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Branchen | Brasilien | Analysen-, Bio- und Labortechnik

Nachfrageimpulse auf breiter Front

Brasiliens Bedarf an Labortechnik steigt – getragen vom Wachstum in Sektoren wie Pharma, Agrobusiness und der Wasserwirtschaft. Auch der Gesundheitssektor erholt sich.

Von Gloria Rose | São Paulo

Aufgrund der Größe und der vielfältigen Abnehmerstruktur ist Brasilien ein sehr interessanter Markt für die Laborindustrie. Deutschland ist nach den USA der zweitwichtigste Zulieferer. 

Hohe Dynamik in der Gesundheitswirtschaft

Die Alterung der brasilianischen Bevölkerung beschleunigt sich. Im Jahr 2017 prognostizierte das Institut IESS daher eine Verdopplung der diagnostischen Untersuchungen bis 2030. Nach dem Einbruch in der Coronakrise erreicht die Zahl der Untersuchungen aber nur allmählich das Vorkrisenniveau. Das öffentliche Gesundheitswesen Sistema Único de Saúde (SUS) versorgt etwa drei Viertel der Bevölkerung, kommt aber nur für rund die Hälfte der Untersuchungen auf.

Landesweit stehen der Bevölkerung etwa 12.000 Labore und 6.000 Bilddiagnosezentren zur Verfügung. Der Konsolidierungsprozess unter den privaten Einrichtungen hat sich in der Coronakrise verschärft. Ende Juni 2022 gab die Gruppe Fleury bekannt, den Mitbewerber Hermes Pardini übernehmen zu wollen. Im August 2022 stimmten die Aktionäre beider Unternehmen dem Kauf zu, den die Wettbewerbsaufsicht CADE allerdings noch genehmigen muss.

Neben Fleury expandieren auch andere große Diagnostikketten wie Dasa, Alliar, Sabin und Cura aber auch die Klinikkette Rede D'Or und Rede Mater Dei sowie renommierte Krankenhäuser wie Hospital Sírio-Libanês, Hcor, Albert Einstein und Oswaldo Cruz. Durch die Investitionen wollen die Marktführer Gesundheitsleistungen vertikal integrieren und über digitale Technologien effizienter anbieten.

Brasiliens Pharmaindustrie soll mehr Wirkstoffe produzieren

Ein hoher Bedarf an Labortechnik besteht auch im Pharmasektor. Brasilien ist der weltweit achtgrößte Pharmamarkt und könnte in den kommenden Jahren Italien und das Vereinigte Königreich überholen, so das Marktforschungsinstitut IQVIA. In keinem anderen Industriesektor Brasiliens sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) von 2016 bis 2019 so stark gestiegen wie in der Pharmaindustrie. Die lokalen Hersteller Hypera Pharma, Cristália, Eurofarma, Blau Farmacêutica und Blanver expandieren. Zudem erweitern auch die öffentlichen Institute Butantan und Fiocruz ihre Struktur. In Rio de Janeiro errichtet das Institut Fiocruz Bio-Manguinhos mit dem Complexo Industrial de Biotecnologia em Saúde (Cibs) den größte Biotechnologiekomplex Lateinamerikas.

Störungen in den Lieferketten rückten in der Coronakrise auch in Brasilien die hohe Importabhängigkeit bei Wirkstoffen ins Rampenlicht der Politik. Etwa 95 Prozent dieser Vorprodukte muss das Land importieren. Förderanreize zum Ausbau der lokalen Produktion werden diskutiert, und dem Kongress liegen verschiedene Gesetzesvorschläge vor. Konkrete Maßnahmen wurden aber noch nicht verabschiedet.

Stabiles Wachstum in verschiedenen Abnehmerbranchen

Wichtige Abnehmer der Laborbranche sind auch die Landwirtschaft, die Nahrungsmittelindustrie und der Bergbau. In diesen Bereichen zählt Brasilien zu den führenden Playern weltweit. In der Landwirtschaft feiert Brasilien große Erfolge durch die hervorragenden natürlichen Bedingungen, aber auch aufgrund von Forschung und Entwicklung, die auch das staatliche Forschungsinstitut Embrapa und renommierte Fakultäten wie ESALQ der Universität São Paulo vorantreiben. Beim Trend zu Smart Farming spielt das Land ganz vorne mit. Um die Importabhängigkeit zu mindern, will Brasilien Anreize für die Düngemittelproduktion setzen.

Brasilien gehört zu den größten Exporteuren verarbeiteter Nahrungsmittel und baut den Handelsbilanzüberschuss von Jahr zu Jahr aus. Neben den Kontrollen zur Lebensmittelsicherheit gewinnen Nachweise einer nachhaltigen Produktion an Bedeutung. 

Auch für den Bergbau zeichnet sich ein stabiler Wachstumskurs ab. Bis 2026 dürfte der Sektor 40,4 Milliarden US-Dollar (US$) investieren, rund ein Zehntel davon in Nachhaltigkeit. Dies ergab eine aktuelle Studie von EY im Auftrag des brasilianischen Bergbauinstituts Ibram. Der Bergbaukonzern CBMM, ein bedeutender Produzent von Graphen und Niob, investiert in neue Anwendungsgebiete für seine Produkte beispielsweise in Batterien.

Privatisierung stimuliert den Ausbau der Wasser- und Abfallwirtschaft

Großer Bedarf an Analysen-, Bio- und Labortechnik besteht auch in der Wasser- und Abfallwirtschaft. Für Impulse sorgt dabei ein neuer Rechtsrahmen in der Wasserwirtschaft. Seit Inkrafttreten im Juli 2021 wurden 16 Projekte an private Betreiber vergeben. Dies macht den Weg frei für Investitionen in Höhe von insgesamt 14 Milliarden US$. Bis Ende 2023 werden laut Branchenverband ABCON weitere 28 Projekte vergeben.

Auch in der Abfallwirtschaft steigen die Investitionen, unter anderem in die ersten Müllverbrennungsanlagen des Landes.

Angesichts der steigenden Nachfrage aus der Wasserwirtschaft erweitert die Chlor-Alkali-Industrie bereits die Kapazitäten. In der Chemieindustrie ergeben sich zudem gute Aussichten für Biokraftstoffe. Bis 2035 soll sich die Produktion auf 65 Milliarden Liter verdreifachen. Schließlich gestaltet Brasilien seine Energiewende auch über den verstärkten Einsatz von Bioethanol und Biodiesel. Weitere Investitionen des Chemiesektors hängen allerdings von Industriefördermaßnahmen ab. 

Auch öffentliche Stellen tragen zur Marktnachfrage bei

In Brasilien obliegt der Behörde Anvisa die Aufsicht über die Trinkwasserqualität, Nahrungsmittel, Pharmazeutika und andere Produkte, die die menschliche Gesundheit betreffen. Die Gesundheitsaufsicht verwaltet ein Netzwerk, das sich über 27 bundesstaatliche Laboratorien - sogenannte Lacens, 5 städtische Einrichtungen und das nationale Institut INCQS organisiert. Zudem lässt die Regulierungsbehörde des Öl- und Gassektors ANP Qualitätskontrollen für Kraftstoffe durchführen.

Universitäten müssen sparen

Wissenschaftliche Forschung konzentriert sich auf staatliche Universitäten, die in Brasilien oftmals renommierter sind als private Hochschulen. In diesem Jahr müssen die Einrichtungen allerdings hohe Budgetkürzungen verkraften. Neuanschaffungen wurden weitestgehend gestrichen.

Vergabeverfahren für öffentliche Ausschreibungen
  • Anschaffungen durch staatliche Institute und Behörden unterliegen strengen Richtlinien.
  • Alle Ausschreibungen werden über das Portal Comprasnet veröffentlicht.
  • Um mitzubieten, müssen sich die Zulieferer in das digitale Händlerregister SICAF eintragen.


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