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Menschenrechtliche Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

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Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde am 11. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen und am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Im Rahmen dieser Publikation erfolgen Ausführungen zu den menschenrechtlichen Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG. Umweltbezogene Risiken, widerrechtlicher Entzug von Land und Lebensgrundlagen sowie menschenrechtliche Risiken durch private oder staatliche Sicherheitskräfte im Dienste von Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 9-12, Abs. 3 LkSG werden nicht betrachtet.

Das Angebot unterstützt bei der abstrakten Risikobetrachtung im Rahmen der Durchführung von Risikoanalysen, siehe Handreichung zur Umsetzung von Risikoanalysen nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA). 

Die hier zur Verfügung gestellten Informationen stellen Erstinformationen dar und ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung. Ein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte wird nicht erhoben.

Herausgeber: Germany Trade & Invest (GTAI) und Auswärtiges Amt (AA); Redaktionsschluss: 31. Juli 2023

  • Anforderungen des LkSG und Auswirkungen auf Unternehmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In den Anwendungsbereich fallen Unternehmen ab 3.000 Arbeitnehmern. Für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern gilt das Gesetz ab dem 1. Januar 2024.

    Mit dem LkSG werden die Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Der gesetzliche Sorgfaltspflichtenkatalog umfasst dabei folgende Elemente:

    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet in Fragen und Antworten zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weiterführende Informationen.

    Grundsätzlich sollen auch Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte übernehmen. Bereits seit 2016 gilt der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der entsprechende Erwartungen an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert. Das LkSG orientiert sich weitgehend an den Sorgfaltsvorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

    Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar nicht den gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG unterliegen, können trotzdem mit den Anforderungen des Gesetzes in Berührung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn ein KMU als Zulieferer von Waren und Dienstleistungen für ein anderes Unternehmen fungiert, das wiederum den LkSG-Pflichten unterliegt. Das KMU gilt dann als unmittelbarer Zulieferer. Unmittelbare Zulieferer, bei denen ein Risiko vermutet wird, müssen von dem verpflichteten Unternehmen in seine konkrete Risikoanalyse und gegebenenfalls in Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie in die Einrichtung seines Beschwerdeverfahrens einbezogen werden.

    Die Handreichung des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern bietet KMU eine Hilfestellung, die mit den Anforderungen des LkSG konfrontiert werden. 

    Am 24. Februar 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten vorgelegt, der teilweise über das deutsche LkSG hinausgeht. Am 1. Dezember 2022 der Rat der EU seine Verhandlungsposition (allgemeine Ausrichtung) zur Richtlinie festgelegt. Am 1. Juni 2023 hat das EU-Parlament seine Position beschlossen (Parlamentsentwurf). Derzeit laufen nun die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen den drei Institutionen über die finale Version der Richtlinie.

    Im Rahmen der deutschen Außenwirtschaftsförderinstrumente nimmt die Berücksichtigung von Menschenrechten einen hohen Stellenwert ein. Bei der Vergabe von Investitions- und Exportkreditgarantien werden menschenrechtliche Aspekte entsprechend nationaler und internationaler Regelwerke geprüft. Künftig werden keine neuen Bundesdeckungen mehr für Exporteure übernommen, die solch schwerwiegende Verstöße gegen das LkSG begangen haben, dass sie von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen sind (§ 22 LkSG).

    Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert als zuständige Prüfbehörde, ob die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen.

    Zu den konkreten Aufgaben gehören:

    • zu überprüfen, ob Unternehmen ihrer Berichtspflicht nachkommen
    • die Durchführung von Kontrollen
    • Verstöße festzustellen, zu beseitigen und zu verhindern
    • die Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern

    Auswirkungen des LkSG auf Handels- und Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen in Bezug auf Bangladesch

    Unternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des Risikomanagements eine Analyse zur Ermittlung der entsprechenden Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie beim unmittelbaren Zulieferer (sogenannte regelmäßige Risikoanalysen) und in bestimmten Fällen auch beim mittelbaren Zulieferer (sogenannte anlassbezogene Risikoanalysen) zu ermitteln. Der eigene Geschäftsbereich umfasst dabei jede Tätigkeit zur Herstellung und Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. Insofern sind die weltweiten Tätigkeiten in sämtlichen Betriebsstätten, Fabriken, Lagern und Büros zu betrachten. Auch bei konzernangehörigen Unternehmen kann der Geschäftsbereich des Tochterunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen zum Geschäftsbereich des Mutterunternehmens gehören (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG).

    Zur (anlassbezogenen) Risikoanalyse und Prävention in der gesamten Lieferkette, also auch bei mittelbaren Zulieferern (mit denen keine Vertragsbeziehung besteht), sind Unternehmen nur dann verpflichtet, wenn sie substantiierte Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben. Diese besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen. Tatsächliche Anhaltspunkte sind zum Beispiel Medienberichte, Beschwerden, Vorfälle in der Vergangenheit, Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer besonders risikobehafteten Branche etc.

    Insbesondere globale Lieferketten bestehen oft aus einer Vielzahl von mittelbaren Zulieferern, die zudem häufig in Entwicklungs- und Schwellenländern ansässig sind. Hier kann es sich anbieten, entsprechende Teile der Lieferkette bereits in die jährliche Risikoanalyse zu integrieren.

    Etwa 70 deutsche Unternehmen waren im Jahr 2022 in unterschiedlichen Unternehmensformen – überwiegend als Liaison Offices, seltener als Branch Offices oder im Rahmen von Kapitalbeteiligungen – in Bangladesch aktiv. Angaben zu den von ihnen gestellten Arbeitsplätzen liegen nicht vor. Die Firmen produzieren oder erbringen dabei Dienstleistungen, überwiegend für den lokalen oder regionalen Markt. Die Anzahl von Unternehmen, die für den Export produzieren oder Rohstoffe nach Deutschland exportieren, ist gering. In Bangladesch gibt es allerdings deutsche Einzelhandelsunternehmen, die – über Einkaufsgesellschaften (Buying Houses) – Erzeugnisse durch unabhängige Produzenten vor Ort fertigen lassen, vor allem Bekleidung. Damit unterhalten die deutschen Firmen zwar keine eigenen Fabriken oder Produktionsstätten in Bangladesch, arbeiten aber in der Regel mit den lokalen Herstellern unter anderem bei der Produktentwicklung zusammen.

    Wirtschaftsmotor in Bangladesch ist auch die Textilindustrie mit rund 4,5 Millionen mehrheitlich weiblichen Beschäftigten. Der Aufbau sozialer Sicherungsnetze, insbesondere flächendeckende Sozialhilfeprogramme, sowie Unfall- und Arbeitslosenversicherung, verläuft jedoch stockend. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit ist über die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Friedrich-Ebert-Stiftung im Bereich Arbeitssicherheit und Ausbildung von Gewerkschaftsmitgliedern aktiv. Auch deswegen sind zumindest in der Textilindustrie seit 2013 keine größeren Unglücke mehr aufgetreten. In anderen Bereichen passieren jedoch immer wieder größere Unfälle, oft Brände mit vielen Toten (50 und mehr). Grobe Fahrlässigkeit, mutwillige Missachtung der Sicherheit der Arbeiter sowie unzureichende staatliche Kontrollen sind meist ursächlich. 

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll zumindest im Handel mit Deutschland eine bessere Einhaltung von arbeitsrechtlichen- und Sicherheitsstandards bewirken. Ein weiterer Hebel gegenüber Bangladesch besteht, wenn es nach Verlassen des Least Developed Country-Status im Jahr 2026 und einer dreijährigen Übergangsphase ab 2029 von den GSP+-Zollpräferenzen der EU profitieren möchte – diese sind an höhere Standards beim Schutz von Menschenrechten gebunden.

    Das Handelsvolumen von Deutschland und Bangladesch betrug 2021 rund 7,9 Milliarden Euro. Die Gesamtimporte Deutschlands aus Bangladesch beliefen sich 2021 auf 8,4 Milliarden US-Dollar (US$). Deutschland importiert fast ausschließlich Bekleidung.

    Deutschlands Importe aus Bangladesch

    Produkt

    2021 (Anteil in Prozent)

    Textilien und Bekleidung

    94,1

    Schuhe

    1,9

    Fische, Krebs- und Weichtiere; Zubereitungen daraus

    0,7

    Kfz und -Teile

    0,7

    Sonstige

    2,6

    Quelle: GTAI-Wirtschaftsdaten kompakt, Dezember 2022

    Die nachfolgende Tabelle zeigt den Import von Produkten, die deutsche Unternehmen aus Bangladesch beziehen, die mit einem Risiko eines Verstoßes gegen einen oder mehrere der in § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG aufgeführten Verbotstatbestände behaftet sein können: Kinderarbeitsverbot, Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, Verbot aller Formen von Sklaverei, Verbot der Missachtung von Arbeitsschutz, Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung, Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns.

    Deutsche Importe möglicher risikobehafteter Produkte aus Bangladesch

    Produktgruppe

    Produkt

    (2021; in Millionen US$)

    Textilien/Bekleidung

    Bekleidung und Bekleidungszubehör

    7.770

    Konfektionswaren

    146

    Teppiche und andere Fußbodenbeläge

    9

    Nahrungs- und Genussmittel

    Fische, Krebs- und Weichtiere; Zubereitungen daraus

    59

    Tabak und Tabakerzeugnisse

    8

    Rohstoffe

    Metallurgische Erze und Metallabfälle

    4

    Spinnstoffe (vor allem Jute) und ihre Abfälle

    4

    Bearbeitete Waren

    Schuhe

    157

    Straßenfahrzeuge

    62

    Reiseartikel, Handtaschen

    21

    Waren aus Kunststoff

    9

    Feinkeramische Erzeugnisse

    8

    Kinderwagen, Spielzeug, Spiele und Sportgeräte

    6

    Nachrichtentechnik, Zubehör

    5

    Quelle: Statistisches Bundesamt 2023

  • Verstoß gegen das Verbot von Kinderarbeit

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem zulässigen Mindestalter. Das zulässige Mindestalter richtet sich grundsätzlich nach dem Recht des Beschäftigtenortes und darf ein Alter von 15 Jahren nicht unterschreiten. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 LkSG). Darüber hinaus sind schlimmste Formen der Kinderarbeit verboten. Hier sind vor allem Sklaverei und sklavereiähnliche Praktiken sowie Arbeiten gemeint, die für die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit des Kindes schädlich sind.

    Gesetzliche Grundlagen

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (ILO-Übereinkommen Nr. 138) und über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 182). Die jeweiligen nationalen gesetzlichen Vorgaben für das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung der Mitgliedstaaten des Übereinkommens Nr. 138 der internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) sind in der Datenbank NORMLEX abrufbar: Übersicht. Das gesetzlich festgelegte Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung liegt in Bangladesch bei 14 Jahren. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Kinderarbeit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Bangladesch belegt nach dem Children's Rights Atlas von 2018 den Workplace Index 5,9/10 Punkten. Bewertet werden rechtliche Rahmenbedingungen, deren administrative Durchsetzung und Ergebnisindikatoren, darunter Anteil und Prävalenz von Kinderarbeit. Der Index orientiert sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und bewertet die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonventionen. Je höher der Länder-Score, desto größer ist das Risiko für Verstöße gegen die UN-Konventionen. Der Bewertung liegt eine erhebliche Anzahl von Kinderarbeit zugrunde. Damit steigt die Sorgfaltspflicht für Unternehmen, ihre Lieferketten auf mögliche Verstöße zu überprüfen.

    Bei einem Wert von 5,9/10 Punkten wird den Unternehmen eine höhere Sorgfalt und intensivere Prüfung (Kategorie: enhanced) ihrer Lieferkette im Hinblick auf Verstöße gegen das Verbot von Kinderarbeit empfohlen. Bangladesch schneidet mit diesem Wert deutlich schlechter ab als der weltweite Durchschnitt von 4,4/10 Punkten. Im Vergleich zu den übrigen südasiatischen Ländern erzielt Bangladesch einen besseren Score als Pakistan (6,4/10) und die Malediven (6,0/10), aber einen schlechteren als Indien (4,9/10), Nepal (5,5/10), Bhutan (4,4/10) und Sri Lanka (3,6/10). Bezieht man noch die Länder Südostasiens mit ein, dann schneiden der Nachbar Myanmar sowie Kambodscha mit einem Wert von 6,4/10 Punkten ebenfalls schlechter ab als Bangladesch.

    Betrachtet man die Unterkategorien des Workplace Index, wird deutlich, dass es bei der Durchsetzung der Gesetze zur Verhinderung von Kinderarbeit noch erhebliche Defizite gibt. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen (Legal Framework) erzielt Bangladesch einen Wert von 4,2/10 Punkten, bei der Durchsetzung (Enforcement) hingegen 7,9/10 Punkten (der globale Durchschnitt liegt in dieser Kategorie bei 5,5/10). Der Grund für diesen schlechten Wert ist, dass nicht genügend Inspektionen durchgeführt werden, da es weniger Inspekteure gibt als von der ILO empfohlen und dass die Inspektionen nicht effektiv sind, so die Analyse von UNICEF. Sehr positiv bewertet die Kinderhilfsorganisation hingegen, dass es umfassende Regierungsprogramme zur Vermeidung von Kinderarbeit gibt.

    In der Unterkategorie Ergebnisse (Outcome) wird bewertet, welche positiven oder negativen Auswirkungen die Gesetzgebung und die staatlichen Maßnahmen auf die Arbeitsbedingungen für Kinder haben. Hier erzielt Bangladesch einen Länder-Score von 5,7/10 Punkten und ist damit schlechter bewertet als der weltweite Durchschnitt von 4,3/10 Punkten. Bei der Meldehäufigkeit von Fällen der schlimmsten Form von Kinderarbeit wird Bangladesch sogar der Wert 10/10 Punkten vergeben (der globale Schnitt liegt in dieser Kategorie bei 5,9/10). Unternehmen wird daher eine besonders hohe Sorgfalt und sehr intensive Prüfung (Kategorie: heightened) im Hinblick auf Sklaverei und sklavereiähnliche Praktiken sowie auf Arbeiten, die für die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit des Kindes schädlich sind, empfohlen.

    Die Kinderhilfsorganisation Terre des Hommes schätzt, dass 7,2 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Bangladesch arbeiten. Die nationale Datenlage zur Kinderarbeit in Bangladesch ist veraltet. Die letzte umfassende Studie der Regierung stammt aus dem Jahr 2013. Laut "Child Labour Survey" verrichteten zum Zeitpunkt der Erhebung 3,5 Millionen Kinder zwischen 5 und 17 Jahren Arbeit und damit fast 10 Prozent in dieser Altersgruppe. Knapp die Hälfte davon fielen in die Kategorie "Child labour", während 1,75 Millionen Personen im Alter von 12 bis 17 Jahren, die nicht unter gefährlichen Arbeitsbedingungen und im Rahmen der gesetzlich zugelassenen Stundenzahl ihre Tätigkeiten verrichten, in dem Report als "working children" klassifiziert wurden.

    Risiken in der Textil- und Bekleidungsindustrie

    Der Textil- und Bekleidungssektor ist der wichtigste Industriezweig der bangladeschischen Wirtschaft. Der Anteil von Ready Made Garments (RMG) an den Gesamtexporten des Landes liegt bei etwa 85 Prozent. Wichtigste Abnehmer sind die EU und die USA. Deutschland ist mit einem Importvolumen von fast 8 Milliarden US-Dollar (US$) der weltweit zweitgrößte Abnehmer von RMG aus Bangladesch nach den USA. Die Branche beschäftigt in rund 4.500 Fabriken mehr als 4 Millionen Menschen, etwa 80 Prozent davon sind Frauen.

    Die bangladeschische Bekleidungsindustrie steht wegen ihrer engen Lieferverflechtungen mit Kunden in Ländern mit hohen Anforderungen an Sozialstandards wie den USA und der EU beim Thema Kinderarbeit unter erhöhter Beobachtung. Stakeholder wie Hersteller und Branchenverbände sowie die Regierung haben eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Kinderarbeit in der Textilproduktion einzudämmen. Bangladeschische und internationale Nichtregierungsorganisationen beobachten die Bekleidungsbranche und sensibilisieren die Produzenten und Beschäftigten für die Thematik. Vor allem große Textil- und Bekleidungsfirmen im organisierten Sektor mit internationaler Kundschaft bemühen sich zur Einhaltung von Kinderarbeitsschutzvorschriften in ihren eigenen Fabriken.

    Im informellen Sektor, in dem schätzungsweise 70 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt sind und die meisten kleineren Textil- und Bekleidungshersteller operieren, greifen die Kontrollmechanismen oft weniger stark und die Gefahr von Kinderarbeit ist größer. Zudem besteht das Risiko, dass Firmen aus dem organisierten Sektor Fertigungsaufträge an Subunternehmen aus dem informellen Sektor oder an Heimarbeitsplätze weitergeben und dort minderjährige Familienmitglieder in den Fertigungsprozess eingebunden werden. Zwar kann ein Auftraggeber diese Praxis vertraglich verbieten, aber eine lückenlose Überprüfung, ob entsprechende Klauseln auch eingehalten werden, stellt die ausländischen Kunden vor Herausforderungen.

    Die Gefahr von Kinderarbeit beschränkt sich nicht nur auf die Herstellung der Textilien selbst, sondern kann auch in anderen Funktionsbereichen der Fabriken wie Gebäudereinigung, Warentransport oder in den Betriebskantinen auftreten. Gleiches gilt für vorgelagerte Arbeitsschritte und die Herstellung von Vorprodukten. Bangladesch deckt die meisten Fertigungsstufen im Textilsektor ab, der Schwerpunkt liegt aber auf den letzten Bearbeitungsschritten. Es gibt rund 800 Webereien und 400 Spinnereien in Bangladesch, die Garne und Stoffe für die nachgelagerten Produktionsstufen liefern. Dabei könnten Unternehmen im organisierten Sektor beispielsweise Webarbeiten auf mechanischen Webstühlen in Heimarbeit auslagern, wodurch die Gefahr von Kinderarbeit wächst.

    Risiken in der Lederindustrie

    Die Lederherstellung und -verarbeitung ist eine der Traditionsindustrien von Bangladesch. Die schätzungsweise 850.000 Beschäftigten in 3.500 Herstellungsbetrieben und 250 Gerbereien produzieren sowohl für den lokalen Markt als auch für den Export. Lederartikel wie Schuhe und Handtaschen sind nach Bekleidung das wichtigste Exportsegment im Handel mit Deutschland. Einer Studie des Institute of Development Studies zufolge besteht entlang der gesamten Verarbeitungskette in der Lederindustrie die Gefahr von Kinderarbeit. Die Denkfabrik kam zu dem Ergebnis, dass in Schlachthäusern, Gerbereien, und in lederverarbeitenden Betrieben Kinder zwischen 7 und 17 Jahren zum Teil bis zu 14 Stunden an sechs Tagen in der Woche arbeiten.

    In der Lederindustrie besteht zudem die erhöhte Gefahr, dass die Kinder ihre Tätigkeiten in besonders gesundheitsgefährdenden Arbeitsumgebungen verrichten und beispielsweise in den Gerbereien mit Gefahrstoffen wie Schwermetallen, Formaldehyd und anderen Chemikalien ohne entsprechende Arbeitsschutzbekleidung hantieren müssen, so eine Analyse der US-Botschaft in Dhaka. In einer Feldstudie der bangladeschischen Regierung und UNICEF mit 35.500 Kindern im Alter zwischen 5 und 17 Jahren kamen 4 Prozent bei ihrer Tätigkeit mit gefährlichen Chemikalien in Kontakt. Zwar gibt es keine Aufschlüsselung nach Branchen, aber es ist naheliegend, dass Fälle in der Lederindustrie nicht auszuschließen sind.

    Risiken in der Landwirtschaft und Fischindustrie

    Quantitativ betrachtet ist die Fallzahl bei Kinderarbeit im Landwirtschafts-, Forst- und Fischereisektor am höchsten. Bei der letzten umfassenden Studie zum Thema aus dem Jahr 2013 war ein gutes Drittel der 3,5 Millionen Kinderarbeiter zwischen 5 und 17 Jahren in diesem Sektor beschäftigt. Der Anteil der Landwirtschaft an der Bruttowertschöpfung ist zwar seit Jahren rückläufig und lag 2020 nur noch bei 13 Prozent; 2005 waren es noch 20 Prozent. Allerdings gehen nach wie vor 37 Prozent der Erwerbstätigen einer Arbeit im Agrarsektor nach.

    Die bangladeschische Landwirtschaft ist kleinbäuerlich strukturiert und durch Subsistenzbetriebe geprägt. Dass auch minderjährige Familienmitglieder hier mitarbeiten, dürfte daher eher die Regel als die Ausnahme sein. So ist es üblich, dass Kinder nach dem Schulunterricht ihre Eltern bei der Feldarbeit oder beim Fischfang unterstützen. Dabei können die Kinder gefährlichen Substanzen wie Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt sein und müssen unter herausfordernden klimatischen Bedingungen zum Teil schwere körperliche Arbeit wie das Tragen von schweren Lasten verrichten. Das Hantieren mit landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen bietet zudem ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

    Die Gefahr von Kinderarbeit besteht im Agrarsektor entlang der gesamten Wertschöpfungsketten unter anderem im Getreide-, Gemüse- und Obstanbau und der -verarbeitung, der nutzwirtschaftlichen Tierhaltung, Fleischproduktion und -verarbeitung (Rind, Lamm, Geflügel), der Fischerei und Fischverarbeitung sowie bei der Garnelenaufzucht und -verarbeitung. So waren bei einem Brand in einer Obstsaftfabrik im Juli 2021 in Dhaka unter den mehr als 50 Opfern auch Kinder unter 15 Jahren.

    Deutschland importierte 2021 Garnelen im Wert von fast 60 Millionen US$ aus Bangladesch. Sie sind damit nach Bekleidung und Schuhen der drittgrößte Einzelposten. Kinderarbeit im Fischerei- und Aquakultursektor ist nach wie vor weltweit ein großes Problem und Bangladesch bildet da keine Ausnahme, so die Analyse der Food and Agriculture Organization der Vereinten Nationen. Kinder werden sowohl bei der Fisch- und Garnelenaufzucht als auch bei der Weiterverarbeitung eingesetzt. In den Aquakulturfarmen können die Kinder zudem gesundheitsgefährdenden Chemikalien und Pestiziden und über einen langen Zeitraum intensiver Sonneneinstrahlung und Salzwasser ungeschützt ausgesetzt sein.

    Neben den oben genannten, aus Sicht der deutsch-bangladeschischen Handelsbeziehungen besonders relevanten Produktgruppen, gibt es weitere Industriezweige, in denen das Risiko von Kinderarbeit besteht. Hierzu zählen unter anderem die Ziegel- und Glasproduktion, die Möbelfertigung sowie die Metallverarbeitung. Weitere Risikobranchen sind der Schiffbau und das Abwracken von Schiffen und der Bausektor. Im Dienstleistungssektor ist Kinderarbeit unter anderem in der Abfallbehandlung verbreitet.

    Die bangladeschische Regierung ist sich der Problematik von Kinderarbeit bewusst und hat in den letzten Jahren eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diese einzudämmen. Im Rahmen ihres National Plan of Action to Eliminate Child Labour (2020-2025) hat die Regierung 2019 einen Entwurf zur Beseitigung von Kinderarbeit bis zum Jahr 2025 vorgelegt.

    Um mögliche Kinderarbeitsrisiken in anderen Branchen in Bangladesch zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betreut über ihr Büro in Dhaka Programme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Industrie sowie zur Einhaltung von Menschenrechten und Sozialstandards, insbesondere in der Bekleidungs- und Lederindustrie.  Speziell für den Textil- und Bekleidungssektor unterstützt das Bündnis für nachhaltige Textilien Unternehmen bei der Umsetzung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf prüft systematisch, ob Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren textilen Lieferketten übernehmen. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) stellt in ausgewählten Partnerländern Informations- und Beratungsdienste sowie Trainings rund um das Thema menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten für lokale Produzenten und Stakeholder bereit. Partnerorganisationen für den RBH Bangladesch sind die lokalen Textilverbände BGMEA und BKMEA.

    In Bangladesch gibt es eine Vielzahl von Institutionen, die deutsche Unternehmen bei Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Bereich Kinderarbeit unterstützen können. Auf Seiten der bangladeschischen Regierung ist das Ministry of Labour and Employment für das Thema zuständig. Zum Ministerium gehört das Department of Inspection for Factories and Establishments (DIFE), das die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Unternehmen überwacht. Dazu zählt auch die Überprüfung hinsichtlich des Einsatzes von Kinderarbeit in den Firmen. Die Behörde führt routinemäßig Kontrollbesuche in Betriebsstätten durch. DIFE ist zudem verantwortlich für eine Telefonhotline, über die Verstöße gemeldet werden können.

    Die Behörde ist allerdings mit ihren rund 300 Inspektoren (Stand: 2021) personell unterbesetzt. Bei 70 Millionen Erwerbstätigen müssten eigentlich 1.745 Inspektoren im Einsatz sein, um das von der ILO empfohlene Verhältnis von einem Inspektor je 40.000 Beschäftigten zu erreichen. Das DIFE führte eigenen Angaben zufolge 2021 knapp 46.000 Überprüfungen durch, bei denen 7.000 Verstöße gegen das Verbot von Kinderarbeit registriert wurden. Das Bureau of International Labor Affairs des US Department of Labor weist darauf hin, dass unangekündigte Inspektionen nur in Betrieben außerhalb der Export Processing Zones (EPZ) und Special Economic Zones (SEZ) durchgeführt werden dürfen. Zudem eignet sich die Höchststrafe bei einem Verstoß gegen das Verbot von Kinderarbeit mit 5.000 Taka (entspricht  Euro; durchschnittlicher Umrechnungskurs der Bundesbank Ende Juli 2023: 1 Euro =  121,01Taka) kaum als Abschreckung für die Unternehmen.

    Terre des Hommes ist in Bangladesch vertreten und kooperiert beim Thema Kinderarbeit mit staatlichen Stellen und verschiedenen lokalen Nichtregierungsorganisationen wie der Awaj Foundation. Diese können Informationen über Hintergründe, spezifische Risiken und über mögliche Interventionen bereitstellen, um die Rechte von Kindern im Rahmen der Geschäftstätigkeit zu gewährleisten. UNICEF und die ILO haben ein praktisches Werkzeug für die Bekleidungs- und Schuhindustrie entwickelt, um Kinderrechte in verantwortungsbewusste Beschaffungsrahmenwerke zu integrieren.

    Für Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Bereich Kinderarbeit in Unternehmen steht die Eliminating and Preventing Child Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten und dem Aufsetzen gemeinsamer Programme bietet sich die Child Labour Plattform an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots von Kinderarbeit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite Kinderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

    Gesetzliche Grundlagen

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören das hier relevante Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) sowie das Übereinkommen über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Zudem hat Bangladesch das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Bangladesch ist nach dem Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie "Vulnerability to Modern Slavery" mit 58/100 Punkten bewertet. Je höher der Wert, desto größer fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Das Land schneidet schlechter ab als der Durchschnitt für die Region Asien-Pazifik (48/100). Betrachtet man nur die südasiatischen Nachbarn, dann liegt Bangladesch fast gleichauf mit Indien und Sri Lanka, die beide einen Länder-Score von 56/100 Punkten erzielen. Nepal schneidet in der Kategorie mit 46/100 Punkten besser ab, während Pakistan mit 80/100 Punkten schlechter bewertet wird.

    Der Verfasser der Studie, die Nichtregierungsorganisation Walk Free, schätzt die Zahl der Menschen in Zwangsarbeit und in sklavereiähnlichen Abhängigkeitsverhältnissen in Bangladesch auf 1,2 Millionen. Damit liegt das Land in absoluten Zahlen weltweit auf dem 9. Platz. Bezogen auf die Bevölkerung sind sieben von 1.000 Bangladescherinnen und Bangladeschern in irgendeiner Form von moderner Sklaverei betroffen. Im regionalen Vergleich schneidet das Land damit zwar besser ab als Indien mit acht und Pakistan mit zehn von 1.000 Menschen, aber schlechter als Sri Lanka mit rund sieben und Nepal mit drei von 1.000 Einwohnern.

    Zwangsarbeit ist zwar in vielen Wirtschaftsbereichen in Bangladesch zu finden, aber ein besonders hohes Risiko besteht in der Fischverarbeitung, beim Abwracken von Schiffen und bei der Herstellung von Aluminium, Ziegeln, Tee und auch von Bekleidung. Vor allem weibliche Beschäftigte in der Textil- und Bekleidungsindustrie sind Drohungen, Einschüchterungen und sexueller Gewalt ausgesetzt. Eine Studie des Global Fund to End Modern Slavery (GFEMS) von 2022 über Beschäftigte im informellen Bekleidungssektor ergab, dass 86 Prozent von ihnen die Kriterien für Zwangsarbeit erfüllten, wobei Frauen und Binnenmigranten überproportional betroffen waren.

    Zudem werden Kinder unter anderem in Ziegeleien und beim Trocknen von Fisch ausgebeutet. In einer weiteren GFEMS-Studie über die schlimmsten Formen der Kinderarbeit in acht Niedriglohnsiedlungen in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka berichteten mehr als zwei Drittel der 764 befragten Kinder, dass sie am Arbeitsplatz misshandelt oder ausgebeutet wurden. Das schließt Drohungen und verbalen, körperlichen und sexuellen Missbrauch ein, was auf eine Situation moderner Sklaverei hindeutet.

    Angehörige der Rohingya-Volksgruppe sind häufig von Menschenhandel zum Zwecke der Zwangsarbeit betroffen. Frauen und Mädchen sind gefährdet, aus Flüchtlingslagern in die Fischverarbeitung und als Hausangestellte verschleppt zu werden. Männer werden Berichten zufolge zur Zwangsarbeit in der Landwirtschaft und im Baugewerbe herangezogen. Häufig werden sie oder ihre Kinder in Form von Schuldknechtschaft (bonded labour) ausgebeutet, weil sie Kredite aufgenommen haben, die auf diesem Weg abbezahlt werden müssen.

    Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen in Bangladesch zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Zur Erkennung von moderner Sklaverei hat unter anderem das Global Compact Netzwerk Deutschland einen eigenen Leitfaden veröffentlicht, der auch Lösungsansätze schildert. Das Arbeitsministerium der USA veröffentlicht zudem jährlich eine aktuelle Liste, für welche Produkte in Bangladesch Berichte über moderne Sklaverei und Kinderarbeit vorliegen.

    Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betreut über ihr Büro in Dhaka Programme zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Industrie sowie zur Einhaltung von Menschenrechten und Sozialstandards, insbesondere in der Bekleidungs- und Lederindustrie. Speziell für den Textil- und Bekleidungssektor unterstützt das Bündnis für nachhaltige Textilien Unternehmen bei der Umsetzung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. Das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf prüft systematisch, ob Unternehmen Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren textilen Lieferketten übernehmen. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) stellt in ausgewählten Partnerländern Informations- und Beratungsdienste sowie Trainings rund um das Thema menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten für lokale Produzenten und Stakeholder bereit. Partnerorganisationen für den RBH Bangladesch sind die lokalen Textilverbände BGMEA und BKMEA.

    Die Nichtregierungsorganisation Walk Free würdigt zwar in ihrer Länderanalyse im Rahmen des Global Slavery Index die Bemühungen der bangladeschischen Regierung, gegen Zwangsarbeit und Sklaverei vorzugehen. Sie sieht aber vor allem bei der Umsetzung der Gesetzgebung, bei der Durchsetzung von Gegenmaßnahmen und der Verhängung von Strafen durch die Behörden weiterhin Defizite. Das Department of Inspection for Factories and Establishments (DIFE) überwacht die Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften in Unternehmen. Dazu zählt auch die Überprüfung hinsichtlich des Einsatzes von Zwangsarbeit in den Firmen.

    Die Nichtregierungsorganisation KnowTheChain hat einen Ressourcen- und Handlungsleitfaden zur Erkennung und Verhinderung von Zwangsarbeit in der Bekleidungs- und Schuhbranche erstellt. Auch der OECD-Leitfaden zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten in der Bekleidungs- und Schuhwarenindustrie bietet Unternehmen, die in Bangladesch in diesen Branchen aktiv sind, eine Hilfestellung, um die Due-Diligence-Empfehlungen aus den OECD-Leitsätzen in ihren Lieferketten zu erkennen und umzusetzen, damit negative Auswirkungen, die durch ihre Geschäftstätigkeiten entstehen können, vermieden beziehungsweise abgestellt werden.

    Die Gefahr von Zwangsarbeit in der Lieferkette steigt durch die Vergabe von Unteraufträgen an kleinere Fabriken, die nicht oder kaum inspiziert werden. Dies geschieht oft, wenn sich Vereinbarungen über Volumen oder Lieferzeit ändern. Die Arbeitsbedingungen sind hier im Allgemeinen schlechter als in kontrollierten Fabriken.

    Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter den Unterseiten Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.

    Gesetzliche Grundlagen

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), hat aber die hier relevanten Kernübereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155) und über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187) bislang nicht ratifiziert. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Wesentliche Rechtsgrundlage des bangladeschischen Arbeitsrechts ist der Bangladesh Labour Act, 2006 (Arbeitsgesetz; ArbG). Das Gesetz enthält Vorgaben zum Beispiel in Bezug auf Arbeits- und Ruhezeiten. Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes hatten zahlreiche Einzelgesetze bestanden (vgl. Art. 353 ArbG). Einige, insbesondere den Arbeitsschutz betreffende Änderungen des Arbeitsgesetzes erfolgten insbesondere im Jahr 2013 infolge eines verheerenden Fabrikeinsturzes (Rana Plaza) sowie im Jahr 2018. Daneben bestehen die Labour Rules, 2015 (Bengalisch). Weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen sind auf der Website des bangladeschischen Arbeitsministeriums abrufbar. Zuständige Behörde ist insbesondere das Department of Inspection for Factories and Establishments, das dem Ministry of Labour and Employment untersteht.

    Das Arbeitsgesetz findet Anwendung auf Arbeitskräfte (workers). Unter anderem sind Regierungsangestellte vom Anwendungsbereich ausgenommen (weitere Ausnahmen in Art. 1 Abs. 4 ArbG). Der Arbeitgeberbegriff (employer) umfasst nach Art. 2 Abs. 49 ArbG auch im Management tätige Personen. Artikel 100 ArbG schreibt grundsätzlich eine tägliche Arbeitszeit von maximal acht Stunden vor. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt nach Art. 102 Abs. 1 ArbG höchstens 48 Stunden. Bis zu zwei Überstunden täglich sind grundsätzlich zulässig, das heißt bis zu zehn Stunden Arbeit am Tag, beziehungsweise bis zu 60 Stunden in der Woche (zwölf Überstunden zusätzlich zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit) und im Jahr durchschnittlich 56 Stunden pro Woche. Bestimmte Ruhezeiten sind in Art. 101 ArbG vorgesehen: Bei einer Arbeitszeit von über sechs Stunden ist eine Pause von einer Stunde zu gewähren, bei über fünf Stunden eine halbe Stunde und bei über acht Stunden Arbeit eine ein- oder zwei halbstündige Pausen; für bestimmte Fabriken mit körperlich anstrengender Arbeit wie Stahlwerke sind seitens der Regierung Regelungen aufzustellen. Pro Woche sind ohne Lohnabzug im Falle von Geschäften oder kommerziellen Einrichtungen eineinhalb freie Tage und ein freier Tag bei Fabrikangestellten zu gewähren (Art. 103 ArbG). Bei einer Nachtschicht (nach Mitternacht) besteht ein Anspruch auf 24 aufeinanderfolgende Stunden Freizeit nach Ende der Schicht. Frauen dürfen ohne ihr Einverständnis nicht zwischen 22 und 6 Uhr arbeiten (Art. 109 ArbG).

    In Bezug auf Gesundheit und Hygiene ab Art. 51ff. sowie zur Sicherheit ab Art. 61ff. ArbG enthält das bangladeschische Arbeitsgesetz eigene Kapitel. So sind darin etwa Anforderungen an die Sauberkeit des Betriebes, die Belüftung und Temperatur, Beleuchtung sowie zur Belegung der Arbeitsräume normiert. Ferner sind genügend Trinkwasserversorgungsstellen, sanitäre Einrichtungen und Abfallbehälter im Betrieb bereitzustellen.

    Befinden sich Gebäude oder Maschinen in einem das Leben oder die Sicherheit der Menschen gefährdenden Zustand, können Arbeitgeber zu entsprechenden Abhilfemaßnahmen angewiesen werden. Jeder Betrieb muss nach Art. 62 ArbG bestimmte Brandschutzvorkehrungen treffen, insbesondere über Notausgänge verfügen und Feuerlöschgeräte bereitstellen. Die Ausgänge der Arbeitsräume dürfen während der Arbeitsausübung nicht verschlossen oder versperrt sein. Ferner müssen zum Beispiel bestimmte Maschinen beim Betrieb durch sichere Konstruktionen abgeschirmt sein und notwendige Überprüfungen der laufenden Maschine sind von einem speziell ausgebildeten männlichen Angestellten in bestimmter Kleidung durchzuführen. Alle Böden, Treppen und Durchgänge in Betrieben haben eine solide Bauweise aufzuweisen, sind ordnungsgemäß instand zu halten und müssen während der Arbeiten leicht zugänglich sein (Art. 72 ArbG). Arbeiter dürfen keine so schweren Lasten heben, die sie verletzen könnten. Entsteht durch Produktionsprozesse das Risiko einer Augenverletzung, etwa durch Partikel oder starkes Licht, können Vorschriften bezüglich Schutzbrillen aufgestellt werden. Im Jahr 2013 wurde unter anderem Art. 78A ArbG eingefügt, der den Gebrauch von persönlicher Schutzausstattung vorschreibt; ferner ist danach jeder Arbeiter durch entsprechende Unterweisung für die Gefahren der Arbeit zu sensibilisieren.

    Hinsichtlich gefährlicher Arbeiten und Arbeitsunfällen gibt es in Art. 79 ff. ArbG Sonderbestimmungen. Außerdem müssen zum Beispiel Erste-Hilfe-Kästen während der Arbeitszeit leicht zugänglich sein (Art. 89 ArbG). Nach Art. 90A ArbG muss in einer Fabrik mit mindestens 50 Angestellten ein "Safety Committee" eingerichtet werden. Auch sind Bestimmungen zur Einrichtung bestimmter Räumlichkeiten wie Wasch- oder Pausenräume im Gesetz enthalten.

    Für Beschäftigte in den "Export Processing Zones" (EPZ) gilt der Bangladesh EPZ Labour Act, 2019 mit Vorschriften zum Arbeitsschutz ab Art. 35 ff. des Gesetzes. Arbeitgeber sind danach verpflichtet, in ihren Unternehmen sichere und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Zu den von ihnen zu treffenden Maßnahmen gehören unter anderem die Erhaltung eines sicheren Fabrikgebäudes einschließlich Treppen, Maschinen etc., die Unterrichtung der Arbeitnehmer über mit ihrer Arbeit verbundene Gefahren, das kostenfreie Bereitstellen von persönlicher Schutzausrüstung etwa beim Gebrauch gefährlicher Maschinen oder giftiger Chemikalien sowie die Zurverfügungstellung von Erste-Hilfe-Material und einer ausreichenden Anzahl von Feuerlöschgeräten. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Auf jeder Stufe der Lieferkette finden sich Arbeits- und Gesundheitsschutzrisiken. Unternehmen sind angehalten, bestehende Berichte über bekannte Risiken für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in der Branche zu prüfen. Von besonderer Relevanz sind die für ein Land spezifischen Risikofaktoren. In Bangladesch sind das unter anderem Brandschutzvorkehrungen, Gebäudestatik, Luftqualität am Arbeitsplatz, Umgang mit und Lagerung von Chemikalien und anderen gefährlichen Substanzen sowie die Qualität und Vertrauenswürdigkeit von Inspektionen.

    Im Zuge des Einsturzes des Rana Plaza Fabrikgebäudes in Dhaka in 2013, bei dem mehr als 1.000 Menschen ums Leben kamen und 2.500 zum Teil schwer verletzt wurden, hat die bangladeschische Regierung weitreichende Maßnahmen zum Arbeitsschutz beschlossen. Diese greifen allerdings in erster Linie im organisierten Sektor. Da mehr als 80 Prozent der Beschäftigten nach wie vor im informellen Sektor aktiv sind, sind viele Arbeiterinnen und Arbeiter bei ihrer Tätigkeit auch weiterhin einem mangelhaften Arbeitsschutz und damit einer erhöhten Unfallgefahr ausgesetzt.

    Im Jahr 2022 starben in Bangladesch offiziell 967 Menschen durch Arbeitsunfälle, so eine Studie der Occupational Safety, Health and Environment Foundation (OSHE Foundation). Davon entfielen 85 Prozent auf den informellen Sektor, fast 98 Prozent der Opfer waren Männer. Mit einem Anteil von 40 Prozent ereigneten sich die meisten tödlichen Unfälle in der Transportbranche – vor allem bei Verkehrsunfällen mit Lkw. Der Agrarsektor folgt mit 12 Prozent und die Bauwirtschaft mit 11 Prozent. In der verarbeitenden Industrie starben 67 Personen und in der Bekleidungsindustrie weitere 28 Arbeiterinnen und Arbeiter, so die Angaben der OSHE Foundation. Belastbare Daten zu nichttödlichen Unfällen am Arbeitsplatz liegen für Bangladesch nicht vor.

    Für die Kontrolle und Überwachung der Arbeitsschutzbestimmungen ist das Department of Inspection for Factories and Establishments (DIFE) zuständig. Die Behörde führt Inspektionen ausschließlich in Betriebsstätten von Unternehmen des organisierten Sektors durch. Auch dürfen die Inspektoren keine Firmen, die sich in einer der Export Processing Zones (EPZ) oder Special Economic Zones (SEZ) befinden, ohne Voranmeldung kontrollieren. Laut US-Außenministerium konzentrieren sich die Kontrollen auf die Textil- und Bekleidungsfabriken, da die Ressourcen der Behörde nicht ausreichen, um die Arbeitsbedingungen in den übrigen Branchen angemessen zu überprüfen. Im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) führte DIFE eigenen Angaben zufolge 43.644 Inspektionen durch. Dabei wurden 1.426 Rechtsverstöße festgestellt.

    Um die Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie zu verbessern, wurde 2013 der Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh ins Leben gerufen. Darin verpflichten sich die Unterzeichner zur Einhaltung von Arbeitsschutzvorschriften sowie zur Einrichtung von Arbeitsschutzprogrammen und Beschwerdemechanismen. Inzwischen haben mehr als 200 Unternehmen – vor allem aus der Textil- und Bekleidungsindustrie und dem Handel – die Vereinbarung unterzeichnet, darunter auch deutsche Firmen. Der "Accord" wurde 2020 auf bangladeschischer Seite organisatorisch in den RMG Sustainability Council (RSC) überführt, das seitdem die Aktivitäten im Bereich Arbeitsschutz in der Bekleidungsindustrie fortsetzt.

    Die Arbeitsbedingungen in Branchen, die nicht so stark im Fokus stehen wie die Bekleidungsindustrie, sind nach Einschätzung von Nichtregierungsorganisationen häufig schlechter und die Unternehmen legen weniger Wert auf Gesundheits- und Arbeitsschutzmaßnahmen für ihre Belegschaft. Dies gilt unter anderem für die Lederindustrie, den Agrarsektor und die Bauwirtschaft. Der Schiffbau und die Abwrackindustrie gelten ebenfalls als Branchen, in denen die Beschäftigten größeren gesundheitlichen Risiken und einer hohen Unfallgefahr ausgesetzt sind. Die bangladeschische Regierung hat im Rahmen ihres National Plan of Action on Occupational Safety and Health 2021 - 2030 eine Reihe von Initiativen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in der Breite auf den Weg gebracht. Diese orientieren sich an den Nachhaltigkeitszielen (Sustainable Development Goals) der Vereinten Nationen.

    Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren in Bangladesch zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen 

    Es gibt in Bangladesch ein breites Unterstützungsangebot im Bereich Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. Unternehmen haben die Möglichkeit, sich im Rahmen von ISO 45001:2018 zertifizieren zu lassen. Unter anderem führen TÜV Süd und Bureau Veritas in Bangladesch die Audits zu diesem international anerkannten Industriestandard für ein Arbeitsschutzmanagementsystem durch.

    Darüber hinaus bieten Institutionen wie Branchenverbände, Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften Informationen und zum Teil auch Unterstützung bei der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen oder der Einrichtung eines firmeninternen Beschwerdemechanismus oder einer Hotline für Mitarbeiter, um Verstöße gegen Arbeitsschutzrichtlinien zu melden, an. Eine Übersicht der Organisationen findet sich in der Studie National Profile on Occupational Safety and Health in Bangladesh des Department of Inspection for Factories and Establishments. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt noch bis 2025 ein Programm speziell zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in Gerbereien durch. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) stellt in ausgewählten Partnerländern Informations- und Beratungsdienste sowie Trainings rund um das Thema menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten für lokale Produzenten und Stakeholder bereit. Partnerorganisationen für den RBH Bangladesch sind die lokalen Textilverbände BGMEA und BKMEA.

    Für die Vermeidung von Gesundheitsschäden am Arbeitsplatz ist der Dialog mit Arbeitskräften unerlässlich. Unternehmen sollten daher betriebliche Ausschüsse mit Arbeitnehmervertretern einrichten. Durch regelmäßige Sicherheitsschulungen der Arbeitskräfte kann ein Verständnis für die Gefahren am Arbeitsplatz gefördert werden. Die Beschäftigten sollten die nötige Ausbildung und Schulungen dazu erhalten, wie sie sicher arbeiten und sich in gefährlichen Situationen wie Bränden in Sicherheit bringen können.

    Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.

  • Missachtung der Koalitionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 6 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Koalitionsfreiheit umfasst das Recht von Arbeitnehmern, sich frei zu Gewerkschaften zusammenschließen zu dürfen. Koalitionsfreiheit umfasst zudem in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht des Beschäftigtenortes das Recht von Gewerkschaften sich zu betätigen, was ein Streikrecht und ein Recht auf Kollektivverhandlungen beinhaltet.

    Gesetzliche Grundlagen 

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (ILO-Übereinkommen Nr. 87) sowie über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zu Kollektivverhandlungen (ILO-Übereinkommen Nr. 98). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Vereinigungsfreiheit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Bangladesch belegt nach dem Global Rights Index 2023 vom Internationalen Globalen Gewerkschaftsbund (IGB), der jährlich die relevanten Rahmenbedingungen zur Respektierung kollektiver Arbeitnehmerrechte durch das jeweilige Land bewertet, das Rating 5 (1 bis 5+). Dies bedeutet, dass die Rechte arbeitender Menschen in Bangladesch nicht garantiert sind. Das Land zählt damit laut IGB zu den zehn schlimmsten Staaten für erwerbstätige Menschen. Im regionalen Vergleich sind Indien und Pakistan gleich schlecht bewertet, während Sri Lanka mit dem Score 4 (systematische Rechtsverletzungen) und Nepal mit 3 (regelmäßige Rechtsverletzungen) besser abschneiden.

    Arbeitende Menschen sind bei friedlichem Protest in Bangladesch Entlassungen, Verhaftungen, Gewalt und staatlicher Repression ausgesetzt. Zu dieser Einschätzung kommt auch das US-Außenministerium in seinem "Bangladesh Human Rights Report" aus dem Jahr 2021. Die Behörden erschweren zudem die Gründung von Gewerkschaften durch umständliche Genehmigungsverfahren. Zwischen 2010 und 2021 wurden mehr als 1.100 Anträge auf die Zulassung einer Gewerkschaft bei der zuständigen Behörde, dem Directorate of Labour gestellt. Das Arbeitsministerium Ministry of Labour and Employment (MOLE) hat 46 Prozent davon abgelehnt, so die Informationen des IGB.

    In den Export Processing Zones (EPZ) sind Gewerkschaften nicht erlaubt. Stattdessen gibt es mit den sogenannten Worker Welfare Associations (WWA) eine Arbeitnehmervertretung, die allerdings von der Bangladesh Export Processing Zones Authority (BEPZA), also der Regierungsbehörde, die für den Betrieb der Exportzonen zuständig ist, dominiert werden. Die Streikmöglichkeiten in den EPZ sind nach Aussage des US-Außenministeriums stark eingeschränkt.

    Risiken in der Textilindustrie

    In seiner Bewertung kommt der IGB zu dem Schluss, dass es für Beschäftigte im Bekleidungssektor praktisch unmöglich ist, Gewerkschaften zu gründen oder beizutreten, da diesbezügliche Versuche von den Arbeitgebern stets mit Drohungen, körperlicher Gewalt und Massenentlassungen erwidert werden. Einer Studie des Centre for Policy Research zufolge waren 2018 gerade einmal 2,5 Prozent von 3,6 Millionen Beschäftigten in 3.856 untersuchten Bekleidungsfabriken gewerkschaftlich organisiert. Die bangladeschische Denkfabrik berichtete zudem, dass statt der vom MOLE angegebenen rund 1.000 Gewerkschaften nur 80 bis 90 aktiv waren und davon wiederum nur 30 bis 40 mit den Arbeitgebern am Verhandlungstisch saßen.

    Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Unternehmen können auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Bangladesch hat die ILO-Übereinkommen zum Recht auf Vereinigungsfreiheit (Convention No. 87) und auf Tarifverhandlungen (Convention No. 93) unterzeichnet. Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen ihre Lieferketten auf mögliche gewerkschaftsfeindliche Praktiken überprüfen und gegebenenfalls gewerkschaftsrechtliche Standards mit den Zulieferern vereinbaren. Des Weiteren kann die Belegschaft über ihre Rechte zur Vereinigungsfreiheit und zu Tarifverhandlungen aufgeklärt werden. Dabei unterstützen Institutionen wie die internationale Gewerkschaftsföderation IndustriALL mit seinen Partnern in Bangladesch, das National Coordination Committee for Workers Education (NCCWE) oder die Nichtregierungsorganisation Solidarity Center.

    Das Freedom of Association Committee (Ausschuss für Vereinigungsfreiheit) überprüft gesondert Verstöße gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen. Informationen über ILO-Verfahren der Normenkontrolle sind frei verfügbar. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung der Koalitionsfreiheit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite Vereinigungsfreiheit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Verboten ist die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, Religion, etc. (Diskriminierungsverbot).

    Gesetzliche Grundlagen

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat acht von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (ILO-Übereinkommen Nr. 111) und das Übereinkommen über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 100). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Die bangladeschische Verfassung verbietet zwar Diskriminierung unter anderem aufgrund von Geschlecht, ethnischer Abstammung, Behinderung und Kastenzugehörigkeit. In der Praxis werden aber Menschen häufig auch im Arbeitsumfeld aufgrund dieser Merkmale benachteiligt.

    Im Länderranking The Global Gender Gap von 2023 des Weltwirtschaftsforums liegt Bangladesch beim Subindex Economic Participation and Opportunity auf Rang 139 unter insgesamt 146 Ländern weltweit. Obgleich Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, sind sie in der Arbeitswelt unterrepräsentiert. Nur schätzungsweise 35 Prozent der erwerbsfähigen Bangladescherinnen gehen einer Beschäftigung nach – bei den Männern sind es fast 80 Prozent. Etwa 90 Prozent der arbeitenden Frauen sind im informellen Sektor aktiv und damit eher Lohnungerechtigkeit und schlechten Arbeitsbedingungen ausgesetzt. 

    Laut dem Human Rights and Country Guide können in der Bekleidungsindustrie in Bangladesch Frauen von Diskriminierung am Arbeitsplatz bedroht sein. Frauen sind oft schlechter ausgebildet und verrichten überproportional häufig geringer entlohnte Tätigkeiten, während die Fach- und Führungspositionen meist von Männern besetzt sind. Laut einer Studie von Better Work aus dem Jahr 2020 waren vier von fünf Beschäftigten in der Herstellung von Bekleidung Frauen, aber nur 5 Prozent waren Vorarbeiterinnen (Supervisor). Neben der Diskriminierung bei Gehältern und Karrierechancen erfahren 13 Prozent aller beschäftigten Frauen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz, so eine Studie von Care Bangladesh.

    In Bangladesch leben etwa 3 Millionen indigene Menschen und Stammesangehörige (Indigeneous and tribal people), die nach Einschätzung der ILO im Wirtschaftsleben und damit auch am Arbeitsplatz Diskriminierung wie niedrigere Löhne, geringere Aufstiegschancen und schlechtere Arbeitsbedingungen ausgesetzt sein können. Für Menschen mit Behinderung ist die Partizipation am Arbeitsleben und der Zugang zu Beschäftigung ebenfalls eingeschränkt. Die Mehrheit der Erwachsenen mit Behinderungen ist arbeitslos. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen sind ebenfalls Benachteiligungen und Belästigungen am Arbeitsplatz ausgesetzt. In einer Umfrage des International Republican Institute (IRI) aus dem Jahr 2021 gaben 71 Prozent der Teilnehmenden an, dass sie im Berufsleben diskriminiert werden.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Zentrale Beschwerdestelle für Diskriminierung am Arbeitsplatz ist das Department of Inspection for Factories and Establishments (DIFE). Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Beschäftigten in ihren Lieferketten die Möglichkeit haben, Beschwerden hinsichtlich Benachteiligungen im Arbeitsleben anzuzeigen, ohne Repressalien befürchten zu müssen – beispielsweise durch die Einrichtung eines Meldeverfahrens. Personalentscheidungen – insbesondere Beförderungen und Gehaltserhöhungen – sollten sich nur auf relevante und objektive Kriterien stützen und in transparenten Verfahren gefällt werden. Das Netzwerk der Responsible Business Helpdesks (RBH) stellt in ausgewählten Partnerländern Informations- und Beratungsdienste sowie Trainings rund um das Thema menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten für lokale Produzenten und Stakeholder bereit. Partnerorganisationen für den RBH Bangladesch sind die lokalen Textilverbände BGMEA und BKMEA.

    Es gibt in Bangladesch zahlreiche Nichtregierungsorganisationen wie die Awaj Foundation, die Projekte zur Verhinderung von Diskriminierung am Arbeitsplatz begleiten und Rechtsbeihilfe für Betroffene anbieten. Auch deutsche Organisationen vor Ort, wie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) oder die politischen Stiftungen, bieten Informationen zu diesem Thema an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Ungleichbehandlung in Beschäftigung können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter den Unterseiten Diskriminierung im Sorgfaltsprozess adressieren, Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren sowie Rechte indigener Völker im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

    Kurzbeschreibung: Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

    Gesetzliche Grundlagen

    Bangladesch ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), hat aber das hier relevante Übereinkommen über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) nicht ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu rechtlichen Instrumenten bezüglich existenzsichernder Löhne bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Der landesweit und über alle Sektoren hinweg gesetzlich festgelegte Mindestlohn beläuft sich auf 1.500 Taka (entspricht 12,40 Euro; durchschnittlicher Umrechnungskurs der Bundesbank für Ende Juli 2023: 1 Euro = 121,01 Taka) pro Monat. Daneben gelten für 42 Branchen und Industriezweige individuelle Mindestlöhne für Arbeiter und Angestellte. Diese sind zum Teil völlig veraltet und eignen sich kaum als Orientierung für Unternehmen. Das Minimum Wages Board hat für einige Branchen eine Überarbeitung der gesetzlich festgesetzten Mindestlöhne angekündigt. In der aus deutscher Sicht wichtigsten Branche, der Bekleidungsindustrie, beträgt der monatliche Mindestlohn seit 2018 für Arbeiter (worker) 8.000 Taka und für Angestellte (employee) 8.375 Taka.

    In Gerbereien ist der Mindestlohn mit 12.800 Taka für beide Beschäftigungsgruppen deutlich höher. In der Lederindustrie wurde er 2020 auf 7.100 Taka für Arbeiter und 8.525 Taka für Angestellte festgelegt. In der Garnelenzucht und -verarbeitung beträgt er seit 2022 für Arbeiter 6.700 Taka und für Angestellte 7.548 Taka pro Monat. Der Mindestlohn setzt sich aus bis zu fünf Einzelkomponenten zusammen: Grundgehalt (basic salary), Mietzuschuss (house rent allowance), Zuschuss zu medizinischer Versorgung (medical allowance), Fahrtkostenzuschuss (commute allowance) und Essenszuschuss (food ration allowance).

    Einer Untersuchung der Nichtregierungsorganisation Global Living Wage Coalition zufolge müsste eine Arbeiterin in einer Bekleidungsfabrik in Dhaka mindestens 23.254 Taka und in der Region um die Hauptstadt mindestens 19.255 Taka im Monat verdienen, um einen menschenwürdigen Lebensstandard halten zu können. Die aktuell geltenden Mindestlöhne liegen deutlich darunter.

    Der Mindestlohn wird in Bangladesch nicht im Rahmen von Tarifverhandlungen, sondern durch das zuständige Minimum Wages Board angepasst. Da der Mindestlohn nicht an die Inflation angeglichen wird, führt dies zu Reallohneinbußen. Viele Unternehmen bezahlen ihre Arbeiter unter dem Mindestlohn für ihre Branche. Zudem werden Beschäftigte häufig nicht von ihren Arbeitgebern über den geltenden Mindestlohn und Anpassungen des Mindestlohns informiert.

    Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite Existenzsichernde Löhne eingesehen werden.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Neben einer allgemeinen Verpflichtung, dass die Löhne mit dem nationalen Recht im Einklang stehen, sollten Unternehmen gegebenenfalls Maßnahmen zur Erkennung von Risikofaktoren für die Nichteinhaltung von Lohngesetzen ergreifen. Zusätzlich zur Einhaltung nationaler Lohngesetze müssen Unternehmen prüfen, ob die Arbeitskräfte ausreichend über ihre Löhne informiert und ob die Löhne und Überstunden gemäß Vertrag und pünktlich gezahlt werden. Auch ist zu klären, ob eventuelle Gehaltsabzüge angemessen sind und im Einklang mit nationalem Recht stehen und ob der gesetzlich zustehende bezahlte Urlaub auch tatsächlich vom Arbeitgeber gewährt wird.

    Die Global Living Wage Coalition rät, die Differenz zwischen den vorherrschenden Löhnen und den existenzsichernden Löhnen nicht nur durch Lohnerhöhungen, sondern zum Beispiel auch durch den kostenlosen Transport zum Arbeitsplatz, betriebliche Kinderbetreuungseinrichtungen oder eine verbesserte Gesundheitsversorgung in den Werkskliniken zu verringern.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseiten Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Unterstützungsangebot zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Bangladesch unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Gesetz fordert bei Feststellung eines Risikos die Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer (§ 6 LkSG).

    Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

    Zu den Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich gehören die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung sowie Maßnahmen, die auf der darin enthaltenen Menschenrechtsstrategie entsprechend aufbauen, darunter:

    • Die Formulierung interner Verhaltensvorschriften wie Richtlinien und Verhaltenskodizes (Code of Conduct) für die einzelnen, für das Risikomanagement relevanten Geschäftsfelder und -abläufe sind dabei zu empfehlen. Der Code of Conduct als strategisches Element für nachhaltige Lieferketten | AWE Blog (wirtschaft-entwicklung.de). Darin soll das Unternehmen die menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen festlegen, die an die Beschäftigten, Vertragspartner und mittelbare Zulieferer gestellt werden. Zudem kann die Entwicklung von entsprechender Verhaltenskodizes für Vertragspartner und potentielle Vertragspartner als Grundlage für Vertragsverhandlungen und zur Vertragsausgestaltung verwendet werden, so die Gesetzesbegründung zum LkSG: Drucksache 19/28649 (bundestag.de).
    • Des Weiteren gehört die Entwicklung und Verankerung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken zu den zu verankernden Präventionsmaßnahmen. Diese sollten Richtlinien für die einzelnen Beschaffungsschritte festlegen und nachhaltig, transparent sowie risikomindernd ausgestaltet sein. Einen Leitfaden zur Ausgestaltung eines nachhaltigen Einkaufs bietet der ISO-Standard 20400 der Internationalen Organisation für Normung ISO 20400:2017 - Sustainable procurement — Guidance.
    • Die Durchführung von Mitarbeiterschulungen in den relevanten Geschäftsbereichen sieht das Gesetz ebenso vor wie die Durchführung risikobasierter Kontrollen, um die Wirksamkeit der verankerten Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich zu überprüfen.

    Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Neben der Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sieht das Gesetz auch eine Reihe von Maßnahmen mit Hinblick auf unmittelbare Zulieferer vor (§ 6 Abs. 4 LkSG):

    • Bereits bei Auswahl eines Lieferanten sind menschenrechts- und umweltbezogener Erwartungen zu berücksichtigen, das heißt sie sollen in die Lieferantenbewertung mit einfließen. Dies kann unter Zuhilfenahme von Eigenauskünften des jeweiligen Zulieferers, Befragungen oder eigener durchgeführter Prüfungen erfolgen.
    • Branchenspezifische Zertifizierungen oder Siegel können dabei eine wichtige Orientierung geben, sind aber als alleinige Entscheidungsgrundlage nur bedingt aussagekräftig. Im Standards-Kompass vom Helpdesk  Wirtschaft und Menschenrechte sind zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) und teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) recherchierbar:
      • Zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) überprüfen und attestieren die Einhaltung der vom Standard definierten Anforderungen an Produkte (zum Beispiel Baumwolle), Prozesse, Dienstleistungen, Standorte (zum Beispiel Fabriken), das gesamte Unternehmen oder die Lieferkette (chain-of-custody). 
      • Teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) fördern den Austausch, die gemeinsame Umsetzung von Projekten oder den Aufbau von Kapazitäten im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette. Als Mitgliedsinitiativen setzen sie die aktive Beteiligung von Unternehmen und anderen Akteursgruppen voraus (zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Regierungen und Wissenschaft). Mitglieder verpflichten sich in der Regel zur Einhaltung von bestimmten Anforderungen oder eines Verhaltenskodexes. Die konkrete Umsetzung der Anforderungen liegt weitestgehend bei den Mitgliedsunternehmen und wird nicht zwingend durch einen standardisierten Mechanismus geprüft.  
    • Als weitere Maßnahme sieht das Gesetz die vertragliche Zusicherung seitens des Zulieferers bezüglich der Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen dahingehend vor, dass der Zulieferer die seitens des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einhält und wiederum entlang der Lieferkette angemessen adressiert. Hier bietet sich die Entwicklung eines Verhaltenskodex für Lieferanten (Lieferantenkodex) an. Bei der vertraglichen Ausgestaltung soll zudem sichergestellt werden, dass die menschenrechtsbezogenen Erwartungen auch in der weiteren Lieferkette etwa durch die Verwendung von Weitergabeklauseln sichergestellt wird. Dadurch wird der direkte Lieferant verpflichtet, den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen Vertragspartnern durchzusetzen. Die IHK München bietet einen Mustertext für einen Verhaltenskodex für Lieferanten an: Merkblatt_Verhaltenskodex-fuer-Lieferanten_Stand-20211118.pdf (ihk-muenchen.de). Die American Bar Association (US-amerikanische Anwaltskammer) stellt zudem entsprechende Musterklauseln für Verträge zur Verfügung: Contractual Clauses Project (americanbar.org).
    • Zudem sind Schulungen und Weiterbildungen sowie regelmäßige Audits bei Lieferanten durchzuführen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Diese Kontrollen können dabei selber durchgeführt oder Dritte damit beauftragt werden. Dabei können auch anerkannte Zertifizierungs- oder/und Audit-Systeme in Anspruch genommen werden. Unternehmen werden dadurch laut Gesetzesbegründung jedoch nicht von ihrer Verantwortung entbunden.

    Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht (§ 7 Abs. 1 LkSG). Dabei sollen die Abhilfemaßnahmen zu einer Beendigung führen, im eigenen Geschäftsbereich müssen die Maßnahmen in der Regel zu einer Beendigung führen.

    • Bei eingetretenen oder drohenden Verletzungen im Geschäftsbereich des unmittelbaren Zulieferers ist ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung zu erstellen, das einen konkreten Zeitplan enthält. Dabei kann auch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmern in Rahmen von Brancheninitiativen hilfreich sein. Zudem sollte ein Aussetzen der geschäftlichen Beziehungen während der Bemühungen zur Risikominimierung in Betracht gezogen werden.
    • Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist nur als letztes Mittel geboten, wenn der Verstoß oder die Verletzung sehr schwerwiegend ist, die Versuche zur Minimierung gescheitert sind, kein milderes Mittel zur Verfügung steht und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint.
    Unterstützungsangebote von Organisationen

    Für die Erstellung der LkSG-Umsetzungshilfen Risikoanalyse wurden unter anderem folgende Informationsquellen genutzt: Studien und Rankings internationaler Organisationen (ILO, UNDP,  UN Comtrade, Internationaler Gewerkschaftsbund etc.), nationale Statistikämter,  Arbeitsministerien, Gewerkschaften, nationale Gesetzestexte, Statistisches Bundesamt, Bundesbank, US-amerikanische Behörden, CSR Risiko-Check und Pressemeldungen. Darüber hinaus beruhen die Risikoeinschätzungen auf Interviews mit lokal tätigen Stakeholdern, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden sowie mit lokalen Branchenexperten und Consultants.

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