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Wirtschaftsumfeld | Australien | Handelspolitik

Australien will den Handel mit Europa stärken

Die australischen Freihandelsabkommen umspannen bislang den asiatisch-pazifischen Raum. Schon bald könnten auch deutsche Unternehmen in den Genuss eines freien Marktzugangs kommen.

Von Heiko Stumpf | Sydney

Australien ist ein großer Verfechter des Freihandels. Politik und Wirtschaft sprechen sich regelmäßig für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und gegen protektionistische Maßnahmen aus. Dies manifestiert sich auch in den zahlreichen Freihandelsabkommen, die in den vergangenen Jahren geschlossen wurden.

Insgesamt 15 bilaterale und multilaterale Freihandelsabkommen sind bereits in Kraft. Dabei ist eine sehr starke Ausrichtung auf Asien und den pazifischen Raum zu erkennen. Rund 70 Prozent des gesamten australischen Außenhandels erfolgt mit den Staaten, mit denen ein Freihandelsabkommen besteht. Zuletzt traten 2020 die Handelsverträge mit Indonesien, Hongkong und Peru in Kraft.

Australien zählt zu den wenigen Ländern, welche ein Freihandelsabkommen sowohl mit den Vereinigten Staaten als mit der Volksrepublik China schließen konnten. Zudem ist Australien auch Teil des Regional Comprehensive Ecoconomic Partnership Agreement (RCEP), welches noch ratifiziert werden muss.

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Neue Freihandelsabkommen mit Europa werden verhandelt

Europa war auf der Karte der australischen Freihandelsabkommen bislang noch ein weißer Fleck, steht nun aber im Mittelpunkt der Handelspolitik. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union (EU) starteten im Juni 2018. Bisher gab es elf Verhandlungsrunden. In Bezug auf einen erfolgreichen Abschluss äußerten sich beide Verhandlungsseiten bislang sehr optimistisch.

Für Verstimmungen sorgte jedoch die im September 2021 bekannt gegebene Sicherheitsallianz zwischen Australien, den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich (AUKUS-Deal). In diesem Zusammenhang entzog Australien der französischen Naval-Gruppe einen milliardenschweren Auftrag für den Bau einer U-Boot-Flotte. Die Regierung in Paris reagierte empört und stellte auch die Zukunft des geplanten Freihandelsabkommens in Frage.

"Die U-Boot-Entscheidung stellt aus unserer Sicht keine Hürde für den Abschluss des Abkommens dar. Die meisten Verhandlungskapitel sind sehr fortgeschritten, daher sind wir optimistisch, dass die Verhandlungen bis Ende 2022 abgeschlossen werden können", sagt Dr. Michael Zettinig, Experte für Handelspolitik bei der AHK Australien.

Zeitgleich verhandelt Australien auch ein Freihandelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich. Am 15. Juni 2021 unterzeichneten der britische Premierminister Boris Johnson und sein australischer Amtskollege Scott Morrison bereits eine Grundsatzvereinbarung. Diese beinhaltet die Kernelemente des künftigen Abkommens, die Detailverhandlungen sind aber noch nicht abgeschlossen.

Darüber hinaus arbeitet das australische Handelsministerium auch an einer Rahmenuntersuchung für ein mögliches Freihandelsabkommen mit den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA).

Deutsche Unternehmen können auf bessere Marktposition hoffen

Nach Erwartung der EU könnte das Handelsvolumen mit Australien durch ein Freihandelsabkommen um bis zu 35 Prozent steigen. Insbesondere deutsche Unternehmen würden von dieser Entwicklung profitieren. Australien ist für die deutsche Außenwirtschaft von wichtiger Bedeutung. Im Raum Asien-Pazifik war Australien im Jahr 2020 nach China, Korea, Japan und Indien der fünftwichtigste Abnehmer für deutsche Exporte.

Aus australischer Sicht ist Deutschland das fünftwichtigste Lieferland. Vor Deutschland stehen Länder, die allesamt bereits ein Freihandelsabkommen mit Australien geschlossen haben und dadurch Wettbewerbsvorteile genießen. Sichtbar wird dies beispielsweise in der Automobilindustrie. Große Produzenten wie Japan, Korea oder Thailand können Kfz und Kfz-Teile zollfrei nach Down Under liefern. In Deutschland gebaute Kfz werden mit dem maximalen angewandten Zolltarif von 5 Prozent belastet.

Hauptlieferländer_Australien_RZ
Hauptlieferländer_Australien_RZ

Beim wichtigen deutschen Ausfuhrgut Maschinen liegt der durchschnittliche angewendete Zollsatz bei 2,5 Prozent, bei chemischen Gütern sind es 1,8 Prozent. Nach Zahlen der Welthandelsorganisation (WTO) erhebt Australien auf knapp 50 Prozent aller Tariflinien einen Zollsatz (bis maximal 5 Prozent).

„Das Abkommen wird alle Branchen umfassen. Außerdem wird es ein Kapitel zu digitalem Handel geben, von dem Unternehmen mit Online-Handel profitieren können", so Zettinig. „Wie zum jetzigen Verhandlungsstand zu erwarten, gibt es auch ausstehende Knackpunkte. Diese liegen unter anderem im Bereich des Zugangs zu öffentlichen Aufträgen in Australien und im australischen Zugang zum EU-Agrarmarkt. Die australische Seite hat sich auch kritisch zum geplanten EU Carbon Border Adjustment Mechanism geäußert.“

Australien bringt China vor die WTO

Während sich Australien für freien Handel ausspricht, muss es sich gleichzeitig massiver Handelsrestriktionen durch den wichtigsten Wirtschaftspartner China erwehren. Schuld ist eine deutliche Verschlechterung in den diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten. Seit Mai 2020 verhängt die Volksrepublik zahlreiche Maßnahmen wie Strafzölle auf Gerste (73,9 Prozent) und Wein (bis zu 212 Prozent), ein Einfuhrbann auf Kohle und Beschränkungen für Rindfleisch, Baumwolle, Hummer etc.

Australien ist stark von China abhängig, denn rund 40 Prozent aller Exporte gehen in das Reich der Mitte. Ökonomen sprechen deshalb von einer Einschüchterungstaktik. Bezüglich der Strafzölle auf Gerste und und Wein hat Australien Beschwerde bei der WTO eingereicht.

Der wirtschaftliche Schaden für Australien hält sich aber in Grenzen. Für viele betroffene Ausfuhrgüter konnten alternative Märkte erschlossen werden. Gerste wurde verstärkt in den mittleren Osten und nach Mexiko exportiert, australische Kohle fand neue Abnehmer in Indien oder Korea. Im ersten Halbjahr 2021 konnten die Verluste auf dem chinesischen Absatzmarkt wertmäßig zu 80 Prozent ausgeglichen werden. Zur Diversifizierung des Außenhandels bemüht sich Australien jedoch verstärkt um ein Freihandelsabkommen mit Indien, wofür die Verhandlungen bereits laufen.

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