünffachte sich die Höhe der ausländischen Direktinvestitionen in Andorra. Aufgrund der Landesgröße und der sehr gebirgigen Struktur sind aber industrielle Projekte mit hohem Flächenbedarf schwierig umzusetzen. Eine der größten Investitionen stammt vom spanischen Pharmaunternehmen Grifols. Dieses plant für 25 Millionen Euro ein immunologisches Forschungs- und Entwicklungszentrum, das 2023 fertiggestellt werden soll.

Das Pandemiejahr 2020 sorgte für weitaus geringere ausländische Direktinvestitionen in Andorra als üblich. Der Trend kehrte sich jedoch bereits im 1. Halbjahr 2021 deutlich um. In diesem Zeitraum beantragten Unternehmen 535 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 444 Millionen Euro. Die wichtigsten Warenhandelspartner Spanien und Frankreich dominieren auch bei den Direktinvestitionen. Dienstleistungen und Handel bilden die Branchenschwerpunkte.

Die andorranische Steuerpolitik sorgt für zwiespältige Ergebnisse. Einerseits locken der Höchstsatz von 10 Prozent bei den direkten Steuern und der Standardsatz von 4,5 Prozent bei den indirekten Steuern Investitionen an. Die Kehrseite der niedrigen Sätze sind geringe Einnahmen. Mit dem Staatsbudget von 500 Millionen Euro pro Jahr fällt es der Regierung schwer, die Ausgaben zu decken.

Andorra will gute Rahmenbedingungen für innovative Sektoren entwickeln. Das bezieht sich beispielsweise auf die Blockchain-Regulierung. Zudem befindet sich ein Crowdfunding-Gesetz in Vorbereitung, das auch ausländische Akteure einbeziehen soll. Die Erprobung neuer Lösungen wird durch Sandbox-Konzepte vereinfacht. Bei diesen hat die Regierung Biotechnologie und Datenökonomie im Blick.

Verkehrsanbindung soll mehr als nur Straßen bedeuten

Noch ist Andorra fast ausschließlich über Straßen zu erreichen. Ab dem 17. Dezember 2021 stehen jedoch zusätzliche Möglichkeiten zur Verfügung. Air Nostrum wird zwei Flüge pro Woche zwischen Madrid und dem Flughafen Aeroport Andorra - La Seu d´Urgell anbieten. Darüber hinaus ist mit Blick auf Skitouristen, Geschäftsreisende und Notfallpatienten ein "Helipuerto" für Kleinflugzeuge geplant, die Fertigstellung ist für 2023 avisiert.

Weg vom Image der Steueroase

Seit 2012 arbeitet die Regierung daran, den Makel des unfairen Steuerwettbewerbs abzustreifen. Hier motiviert auch das angestrebte Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union die Akteure. Mit mehreren Partnerländern hat Andorra Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung geschlossen. Deutschland zählt bislang nicht dazu. Seit 2012 existiert allerdings eine Vereinbarung zum Informationsaustausch in Steuersachen.

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