Mehr zu:
Land- und ForstwirtschaftBranchen
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Branchen I Usbekistan I Landwirtschaft
Usbekistan setzt auf massiven Ausbau der Sparten Obst und Gemüse sowie Viehzucht in Clustern. Der Baumwoll- und Getreideanbau soll deutlich effizienter werden.
24.02.2021
Usbekistans Wirtschaft ist stark agrarisch geprägt. Die Agrarproduktion steht für 27,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (2019). Im Wirtschaftszweig sind 3,7 Millionen Beschäftigte beziehungsweise 27 Prozent aller beschäftigten Personen tätig.
Hohe 70 Prozent davon sind dem informellen Sektor zuzuordnen. Bei diesen Personen handelt es um Familienangehörige, die in den privaten Hofland- beziehungsweise Nebenwirtschaften (einzelbäuerlichen „Betrieben“) oder in größeren Farmerwirtschaften mithelfen.
Es gibt in Usbekistan keinen privaten Landbesitz. Land kann nicht verkauft, getauscht oder verschenkt werden. Die agrarischen Erzeuger können landwirtschaftliche Nutzflächen nur langfristig pachten. Die Pachtverträge sind durch Vererbung oder Übergabe an Familienmitglieder oder nahe Verwandte übertragbar.
Große agrarische Erzeuger, die Farmerwirtschaften, dominieren die Baumwolle- und Getreideproduktion und stehen für jeweils zwei Fünftel der Erzeugung von Obst und Beeren, Melonen und Wein sowie etwa 30 Prozent der Produktion von Gemüse (Angaben für 2020). Sie bewirtschaften etwa 85 Prozent aller Ackerflächen in Usbekistan.
Die kleinen Bauernwirtschaften (private Hof- oder Nebenwirtschaften) sind die Haupterzeuger von Kartoffeln (Anteil am Gesamtaufkommen: 82 Prozent), Gemüse (66 Prozent), Obst und Beeren (57 Prozent) sowie Wein (55 Prozent).
Die tierische Erzeugung konzentriert sich stark auf die kleinen Bauernwirtschaften. Diese sind an der Fleischproduktion mit 90 Prozent, am Milchaufkommen mit 94 Prozent und an der Eierproduktion mit 58 Prozent beteiligt. Die Kleinbauern dürfen maximal 0,35 Hektar bewässerte Böden, 0,5 Hektar nicht bewässerten Acker beziehungsweise 1,0 Hektar nicht bewässerte Flächen in der Steppe bewirtschaften. Im Schnitt bearbeiten sie nur 0,15 Hektar Land, darunter 0,12 Hektar bewässertes Land.
Landwirtschaftliche Betriebe spielen in der Pflanzen- und Tierproduktion eine (noch) untergeordnete Rolle. Die offiziellen Zahlen über das Gewicht der einzelnen Wirtschaftssubjekte an der Agrarproduktion sind mit Vorsicht zu betrachten. Sie basieren auf Schätzungen und zudem auf verzerrten Preisstrukturen für die bislang staatlich regulierte Baumwoll- und Getreidewirtschaft.
Wirtschaftssubjekt | 2018 | 2019 | 2020 |
Agrarsektor, insgesamt | |||
Farmerwirtschaften | 26,0 | 27,9 | 27,8 |
Kleinbauern | 71,2 | 68,3 | 68,0 |
Organisationen/Betriebe | 2,8 | 3,8 | 4,2 |
Pflanzenzucht | |||
Farmerwirtschaften | 45,3 | 49,2 | 50,9 |
Kleinbauern | 52,2 | 46,8 | 44,1 |
Organisationen/Betriebe | 2,5 | 4,0 | 5,0 |
Tierzucht | |||
Farmerwirtschaften | 4,6 | 5,1 | 5,1 |
Kleinbauern | 92,3 | 91,2 | 91,4 |
Organisationen/Betriebe | 3,1 | 3,7 | 3,5 |
Die Strukturen der Landwirtschaft befinden sich seit 2018 in einem stetig an Dynamik zunehmenden Wandel hin zur Schaffung eines Netzes von kompletten Wertschöpfungsketten. Von diesem Wirtschaftsmodell erhofft sich die Regierung große Effizienzgewinne und einen kräftigen Schub für das Exportgeschäft.
Die Anzahl der bereits errichteten oder sich im Aufbau befinden Cluster in der Pflanzenproduktion expandierte bis Anfang 2020 auf etwa 350. An einer ganzen Reihe dieser Projekte sind ausländische Investoren beteiligt.
Die 97 Baumwoll-Textil-Cluster stehen heute für rund 90 Prozent des Anbaus von Rohbaumwolle (2020: 927.000 Hektar, 2,8 Millionen Tonnen). Die Textilbetriebe (Cluster-Organisatoren) schließen Partnerverträge mit den Baumwollfarmen ab oder pachten Ackerland direkt beim Staat.
Die übrige Baumwollanbaufläche und -ernte (107.000 Hektar, 0,3 Millionen Tonnen) entfällt auf Kooperativen, die auf der Basis lokaler Entkörnungsbetriebe gegründet wurden und somit direkt an deren Absatz beteiligt sind. Der Mechanisierungsgrad in der Baumwollproduktion ist noch sehr gering (2019: 5 Prozent), soll aber in den nächsten Jahren kräftig steigen.
Kennziffer | 2020 | Veränderung 2020/2019 |
Einwohner (1.1.2021; in Mio.) | 34,6 | 1,9 1) |
Ackerfläche (1.1.2021; in 1.000 ha) | 3.373,1 | 1,9 1) |
Landwirtschaftliche Produktion (in Mrd. US$) | 24,8 | 2,8 2) |
Pflanzenzucht | 12,3 | 3,4 2) |
Tierzucht | 12,5 | 2,1 2) |
Pflanzenproduktion (in 1.000 t) | ||
Getreide und Hülsenfrüchte | 7.566,6 | 1,7 |
Weizen | 6.016,3 | -1,3 |
Rohbaumwolle | 3.082,0 | 8,3 |
Gemüse | 10.459,5 | 2,4 |
Kartoffeln | 3.143,5 | 1,7 |
Obst und Beeren | 2.864,0 | 4,0 |
Speisemelonen | 2.134,4 | 4,0 |
Wein | 1.639,2 | 2,2 |
Tierproduktion (in 1.000 t) | ||
Fleisch, Lebendgewicht | 2.526,7 | 2,1 |
Geflügel | 213,2 | 3,9 |
Vollmilch | 11.009,9 | 2,8 |
Eier (in Mio. St.) | 7.825,0 | 0,7 |
Honig (in t) | 13.520,4 | 4,0 |
Geschorene Wolle (in t) | 35.520,4 | 1,5 |
Karakulfelle (in 1.000 St.) | 1.151,4 | 0,1 |
Kokons (in t) | 20.941,9 | -0,2 |
Tierbestand (1.1.2021, in 1.000 Stück) | ||
Rinder | 13.188,7 | 1,8 |
Milchkühe | 4.744,3 | 1,7 |
Schafe und Ziegen | 22.498,6 | 2,7 |
Geflügel | 90.131,8 | 2,6 |
In der Produktion und Verarbeitung von Obst, Gemüse, Melonen und Wein gibt es heute 149, in der Sparte Getreide 65 und für den Anbau und die Verarbeitung von Reis 35 Cluster oder gestartete Cluster-Projekte. Sieben solche Wertschöpfungsketten befinden sich auch in der Produktgruppe Heilpflanzen im Aufbau. Eine weitere Initiative sieht eine kräftige Ausweitung der Anbauflächen für Zitrusfrüchte vor.
Die wenigen vorhandenen Produktions- und Verarbeitungskomplexe, darunter vor allem in der Vergangenheit monopolistischen Unternehmen wie Agro Mir Group oder GDL Agricultural Holding (Obst/Gemüse), müssen sich jetzt auf massive Konkurrenz einstellen.
Die Produktion von Obst und Gemüse will das Land in den nächsten Jahren besonders stark ausbauen. Ackerböden, die für den bislang favorisierten Anbau von Baumwolle und Getreide weniger geeignet sind, sollen künftig für den Gartenbau und den Anbau anderer mehr einträglicher Kulturpflanzen genutzt werden.
In der Provinz Taschkent entsteht in den Jahren 2020 bis 2023 auch ein erstes großes Cluster für die Produktion und Verarbeitung von Kartoffeln. Die fünf beteiligten Unternehmen investieren 23 Millionen US-Dollar in das Projekt. Sie importieren Kartoffelsamen aus Russland, Kasachstan und den Niederlanden. Hauptimporteure sind die Unternehmen Bananza Trade Export MChJ, Baxtiyor Ideal Biznes MChJ und Shukrona Afro Fayz MChJ. Weitere größere Kartoffel-Cluster befinden sich in der Pipeline.
Die Cluster-Initiative hält auch Einzug in der Viehzucht. Der Mitte 2019 beschlossene Auf- und Ausbau des Fleisch- und Milchclusters Jizzax Organic in der Provinz Jizzax (Dschissach) gilt als Pilotprojekt. Zu Jahresbeginn 2021 zählte der Tierbestand von Jizzax Organic rund 5.000 Tiere der Fleischrinderrassen Angus und Hereford. Die 2021 und 2022 geplanten Investition summieren sich auf etwa 80 Millionen US-Dollar, nach bisher schon realisierten 70 Millionen US-Dollar.
Im Laufe des Jahres 2021 starten in allen für die Karakulzucht geeigneten Landkreisen Usbekistan Cluster-Projekte für die Zucht und Schlachtung von Karakulschafen sowie die Verarbeitung von Wolle, Leder, Milch und Fleisch. Der Bestand von Karakulschafen soll bis 2025 auf 9,6 Millionen Stück gegenüber heute 6,3 Millionen Stück (Prognose für 2021) steigen.
Dieser Beitrag gehört zu: