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Branchenbericht | Australien | Bergbau und Rohstoffe
Der australische Eisenerzbergbau ist ein Gewinner der Coronakrise. Mehrere Minenbetreiber bauen ihre Produktion aus. Dafür sind auch große Infrastrukturinvestitionen notwendig.
15.03.2021
Von Heiko Stumpf | Sydney
Die Eisenerzförderung in Down Under wird nach Prognosen des australischen Bergbauministeriums im laufenden Finanzjahr 2020/2021 (Juli 2002 bis Juni 2021) eine Rekordmenge von 929 Millionen Tonnen erreichen. Eisenerz ist das wichtigste Exportgut des Landes.
Rund 80 Prozent der Förderung wird nach China exportiert, wo die Konjunktur wieder deutlich anzieht. Gleichzeitig ist die Eisenerzförderung des größten Konkurrenten Brasilien durch die Pandemie gesunken. Der Weltmarktpreis bewegt sich daher seit Juni 2020 auf einem hohen Niveau von deutlich über 100 US-Dollar (US$) pro Tonne. Mehrere Produzenten wollen die Förderung deshalb ausweiten.
Mineral Resources (MinRes), aktuell der fünftgrößte Eisenerzproduzent des Landes, will seine Förderung von aktuell rund 20 Millionen Tonnen pro Jahr in den kommenden drei Jahren auf rund 92 Millionen Tonnen pro Jahr ausbauen. Dazu plant MinRes massive Investitionen zur Entwicklung von vier großen Hubs im Bundesstaat Western Australia (siehe Infografik).
Dabei wird auch der Bau und Ausbau der notwendigen (Hafen-)Infrastruktur berücksichtigt. So beinhaltet das Ashburton-Projekt neben den geplanten Eisenerzminen Kumina und Bungaroo South auch ein neues Verschiffungsterminal nördlich der Stadt Onslow. Dieses soll über eine jährliche Kapazität von 25 bis 30 Millionen Tonnen verfügen.
MinRes setzt dabei auf ein sogenanntes "Transshipment Model", bei dem eigens konzipierte Kleinfrachter das Eisenerz in auf dem Meer liegende Schüttgutfrachter verladen. Für den Transport von den Abbaustätten zur Küste entsteht ein mehrere hundert Kilometer langes Netz aus Privatstraßen. Dort sollen Mega-LKWs, sogenannte Road Trains, mit einem Gewicht von 300 Tonnen verkehren. Dabei will MinRes mittelfristig vollautonome Fahrzeuge einsetzen.
Zudem will MinRes in Port Hedland zwei neue Verladeterminals mit einer Kapazität von 50 Millionen Tonnen pro Jahr errichten, über welche das Eisenerz aus den Vorhaben Utah Point und South-West Creek verschifft werden kann.
Bei dem Ausbau in Port Hedland gibt es allerdings starke Konkurrenz mit anderen Unternehmen. So will der Bergbauriese BHP seine Verladekapazitäten in Port Hedland von 290 auf 330 Millionen Tonnen erhöhen. Fortescue Metals strebt einen Ausbau von 175 auf 210 Millionen Tonnen an. Und auch Hancock Prospecting will von 60 auf 70 Millionen Tonnen expandieren.
Allerdings gibt es Zweifel, ob alle Vorhaben in geplanter Größenordnung umgesetzt werden können. Als Engpass gilt die Fahrrinne in Port Hedland, durch welche maximal rund 650 Millionen Tonnen befördert werden können. Nach geplanten Ausbaumaßnahmen würde Port Hedland jedoch eine Kapazität von über 670 Millionen Tonnen aufweisen.
Die Regierung des Bundesstaates Western Australia will die beteiligten Bergbauunternehmen deshalb zum Bau eines neuen, gemeinsamen Außenhafens mit einer Kapazität von bis zu 100 Millionen Tonnen pro Jahr bewegen. Die Kosten hierfür werden auf 6 Milliarden US$ geschätzt. Bislang zeigen sich die jeweiligen Konzernspitzen diesbezüglich jedoch skeptisch.
BHP könnte eine Produktionssteigerung auf bis zu 310 Millionen Tonnen durch einfache Prozessverbesserungen erreichen. Darüber hinaus gehend sind umfassende Erweiterungsmaßnahmen erforderlich. Derzeit betreibt BHP in der Pilbara Region fünf große Eisenerzminen. Im Rahmen des Pilbara Expansion Strategic Proposal hat BHP bereits Standorte für elf potentielle Abbaustätten identifiziert.
Fortescue Metals will die anvisierte Exportkapazität von 210 Millionen Tonnen bereits bis 2024 erreichen. Dazu steckt der Konzern rund 3 Milliarden US$ in den Bau des Iron Bridge Magnetite Project, welches rund 22 Millionen Tonnen pro Jahr produzieren kann. Mittelfristig könnte die Entwicklung der großen Eisenerzlagerstätte Nyidinghu auf dem Plan stehen.
Das Unternehmen Hancock Prospecting gehört der Eisenerz-Milliardärin Gina Rinehart und betreibt im Pilbara die gigantische Roy Hill Mine. Dort soll die Förderung von 60 auf 70 Millionen Tonnen pro Jahr steigen. Gleichzeitig wird über die Tochtergesellschaft Atlas Iron das Miralga-Projekt vorangetrieben. Dies besteht aus fünf kleineren Tagebauminen mit einer Förderleistung von insgesamt 8 Millionen Tonnen. Die behördlichen Genehmigungen für die Abbaustätten wurden Anfang 2021 erteilt.
Investitionsbedarf identifiziert auch der größte Eisenerzproduzent des Landes, Rio Tinto. Im Jahr 2021 will der Konzern rund 327 Millionen Tonnen aus seinen 16 Minen in Pilbara exportieren. Rio Tinto nutzt dabei die Häfen Port Dampier und Cape Lampert. Die Lebenszeit vieler bestehender Abbaustätten von Rio Tinto neigt sich allerdings dem Ende zu. Nach Aussage von Unternehmenssprechern müssen in den kommenden sechs Jahren deshalb zehn bis zwölf Ersatzminen entwickelt werden, um das gegenwärtige Produktionsvolumen aufrecht zu erhalten.
Eine gewisse Unsicherheit besteht in Bezug auf die Zuverlässigkeit des Hauptabnehmers China. Infolge von bilateralen Spannungen verhängte die Volksrepublik zahlreiche Handelsbeschränkungen gegen Australien. Hiervon ist insbesondere auch der Kohlesektor betroffen. Auswirkungen auf den Eisenerzexport gab es bislang zwar nicht, jedoch rechnen Beobachter mit Bemühungen Pekings, die Abhängigkeit von australischen Eisenerzlieferungen zu reduzieren.
Chinesische Staatsunternehmen könnten vermehrt in Eisenerzprojekte in Brasilien oder Westafrika investieren. Häufig genannt wird dabei das Simandou Projekt in Guinea, welches bis zu 150 Millionen Tonnen pro Jahr produzieren könnte.
Fraglich sind in diesem Zusammenhang auch die Zukunftschancen großer chinesischer Eisenerzprojekte in Australien. Baowu verfolgt das West Pilbara Iron Ore Project (40 Millionen Tonnen), zu Sinosteel gehört das Weld Range Project (45 Millionen Tonnen).