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Die staatlichen Gesundheitssysteme und privaten Versorgungsleistungen werden ausgebaut. Damit steigt der Bedarf an Technik für medizinische Labore in allen zehn ASEAN-Ländern.
01.09.2020
Von Frank Malerius | Jakarta
In den zehn ASEAN-Ländern (Brunei, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam) ist das Potenzial für Labortechnik schon aus klimatischen Gründen größer als anderswo: Infektionskrankheiten aller Art finden vor Ort beste Bedingungen zur Ausbreitung. Hinzu kommen oft Hygienemängel und zum Teil hohe Bevölkerungsdichten. Denguefieber, Malaria, Tuberkulose und zahlreiche andere Krankheiten stellen bis heute eine große Gefahr für die Bevölkerung dar. Die meisten Erreger können nur mithilfe von moderner Labortechnik nachgewiesen werden.
Noch entscheidender für den steigenden Bedarf an Laboren und Labortechnik ist der Aufbau beziehungsweise der weitere Ausbau der Gesundheitssysteme. Zumindest in den wirtschaftlich besser aufgestellten Volkswirtschaften der Region müssen sich die Gesundheitsdienstleister zunehmend auch um Vorsorgeleistungen und um Zivilisationskrankheiten alternder Bevölkerungen kümmern.
Die aktuellen Versorgungsmöglichkeiten in den ASEAN-Ländern könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Singapur Labore und entsprechende Ausrüstung, Forschung und Ausbildung von Weltklasse besitzt und auch in Malaysia und Thailand mittlerweile der größte Teil der Bevölkerung Zugang zu moderner Labortechnik hat, stehen Myanmar, Laos und Kambodscha erst ganz am Beginn des Aufbaus eines Gesundheitssystems.
Den größten Labormarkt der Region hat Indonesien, wenn auch nur am Volumen gemessen und nicht am Standard der technischen Ausrüstung. Dank der Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung im Jahr 2014 haben mittlerweile mehr als 220 Millionen Indonesier Anspruch auf eine Gesundheitsversorgung, welche auch Laboruntersuchungen beinhaltet. Bald sollen sogar alle 270 Millionen Einwohner des Archipels davon profitieren können.
Die staatliche indonesische Krankenversicherung beinhaltet Standard-Blutuntersuchungen wie Hämoglobin-, Thrombose- oder Blutzuckertests sowie einfache Stuhl- und Urinuntersuchungen. Auch speziellere Tests werden von der Krankenversicherung getragen, wenn ein Arzt diese verordnet. Immer wieder wird allerdings berichtet, dass Patienten in den Krankenhäusern bei entsprechenden Untersuchungen zur Kasse gebeten werden, weil die Einrichtungen fürchten, die Kosten nicht von der Versicherung erstattet zu bekommen. Tatsächlich ist die allgemeine Krankenversicherung hoch defizitär und von staatlichen Zuschüssen abhängig. Der monatliche Beitrag für die Versicherten beträgt nur zwischen 1,80 und knapp 10 US-Dollar (US$), und etwa 100 Millionen Ärmere bekommen sie sogar kostenlos. Der Leistungskatalog wird daher ständig überprüft. Die Mittelschicht leistet sich jenseits der Versicherung Untersuchungen und Labortests in privaten Krankenhäusern. Und wer wohlhabend ist, lässt größere Eingriffe in Singapur oder Malaysia vornehmen.
Das Rückgrat des indonesischen Gesundheitssystems sind die 10.000 über den Archipel verstreuten sogenannten Puskesmas (Pusat Kesehatan Masyarakat – Gesundheitszentrum des Volkes). Diese staatlichen Gesundheitszentren bieten ärmeren Bevölkerungsschichten eine Grundversorgung. Sie haben allerdings ein unterschiedliches Qualitätsniveau. Auf dem Land beinhalten sie manchmal nur eine Krankenschwester mit Verbandsmaterial und Desinfektionsmittel. In Großstädten wie Jakarta arbeiten in den Puskesmas mehrere Ärzte mit Elektrodiagnosegeräten und eigener Labortechnik. Alle Puskesmas haben aber Zugang zu einem Labor, in das Proben verschickt werden können. Und alle Labore beherrschen einfache Standardtests, die größeren von ihnen sind auch für spezialisierte Tests der Mikrobiologie und Immunologie ausgestattet.
Von den knapp 2.900 Krankenhäusern Indonesiens haben viele, aber längst nicht alle eigene Labore. Meistens gehören diese dem Krankenhaus oder der Krankenhauskette selbst, in anderen Fällen sind sie Dienstleister von Laborkonzernen. Dabei gilt Prodia mit 142 eigenen medizinischen Laboren in 126 Städten als das größte Laborunternehmen des Landes.
Insgesamt gibt es in Indonesien nach Angaben des Gesundheitsministeriums etwa 1.300 medizinische Labore, davon sind 80 Prozent privat. Die Mitarbeiter der Labore werden zumeist an polytechnischen Hochschulen ausgebildet. In-House-Schulungen sind zumindest für die staatlichen Labore verpflichtend.
Größter Zulieferer von Labortechnik in Indonesien ist China. Aus der Volksrepublik kommen vor allem Produkte wie Glas- und Keramikware, aber auch einfache elektronische Geräte. Spezialisierte technische Ausrüstung wird in größerem Umfang aus den USA, Japan oder Deutschland importiert.
Während es in Indonesien Zwischenziel ist, weiten Teilen der Bevölkerung Zugang zu einer medizinischen Grundversorgung inklusive Labortests zu bieten, sind Malaysia und Thailand schon einen Entwicklungsschritt weiter. Beide Länder haben bereits leistungsfähige staatliche und private Gesundheitseinrichtungen, die den meisten Einwohnern mehr als nur eine Grundversorgung bieten.
In Malaysia gibt es etwa 750 akkreditierte medizinische Labore, von denen knapp 600 privatwirtschaftlich geführt werden. Nach offiziellen Informationen gibt es 6.400 Labortechniker, die im regionalen Vergleich gut ausgebildet sind. Die Labore profitieren von der Hinwendung des Gesundheitssystems zu präventiver Medizin, einer alternden Bevölkerung und dem ökonomisch für Malaysia bedeutenden Medizintourismus. Während die Aufträge der Krankenhäuser zwar das Kerngeschäft der Labore bleiben, richten zumindest die privaten Laboreinrichtungen ihren Service zunehmend auch auf Vorsorgeuntersuchungen von Privatpatienten aus.
In Thailand gibt es etwa 650 medizinische Labore, die allerdings überwiegend staatlich sind. Deren Mitarbeiter haben Abschlüsse als Laborant oder in biomedizinischen Feldern. Die Ausrüstung erhalten die Labore vor allem aus den USA, Deutschland, China, Japan und Malaysia. Neben allen Standardtests bieten zumindest die größeren städtischen Einrichtungen Hunderte anspruchsvollere molekularbiologische Tests an, die vor allem den wohlhabenderen Kunden zugänglich sind. Die führenden privaten Krankenhäuser Thailands haben einen hervorragenden Ruf und ziehen ausländische Medizintouristen aus der Region an – auch Expats aus den Nachbarländern. So gibt es in Bangkok gleich eine breite Auswahl an medizinischen Laboratorien. Die Preise der privaten Hospitäler für spezielle Laboruntersuchungen sind allerdings hoch. In einigen Fällen kosten die Untersuchungen sogar ein Vielfaches von vergleichbaren Leistungen in Deutschland. Für die Kunden lohnt sich daher ein Preisvergleich unter den Anbietern. Die Preise der staatlichen Allgemeinkrankenhäuser sind etwas niedriger. Sie haben zwei Preislisten: eine für Thais sowie eine für selbstzahlende Ausländer mit deutlich höheren Preisen. Während der Coronapandemie hat die thailändische Regierung 50 medizinische Laboratorien für Covid-19-Tests ausgerüstet, mit einer Kapazität von einer Million Tests in sechs Monaten.
Als sozialistisches Land hat Vietnam sein Gesundheitssystem auf eine Verfügbarkeit für breite Bevölkerungsschichten ausgerichtet. In seiner Leistungsfähigkeit hinkt es aber noch weit hinter deutlich wohlhabenderen Ländern wie Singapur, Malaysia und Thailand zurück. Beim vietnamesischen Wissenschafts- und Technologieministerium sind 122 medizinische Labore akkreditiert. Davon konnten im Sommer 2020 genau 48 Labore Covid-19-Tests durchführen. Wohlhabendere Vietnamesen umgehen das staatliche Gesundheitssystem und lassen benötigte Untersuchungen direkt von privaten medizinischen Laboren erledigen. Aufgrund der hohen Wirtschaftswachstumsraten und dem vergleichsweise hohen Bildungsniveau in Vietnam ist dort mit einem raschen Ausbau des Labormarktes zu rechnen.
Ökonomisch liegen Myanmar, Laos und Kambodscha weit hinter den Nachbarländern der ASEAN-Region zurück. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf der drei Länder zusammengenommen ist kaum mehr als halb so hoch die von Thailand. Entsprechend rudimentär ist die Versorgungslage mit medizinischen Laboren. Die Länder stellen keine nennenswerte Laborausrüstung her und können sich den Import teurer Diagnosegeräte kaum leisten. Darüber hinaus fehlt es auch an ausgebildetem Fachpersonal. Die Ausstattung der Gesundheitssysteme hängt daher in erheblichem Maße von der internationalen Entwicklungshilfe ab.
In Myanmar soll es immerhin 169 Labore geben. Allerdings sind nur lediglich 4 Prozent der Bevölkerung privat krankenversichert. Die Kosten für Labortests müssen die Burmesen oft selbst übernehmen, weil der Versicherungsschutz diese nicht abdeckt. Dabei kommt die vorhandene Labortechnik aus Europa, den USA und Indien.
In der laotischen Hauptstadt Vientiane gehört das Rodolphe Mérieux Laboratory der gleichnamigen französischen Stiftung zu den bekanntesten Einrichtungen. Es ist nach eigenen Angaben auf Untersuchungen spezialisiert, die es im Rest des Landes nicht gibt, darunter HIV/Aids sowie Hepatitis B und C. Außerdem unterstützt die Stiftung mit ihrem Lab Kham-Projekt den Ausbau lokaler Labore und dabei vor allem die Ausbildung der Mitarbeiter in der zentrallaotischen Provinz Khammouane.