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Branchen | Bangladesch | Abfallentsorgung, Recycling

Gewaltiger Investitionsbedarf in der Abfallwirtschaft

In Bangladesch spitzt sich das Müllproblem zu. Die Deponien laufen über und es gibt kein geregeltes Recycling. In Dhaka soll 2024 die erste Waste-to-Energy-Anlage ans Netz gehen.

Von Boris Alex | New Delhi

Bangladesch steht bei der Abfallbehandlung vor großen Herausforderungen. Nicht nur die Bevölkerung und die Haushaltseinkommen sind in den letzten Jahren stetig gewachsen, sondern auch die Müllberge - insbesondere in den Ballungszentren. Nach einem jahrzehntelangen Investitionsstau suchen die Städte und Kommunen nach Lösungen für ihr Müllproblem. Dabei setzen sie auch auf internationales Know-how und Kooperationen mit dem Ausland. Dies bietet wachsende Geschäftschancen für Unternehmen aus der Kreislaufwirtschaft. Aber der Markt ist schwierig, denn die kommunalen Entsorger sind chronisch unterfinanziert - unter anderem, weil die Haushalte und Unternehmen nicht bereit sind, höhere Gebühren für eine geregelte Abfallbehandlung zu bezahlen.

Zwischen 1991 und 2018 hat sich das Volumen der Feststoffabfälle allein in den Städten auf 25.000 Tonnen pro Tag nahezu vervierfacht. Bis 2025 erwarten Experten einen weiteren Anstieg auf täglich 47.000 Tonnen. Bangladeschs Hauptstadt Dhaka liegt bei der Müllproduktion weit vorne: Bei den 20 Millionen Einwohnern fielen 2018 schätzungsweise 6.500 Tonnen Abfall pro Tag an. Laut einer Prognose der Japan International Cooperation Agency (JICA) aus dem Jahr 2017 dürfte das Volumen bis 2032 auf täglich 8.500 Tonnen zulegen. Andere Quellen rechnen angesichts der rasch wachsenden Bevölkerung und des höheren Lebensstandards bis dahin mit einer Abfallmenge von 12.000 Tonnen pro Tag.

Informeller Sektor beherrscht die Abfallwirtschaft

Der wachsenden Müllproduktion durch die Haushalte und Unternehmen steht eine völlig unzureichende Entsorgungsinfrastruktur gegenüber. Schätzungen zufolge werden nur 55 Prozent des städtischen Feststoffabfalls geregelt gesammelt. In Dhaka sind es immerhin etwa 70 Prozent, so die Daten der Kommunalverwaltung für den Norden der Hauptstadt, Dhaka North City Corporation (DNCC). Für andere Städte liegt die Quote bei 40 Prozent. In den meisten Haushalten wird der Müll von einem der vermutlich 100.000 Sammler aus dem informellen Sektor an der Tür abgeholt und zu zentralen Sammelstellen gebracht. Den Transport von dort zu den Deponien übernehmen dann die kommunalen Entsorger selbst oder von ihnen beauftragte Privatunternehmen.

Schon auf dieser Stufe der Abfallbehandlung haben die Städte und Gemeinden meist nicht genügend Kapazitäten, um das Aufkommen zu bewältigen. Beispielsweise verfügte die DNCC im Jahr 2020 über gerade einmal 150 Müllwagen - für fast 12 Millionen Einwohner. Der Großteil des Abfalls wird deshalb mit 350 Fahrzeugen von privaten Dienstleistern transportiert. Die Sortierung erfolgt durch die Sammler. Diese verkaufen Wertstoffe wie Papier, Glas, Kunststoff und Metall an Weiterverarbeiter und Recyclingfirmen - in der Regel ebenfalls aus dem informellen Sektor. Der restliche Abfall landet auf Deponien, wo er nochmals von Müllsammlern auf Wertstoffe durchsucht wird.

Nur ein Drittel des Plastikmülls wird recycelt

Dass dies kein effizientes und nachhaltiges Abfallsystem ist, ist auch den Kommunen bewusst. Beispiel Kunststoff: Einer Studie der Nichtregierungsorganisation Waste Concern zufolge wurde von den über 821.000 Tonnen Plastikmüll, die 2019 in den städtischen Gebieten anfielen, lediglich ein Drittel wiederverwertet. Fast 40 Prozent endeten auf Deponien und der Rest wurde illegal in der Umwelt entsorgt. Um dies zu verhindern, sollen Sammlung, Trennung, Behandlung und Entsorgung der Abfälle aus dem informellen Sektor in eine geregelte Kreislaufwirtschaft überführt werden. Doch hierfür fehlt es den Städten vor allem an finanziellen Mitteln.

Das Interesse an einer Beteiligung von privaten Investoren und an Kooperationen mit dem Ausland ist hoch. JICA hat beispielsweise den "New Clean Dhaka Master Plan 2018-2032" zur Verbesserung der Abfallwirtschaft in der Hauptstadt erarbeitet. Dieser sieht unter anderem vor, ein 3R-System (Reduce, Reuse, Recycle) aufzubauen sowie die beiden Hauptdeponien Dhakas zu erweitern und zu sanieren. Allein für die Modernisierung der Müllhalden rechnet die Kommunalregierung mit Kosten in Höhe von umgerechnet 276 Millionen US-Dollar (US$).

"Öko-Stadt" im Süden Dhakas geplant

Im Zuge dessen will die Hauptstadt auf dem Gelände der Matuail-Deponie im Süden eine sogenannte "Eco Town" bauen. Dort sollen Einrichtungen zur Abfalltrennung und -sortierung sowie Recyclinganlagen für verschiedene Wertstoffe und für Bauschutt errichtet werden. Darüber hinaus sind eine Kompostier- und Biogasanlage für organische Abfälle sowie eine Waste-to-Energy-Anlage geplant. Bis 2032 sollen gut 2.000 Tonnen an Wertstoffen pro Tag wiederverwertet werden - knapp die Hälfte dessen, was täglich im Verwaltungsbezirk der Dhaka South City Corporation mit seinen circa 9 Millionen Bewohnern anfällt. Die Kommunalregierung hat Ende 2021 angekündigt, im 1. Halbjahr 2022 mit der Ausschreibung des Projekts zu starten. JICA will sich laut Pressemeldungen an der Finanzierung beteiligen.

Schon deutlich weiter fortgeschritten sind die Pläne für die erste Waste-to-Energy-Anlage Bangladeschs. Im Dezember 2021 hat die DNCC einen Vertrag mit der China Machinery Engineering Corporation (CMEC) zum Bau eines 300 Millionen US$ teuren Müllkraftwerks zur Stromerzeugung geschlossen. Die Anlage soll auf dem Gelände der Aminbazar-Deponie im Norden Dhakas entstehen und über eine Leistung von 42,5 Megawatt verfügen. Um das Kraftwerk zu betreiben, muss die Stadt jeden Tag 3.000 Tonnen Feststoffabfall liefern. Die Energiebehörde Bangladesh Power Development Board hat einen Stromabnahmevertrag über 25 Jahre mit CMEC geschlossen. Die Anlage soll 2024 ans Netz gehen.

Kritiker zweifeln allerdings an der Umsetzbarkeit des Vorhabens. Der Brennwert des Hausmülls sei aufgrund seines hohen Anteils an Bioabfall zu niedrig, um die geplante Waste-to-Energy-Anlage mit ausreichend Brennstoff zu versorgen und effizient zu betreiben.

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