Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Belgien | Solarenergie

Marktchancen

Ende 2020 waren in Belgien 526.000 Fotovoltaikanlagen am Netz. Davon waren 98 Prozent kleine Dachanlagen mit bis zu 10 Kilowatt. Es gibt jedoch immer mehr große Gigawattprojekte.

Von Torsten Pauly | Berlin

Auf der Nordsee entsteht ein schwimmender Fotovoltaikpark

Große Solarstromanlagen werden meist auf Flachdächern oder auf dem Wasser installiert, da es in Belgien wegen der hohen Siedlungsdichte an freien Böden mangelt. Im Jahr 2019 lebten in Belgien 377 Menschen auf einem Quadratkilometer zusammen. Im EU-Schnitt waren es nur 109 Personen und in Deutschland 235 Einwohner. So wird das Start-up Skysun in Anderlecht im Raum Brüssel auf einer alten Markthalle aus dem 19. Jahrhundert auf 1,2 Hektar 5.800 Solarmodule mit einer Kapazität von 2 Megawatt errichten.

Sogar 28.000 Fotovoltaikpaneele sieht das Projekt Solar vor. Hierfür sind 100.000 Quadratmeter an Dachfläche nötig. Dies realisiert der Investor Redeveco, indem er nicht nur eigene Handelsobjekte nutzt, sondern auch Kooperationen mit anderen Unternehmen eingeht, unter anderem mit Carrefour, C&A, der Baumarktkette Brico, dem Elektro- und Elektronikhändler Krefel und den Kfz-Werkstätten von Auto5.

Einen Fotovoltaikpark mit einer Leistung von 3 Gigawatt wird der niederländische Investor Oceans of Energy in der belgischen Nordsee einrichten. Das Projekt wird einen Standort bei einem Windpark haben. Die Stromgestehungskosten werden bei 15 Eurocent pro Kilowattstunde liegen und Oceans of Energy hält eine Reduzierung auf 5 Eurocent für möglich. Das Projekt wird vom EU-Programm SCORES gefördert.

Bereits 2020 ist auch ein schwimmender Fotovoltaikpark in der Provinz Antwerpen ans Netz gegangen. Dieser kann mit 17.250 Paneelen 7 Gigawattstunden Strom pro Jahr erzeugen.

Hohe Strompreise machen viele Haushalte zu Prosumern

Die Stromkosten sind für belgische Haushalte sehr hoch, mussten diese doch bei einem Jahresverbrauch von 2.500 Kilowattstunden bis 5.000 Kilowattstunden im 2. Halbjahr 2020 im Mittel 26,6 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt für eine Kilowattstunde bezahlen. Daher sind viele Haushalte sogenannte Prosumer, die Strom als eigener Produzent selber konsumieren. Dies ist ein wichtiger Grund, warum sich in Belgien bereits über 500.000 kleine Fotovoltaikanlagen mit bis zu 10 Kilowatt Leistung verkauft haben. Allerdings gibt es bei den Strompreisen für Endverbraucher in Belgien auch regionale Unterschiede, da die jeweiligen Abgaben variieren.

Für die Vergabe von grünen Zertifikaten ist in Wallonien und Flandern die Stromübertragungsgesellschaft Elia zuständig. Diese beauftragt für Auktionen mitunter andere Anbieter. So organisiert das Unternehmen Solar Chest deren Durchführung 2021 in Wallonien. In der Hauptstadtregion Brüssel erteilt die öffentliche Agentur Brugel grüne Zertifikate. In ganz Belgien gilt ein Mindestpreis von 65 Euro je Zertifikat. Informationen hierzu finden sich auf der Homepage von Elia.

Atomausstieg und Umweltpolitik erfordern raschen Zubau

Belgien hat einen veralteten Energiemix und ist daher nach wie vor in hohem Maße von herkömmlichen Brennstoffen und Einfuhren abhängig. Im Jahr 2019 hatte Belgien einen Nettoenergieimport von 50 Millionen Tonnen an Rohöläquivalenten. Das war das 3,1-fache der gesamten inländischen Erzeugung. Das Land muss daher stark in die Nutzung von Solar- und anderen erneuerbaren Energien investieren.

Die für 2025 geplante Abschaltung aller Atommeiler verschärft das Versorgungsproblem noch, denn Nuklearstrom hat 2019 etwa 71 Prozent zur gesamten inländischen Stromerzeugung beigetragen. Mangelnde Produktionsalternativen sind auch der Grund dafür, dass der AKW-Betreiber Energie Electrabel S.A., der zum französischen Engie-Konzern gehört, alte Reaktoren mit einer Gesamtkapazität von 1,8 Gigawatt trotz wiederholter Pannen bisher nicht wie vorgesehen endgültig abgeschaltet hat.

Auch verkehrs- und umweltpolitische Maßnahmen fördern indirekt Fotovoltaikinvestitionen von Haushalten, da sie starke Anreize für Elektrofahrzeuge schaffen. Bereits seit einiger Zeit haben Brüssel, Antwerpen, Gent, Namur und Eupen für Verbrennungsmotoren gesperrte Umweltzonen eingerichtet. Weitere Städte wie Mechelen oder die Region Wallonien wollen folgen. Auch die Maut auf Autobahnen und im Raum Brüssel entfällt für Elektrofahrzeuge. Zudem setzen alle in Belgien ansässigen Fahrzeugbauer auf erneuerbare Antriebe.

Unternehmen investieren in eigene Stromversorgung

Für gewerbliche Kunden mit einem Jahresverbrauch von 2.000 Megawattstunden bis 20.000 Megawattstunden entsprach der Strompreis im 2. Halbjahr 2020 exakt dem EU-Mittelwert. Viele Unternehmen im Sekundär- und Tertiärsektor investieren in ihre eigene Stromversorgung und kommen daher als Großabnehmer von Fotovoltaikanlagen in Betracht. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass insbesondere große Industriebetriebe Windrotoren bevorzugen, da sie weniger Platz beanspruchen und dank der vielerorts hervorragenden natürlichen Bedingungen auch sehr viel leistungsfähiger sind. Auch an Windparks gekoppelte große Wasserstoffprojekte erscheinen oftmals lukrativer als Fotovoltaikparks. Hierfür sieht Belgien im 2021 aufgelegten Nationalen Aufbau- und Resilienzplan zur Überwindung der Coronakrise auch spezielle Förderprogramme vor.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.