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Branchen | Angola | Nahrungsmittel- , Verpackungsmaschinen

Angolas Nahrungsmittelindustrie schafft mehr Kapazitäten

Die Wirtschaft des Landes braucht ein breiteres Fundament. Dazu leisten die Agrarwirtschaft und die Lebensmittelbranche einen wichtigen Beitrag.

Von Marcus Knupp | Berlin

Nach sechs Jahren der Rezession wird Angola im Jahr 2022 voraussichtlich zu positiven Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zurückkehren. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet eine reale Zunahme von 2,9 Prozent, Economist Intelligence Unit (EIU) von 2,6 Prozent. Vor allem die sinkende Erdölförderung war für den negativen Trend der letzten Jahre verantwortlich. 

Landwirtschaft spielt zentrale Rolle

Für die Landwirtschaft prognostiziert EIU für 2022 ein reales BIP-Plus von 3,8 Prozent. Der Sektor hatte bereits 2021 zu einem positiven Ergebnis im Nicht-Öl-Bereich beigetragen. Der Anteil der Landwirtschaft am BIP beträgt rund 8 Prozent. Etwa die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in dem Sektor. Landwirtschaftliche Erzeugung und Nahrungsmittelproduktion haben eine bedeutende Rolle für die Diversifizierung der Wirtschaft Angolas. 

Während die Versorgung auf dem Land überwiegend auf Subsistenzlandwirtschaft basiert, muss Angola einen großen Teil der benötigten marktgängigen Nahrungsmittel importieren. Die Produktionskapazitäten reichen in vielen Bereichen noch nicht aus. Und selbst Vorprodukte kommen oft aus dem Ausland. Ursachen liegen in der mangelhaften Lagerungs- und Transportinfrastruktur, vermeintlichen oder tatsächlichen Qualitätsmängeln oder einer zu geringen Verlässlichkeit der Anlieferung. Etliche Nahrungsmittelverarbeiter betätigen sich daher selbst im Anbau.

Steigender Bedarf an Zucker

Die Firma Carrinho will im Laufe des Jahres 2022 mit dem Bau von drei Industrieanlagen an ihrem Standort im Gewerbegebiet Taca in der Hafenstadt Benguela beginnen. Rund 113 Millionen US-Dollar (US$) sollen in eine Zuckerraffinerie, eine Produktionsanlage für Glukose und eine Fabrik zur Verarbeitung von Sojabohnen investiert werden. Alle drei Anlagen sollen 2023 in Betrieb gehen.

Bereits im Mai 2021 hat die Companhia de Biocombustíveis de Angola (Biocom) die Produktion von jährlich 120.000 Tonnen Weißzucker und 18.000 Kubikmetern Ethanol für die Getränke- und Hygieneindustrie in Cacuso (Malanje) aufgenommen. Um die Rohstoffbasis zu sichern, bepflanzt Biocom selbst 27.000 Hektar mit Zuckerrohr.

Dynamik bei Nudeln und Süßwaren

Eine Anlage zur Verarbeitung von 120 Tonnen Weizen am Tag wurde im Juli 2021 im Industriegebiet Caála in Huambo eröffnet. Die Finanzierung hierfür stellte die Angolanische Entwicklungsbank. Grandes Moagens de Angola (GMA) hat in der Hafenstadt Lobito die erste Phase des Neubaus einer Weizenmühle ebenfalls im Sommer 2021 beendet. Dazu gehören auch neue Siloanlagen aus Metall. Der seit der Kolonialzeit bestehende Silo wurde renoviert. Das Unternehmen, das auch im Hafen von Luanda eine Mühle betreibt, will seine Kapazitäten in den nächsten Jahren von 1.200  auf 3.500 Tonnen pro Tag erweitern.

Darüber hinaus expandiert die Muttergesellschaft von GMA, Webcor, derzeit über Partnerschaften in weitere Bereiche getreidebasierter Nahrungsmittelproduktion. Mit dem angolanischen Mühlenbetreiber AP Foods will Webcor 2022 die Herstellung von Nudeln auf 325.000 Tonnen ausweiten. Zusammen mit der argentinischen Arcor werden 45 Millionen US$ in eine Süßwarenfabrik investiert. Dort sollen pro Jahr rund 6.000 Tonnen Kekse, Kuchen und Schokolade verschiedener Marken hergestellt werden. Auch die Firma Leonor Carrinho erweitert ihre Produktionskapazitäten für Nudeln und kauft hierzu Anlagen der schweizerischen Bühler Gruppe.

Neuland hat im Juli 2021 der Hersteller von Pommes Frites, Palanca, beschritten: In Cacuso in der Provinz Malanje hat er nahe zu den Anbaugebieten die Produktion auf Basis von Süßkartoffeln aufgenommen.

Bier aus Pfandflaschen

Der Getränkehersteller Refriango hat 10 Millionen US$ in eine Abfüllanlage für seine Biermarke Tigra investiert. Damit steigert er die Kapazität um 35 Prozent und führt Pfandflaschen in den angolanischen Markt ein. Seit 2021 hat das Unternehmen außerdem eine Partnerschaft mit dem Coca-Cola-Konzern. In Angola soll zukünftig auch Fruchtsaft der Marke Minute Maid hergestellt werden. 

Importe erschweren lokale Fertigung von Milchprodukten 

Milchprodukte werden in Angola aus lokal produzierter Milch und auf Basis von importiertem Milchpulver hergestellt. Zusätzlich bezieht der Handel H-Milch und andere Milcherzeugnisse aus dem Ausland. Dass diese zum Teil zu subventionierten Preisen angeboten werden, erschwert nach Aussage des angolanischen Verbandes der Milchwirtschaft den Ausbau der lokalen Fertigung. Vor Ort gibt es Presseberichten zufolge 14 Hersteller von Milchprodukten. 

Lactiangol, einer der Marktführer, produzierte 2020 rund 8,8 Millionen Liter ultrahocherhitzte Milch. Die Gesamtkapazität gab Lactiangol allerdings mit 30 Millionen Liter jährlich an, was auf eine deutliche Unterauslastung hindeutet. Der jährliche Verbrauch von H-Milch in Angola wird auf 50 Millionen Liter geschätzt. In Zukunft will Lactiangol das Angebot durch Produkte wie Milch mit Kakao- und anderen Geschmacksrichtungen ergänzen. Eine Produktionslinie für Joghurt wird 2022 wieder in Betrieb genommen. Die Herstellung von Schnittkäse ist angedacht.

Wachstum bei Geflügel

Nach Schätzung des nationalen Verbandes ANAVI wird sich die Produktion von Hähnchenfleisch 2022 gegenüber dem Vorjahr leicht um 1.000 Tonnen auf 32.000 Tonnen erhöhen, bei einer prognostizierten Nachfrage von 277.000 Tonnen. Ein zentraler Engpass sind Futtermittel. Sie werden weder im Land ausreichend hergestellt, noch können sie ohne Weiteres importiert werden, da Angola genetisch veränderte Produkte von der Einfuhr ausschließt. Fast 90 Prozent des in Angola verzehrten Geflügels werden eingeführt.

Den Weg der Selbstversorgung mit Futtermittel geht das Unternehmen Angolaves. Die Menge von 20 Tonnen pro Tag reicht allerdings gerade zur Eigenversorgung. Das Unternehmen denkt jedoch über eine Ausweitung und den Verkauf des Futters am Markt nach. Aktuell erweitert Angolaves seine Aufzucht- und Legehennenhaltung um vier Hallen, davon drei zur Aufzucht. 


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