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Branchen | Botsuana | Berufliche Bildung

Qualifikation ist Schlüssel zur Entwicklung

Bergbau und Tourismus sind die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg Botsuanas. Für den Aufbau weiterer Branchen benötigt das Land mehr qualifizierte Fachkräfte.

Von Marcus Knupp | Gaborone

Die Preis- und Nachfrageschwankungen bei Rohstoffen und das Ausbleiben ausländischer Besucher während der Coronakrise haben einmal mehr vor Augen geführt, wie anfällig das Wirtschaftsmodell Botsuanas für externe Schocks ist. Die Diversifizierung der Wirtschaft und eine höhere inländische Wertschöpfung stehen schon länger auf der Agenda der Regierung in Gaborone. Berufliche Qualifizierung ist daher sehr gefragt. 

Auch der Bergbau ist auf Fortbildung angewiesen. Je mehr Wartungsarbeiten oder Reparaturen an Maschinen und Lastwagen von lokalen Fachkräften durchgeführt werden können, desto besser kann der Betrieb ohne ausländische Hilfe in Gang gehalten werden. Landesweit bilden sechs Bergwerke in Trainingszentren an den Minen deshalb selbst aus. Auch Maschinenlieferanten greifen auf diese Fachkräfte zurück. Für den Aufbau neuer Industrie- oder Dienstleistungszweige müssen entsprechende Berufsfelder zum Teil aber erst etabliert werden.

Equipment allein reicht nicht

Experten in Afrika kennen die wiederkehrende Geschichte: Im Rahmen von Industriekooperationen und Entwicklungsprojekten fließt viel Geld in Produktionsanlagen. Die neuen Maschinen stehen aber nach kurzer Zeit still, weil sie nicht richtig gewartet werden oder ein Ersatzteil fehlt. Im Extremfall kommen sie gar nicht zum Einsatz und verstauben in der Originalverpackung.

Ausgebildete Maschinenschlosser, Fachleute für Hydraulik oder Anlagenelektroniker fehlen fast überall. Große Unternehmen können zwar ihre eigenen Trainingszentren unterhalten, ein qualifizierter Mittelstand kann sich so jedoch nur schwer entwickeln. Allgemein herrscht wenig Erfahrung mit betrieblicher Ausbildung. Viele Unternehmen erwarten, dass der Staat ihnen fertig ausgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung stellt. Den Absolventen staatlicher Berufsschulen fehlt in der Regel aber die praktische Erfahrung.

Afrika in der Hochschulfalle

Grundsätzlich genießen handwerkliche und technische Berufe in Afrika kein besonders hohes Ansehen. Wer es sich leisten kann, geht auf die Universität. Sozialwissenschaftler und Verwaltungsfachleute hoffen auf einen Bürojob im öffentlichen Sektor. Die Unternehmen finden hingegen oft nicht das Personal, das sie brauchen. 

Gute Beispiele können hier ein Umdenken befördern. Die Arbeit mit modernem Equipment in einem sauberen Labor verleiht auch technischen Berufen ein erstrebenswertes Image. Der erfolgreiche Übergang von der Ausbildung in eine gutbezahlte Anstellung in der Industrie trägt vielleicht noch stärker dazu bei. Grundvoraussetzung sind natürlich entsprechende Einrichtungen zur beruflichen Bildung und ihre adäquate Ausstattung. Einen neuen Weg geht die Botswana Open University. Die 2017 gegründete Lehranstalt konzentriert sich auf Online-Unterricht. Das Spektrum reicht von Schulunterricht für entlegene Gebiete bis zu berufsbegleitenden Kursen.

Das Problem ist erkannt

Produktion auf hohem Niveau erfordert qualifiziertes Personal. Nicht überraschend ist es daher, dass Bergbauunternehmen wie der Diamantenförderer Debswana oder die Chamber of Mines in der vorderen Reihe stehen, wenn es um die berufliche Bildung geht. Die Bergbaukammer arbeitet mit zwei technischen Colleges in Gaborone und Francistown zusammen. Sie ist auch der Kooperationspartner des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) beim Aufbau eines Berufsbildungszentrums in der botsuanischen Hauptstadt.

Öffentliche Bildungsinstitutionen haben den Bedarf an mehr praktischen Kenntnissen erkannt. Als neue Hochschule soll zum Beispiel die Botswana International University for Science and Technology (BIUST) in Palapye die Zahl der Absolventen in technischen Berufen erhöhen. Auf dem sehr weitläufigen Campus will die Direktion außerdem Unternehmen ansiedeln und Start-ups Raum geben, um eine enge Verzahnung von Theorie und Praxis zu erreichen.

Andere Einrichtungen wie die Botswana University of Agriculture and Natural Resources (BUAN) sind aus einfachen Berufscolleges hervorgegangen. Oft fehlt es jedoch noch an moderner Ausrüstung, ohne die eine technische Schulung wenig Sinn ergibt. Ein weiterer Engpassfaktor, den mehrere Verantwortliche nennen, sind ausreichend qualifizierte Ausbilder.

Knowhow aus Deutschland

Die Zusammenarbeit des VDMA mit der Chamber of Mines zeigt, wie eine Lösung aussehen kann. Am Ausbildungszentrum der Bauindustrie (Construction Industry Training Centre, CITF) findet in neu eingerichteten Räumen die Aus- und Fortbildung in Steuerungstechnik, Hydraulik und Mechatronik nach deutschem Standard statt. In den Werkstätten stehen Geräte und Maschinen, die VDMA-Mitglieder zur Verfügung gestellt haben. Einarbeitung und Training der Ausbilder übernehmen zunächst Experten aus Deutschland. Die Leitung des CITF strebt eine Ausweitung der Aus- und Fortbildung auf insgesamt 14 Standorte im ganzen Land an. Die Ausbildungszentren sollen sich als "Rapid Skills Development Centres" auf regional besonders nachgefragte Berufe konzentrieren.

Auch in anderen Einrichtungen in Botsuana, wie dem gut ausgestatteten Francistown College of Technical and Vocational Education (FCTVE), kommen in der Lehre bereits Geräte von Anbietern wie Festo, Gunt oder Lucas-Nülle zum Einsatz. Zum Teil müssten diese noch auf den neuesten Stand gebracht werden. Die Auslastung des 2008 eröffneten College ist mit rund 500 Studierenden auf 90 Lehrkräfte bisher nur gering. Von zentraler Bedeutung sind die Fortentwicklung der Curricula und vor allem die entsprechende Qualifikation der Lehrkräfte.

Geduld ist gefragt

All das erfordert Zeit. Bildungsstätten müssen konzipiert und eingerichtet werden. Ausbilder brauchen ein gründliches Training. Lehrpläne und Prüfungsordnungen müssen abgefasst und beschlossen werden. In vielen Einrichtungen der beruflichen Bildung sind öffentliche Stellen beteiligt. In Botsuana können sich die Entscheidungswege durch längere Diskussionen und Abwägungen in die Länge ziehen. Anbieter sollten daher einen ausreichend langen Atem mitbringen und Schritt für Schritt vorgehen.


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