Special Argentinien
Argentiniens Aufholjagd hat begonnen
Argentiniens Infrastruktur hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten wenig entwickelt. Die Infrastrukturinvestitionen erreichten mit etwa 2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nicht einmal die Hälfte des nach Einschätzung von Ökonomen erforderlichen Umfangs (5 bis 6% des BIP). Private Betreiber hatten aufgrund von Preiskontrollen und anderen Beschränkungen ihrer Entscheidungsbefugnisse seit der Jahrtausendwende kaum mehr Anreize zu investieren. Zahlreiche in den 90er Jahren privatisierte Infrastrukturbetriebe wurden de jure oder de facto wieder in staatliche Hand überführt. Dem Staat allerdings fehlten Kapital und Know-how, um die erforderlichen Investitionen zu tätigen.
Unter dem liberal-konservativen Präsidenten Mauricio Macri hat Argentinien nun eine Aufholjagd zur Modernisierung seiner Infrastruktur begonnen. Seit Macris Amtsantritt Ende 2015 bestimmen marktwirtschaftliche Prinzipien wieder die Wirtschaftspolitik. Die Freigabe des Devisen- und Kapitalverkehrs und der Abbau von Handelsschranken haben das Investitionsklima deutlich verbessert. Die Beilegung von Schuldenkonflikten mit Altgläubigern aus dem Staatsbankrott von 2001 hat Argentinien den Weg zurück an die internationalen Kapitalmärkte geebnet.
Die über fast eineinhalb Jahrzehnte eingefrorenen Preise für öffentliche Leistungen wie Strom, Gas, Wasser und öffentlichen Nahverkehr werden schrittweise wieder an kostendeckende Tarife herangeführt. Privaten Betreibern und Investoren von Infrastruktur werden wieder größere Entfaltungsmöglichkeiten eingeräumt, vornehmlich in den Bereichen Energie und Transport. Die über Jahre vernachlässigten Regulierungsbehörden übernehmen wieder ihre Funktionen; der gesetzliche Regulierungsrahmen wird, wo erforderlich, aktualisiert. Gleichzeitig hat die Regierung die Transparenz bei öffentlichen Entscheidungs- und Vergabeprozessen erhöht.
Argentiniens Wirtschaft findet nach einer unerwartet schweren Anpassungsrezession im Jahr 2016 (BIP: -2,3%) langsam wieder zum Wachstum zurück. Den öffentlichen Infrastrukturinvestitionen kommt bei der Reaktivierung der Konjunktur eine herausragende Bedeutung zu. Allein im ersten Quartal 2017 hat sich der Wert neuer Ausschreibungen im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht.
Rahmenbedingungen Argentinien
Indikator | 2016 | 2025 (Prognose) |
Bevölkerung, Mio. | 43,6 | 47,5 |
Bevölkerungswachstum (in %) | 0,92 | 0,86 |
Bevölkerung Stadt (in %) | 91 | k.A. |
Bevölkerung Land (in %) | 9 | k.A. |
BIP (nominal; in Mrd. US$) | 545,1 | 908,3 *) |
Investitionen (in % des BIP) | 19,0 | 17,2 *) |
*) 2022
Quellen: Indec, IWF
Qualität der Infrastruktur (2016/2017)
| Ranking | Score |
Qualität der gesamten Infrastruktur (Transport, Telefonie, Kommunikation) | 85 | 3,7 |
| 103 | 3,1 |
| 87 | 2,1 |
| 79 | 3,8 |
| 87 | 4,1 |
| 119 | 2,7 |
Quelle: Global Competitiveness Report, WEF
Text: Carl Moses