Schönheit und Wohlbefinden sind essentiell

Ebenso wie der Markt für Nahrungsmittel und Pharmazeutika wuchs auch der brasilianische Markt für Kosmetik und Körperpflege in der Pandemie. Laut dem Marktforschungsinstitut Euromonitor verzeichnete der Sektor an dem viertgrößten Markt weltweit eine Umsatzsteigerung um 4,7 Prozent, während der Umsatz in anderen großen Verbrauchermärkten wie in den USA (-2,5 Prozent), in Japan (-11,7 Prozent) und in Deutschland (-1,7 Prozent) zurückging. Unter den fünf Topmärkten legte nur China mit 7,2 Prozent stärker zu.

Hygiene- und Haarprodukte liegen im Trend

Zum Schutz vor einer Virustransmission steigerten die Haushalte in erster Linie den Verbrauch von Produkten zur persönlichen Hygiene, darunter Gel zur Händedesinfektion, Papiertücher und Seifen. Auch für Shampoos und Haarpflegeprodukte verzeichneten laut Euromonitor hohe Wachstumsraten. Darüber hinaus gewinnt die Hautpflege weiter stark an Bedeutung, sowohl für die Gesichtspflege als auch für die Körperpflege. Beide Wachstumstrends dürften sich auch 2021 fortsetzen. Allerdings verzeichneten die Hersteller laut Branchenverband Abihpec im 1. Quartal einen leichten Rückgang.

Infolge der Quarantänemaßnahmen schränkten die Friseur- und Kosmetiksalons ihre Aktivitäten ein. Dementsprechend ging auch der Absatz von Kosmetika und Haarfärbemitteln zurück. Marken mit einem guten Internetauftritt profitierten immerhin durch den Trend zum Onlinehandel. Die Umstellung von Logistik und Vertrieb konnten große Konzerne schneller meistern. Zudem sind einige Marktführer innovativer im Marketing. Zu den E-Commerce-Pionieren gehören die brasilianischen Konzerne Natura und Boticário sowie L'Oréal. Durch das Aufkommen von Onlinevertrieb und Versandlogistik bieten sich auch für deutsche Hersteller neue Möglichkeiten, die Verbraucher in Brasilien zu erreichen. 

Wechselkurs sorgt für Preisvorteile brasilianischer Produkte

Der Wegfall internationaler Reisen und die Verteuerung durch den Wechselkurs eröffnet neue Chancen für die Hersteller, die in Brasilien produzieren. L'Oréal beispielsweise setzt auf die Strategie, die Käufer von Importwaren für die eigenen lokal produzierten Produkte zu gewinnen. Unter den Marktsegmenten lässt sich der Trend zu nationalen Produkten besonders stark bei Parfüms beobachten, da hier brasilianische Fabrikanten in Innovation investieren und qualitativ hochwertige Alternativen anbieten. Laut Abihpec steigerten die Parfümhersteller ihren Umsatz 2020 um 8,4 Prozent. 

Ebenso wie für die brasilianische Pharmaindustrie sorgt der Wechselkurs für einen Anstieg der Produktionskosten, der nicht vollständig weitergegeben wird und somit die Margen beeinträchtigt. Auch die hohe Steuerlast besorgt die Industrie nach wie vor. Importierte Kosmetika werden jedoch von der Abwertung des brasilianischen Real noch härter getroffen. Erstmals seit 2010 verzeichnete Brasilien im vergangenen Jahr wieder einen Außenhandelsüberschuss für Kosmetik- und Hygieneprodukte. Dabei blieb das Exportvolumen der brasilianischen Hersteller an die 174 Abnehmerländer stabil. Kurzfristig ist nicht mit einem plötzlichen Anstieg der Warenausfuhren zu rechnen. Schließlich liegen die wichtigsten Exportmärkte der brasilianischen Kosmetikindustrie in Lateinamerika, das von der Pandemie hart getroffen wurde. 

Hersteller investieren nur vereinzelt in neue Projekte

Für deutsche Zulieferer von Vorprodukten, Verpackungen und Maschinen bleibt Brasilien ein interessanter Wachstumsmarkt. Da die Industrie sich jedoch weiterhin von dem Einbruch der Rezession 2015/16 erholt, zeichnen sich eher kleine Investitionsprojekte ab. Coty erweitert derzeit die Deodorantproduktion in Senador Canedo (Goiás). Floria Cosméticos verdoppelt seine Produktionskapazitäten in Itajaí (Santa Catarina). Brasiliens Markftführer für Hotelhygieneprodukte Harus investiert in einen neuen Produktionsstandort in Franca (São Paulo). P&G hat im Dezember 2020 eine umfangreiche Modernisierung der Fabrik in Seropédica (Rio de Janerio) abgeschlossen.

Innovation hat hohen Stellenwert

Aufgrund der ethnischen Vielfalt der Bevölkerung und der einzigartigen Biodiversität ist Brasilien ein bedeutender Standort für die Forschung. Nur in den USA und China bringen die Hersteller pro Jahr mehr Produkte auf den Markt. Das Wirtschaftsmagazin Valor Econômico zeichnete den Marktführer Natura als das innovativste Unternehmen Brasiliens aus. Die Gruppe Boticário lag in dem Ranking 2020 auf Platz 11. Das Umfeld für F&E soll zukünftig durch die Kooperation des Branchenverbands Abihpec mit der Gesellschaft für Forschung und industrielle Innovation EMBRAPII gestärkt werden. Das bereits positive Geschäftsumfeld regte 2020 ein Wachstum um 7 Prozent auf nun etwa 3.150 Unternehmen an. Im Bereich der Biokosmetik kommen immer mehr Jungunternehmen auf. Die Gruppe Hypera Pharma übernahm im Dezember 2020 das Start-up Simple Organic.