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Branchen | Chile | Bergbau und Rohstoffe

Der globale Lithiumkuchen wird jetzt verteilt

Die Lage auf dem Markt ist angespannt. Vor allem China sichert sich schon heute weltweit Reserven. Chile bietet großes Potenzial, der Ausbau der Förderung droht aber zu stocken.

Von Stefanie Schmitt | Santiago de Chile

Elektroautos, Handyakkus, Speicherbatterien - die weltweite Nachfrage nach Lithium steigt rasant. Bis 2030 soll der Bedarf an Lithiumkarbonat-Equivalent (LCE) auf circa 2,2 Millionen Tonnen nach oben schnellen. Im Jahr 2020 hatte die globale Nachfrage erst bei 327.000 Tonnen gelegen, so die chilenische Kupferkommission Cochilco. Größter Wachstumstreiber ist die Elektromobilität. Ab 2027 sei daher mit einer Situation zu rechnen, in der die Produktion nicht mehr mit der Nachfrage Schritt hält, warnt Cochilco.

Chile bietet Chancen, aber politische Unwägbarkeiten bremsen Ausweitung der Förderung

Unternehmen sollten sich deshalb schon heute aktiv um die künftige Versorgung kümmern. Dabei lohnt sich ein Blick nach Chile, dem Land mit den weltweit größten Lithiumreserven. Die wichtigsten Lithiumförderer im Andenstaat sind die Konzerne SQM (Sociedad Química y Minera de Chile S.A.) aus Chile und der Spezialchemiekonzern Albemarle aus den USA. Daneben weiten chinesische Firmen wie Tianqi Lithium Corp. ihr Engagement Schritt für Schritt aus. Außer der Sicherung der Rohstoffversorgung bietet der Bergbau in Chile auch Chancen für deutsche Technologieanbieter, darunter für die Wasseraufbereitung.

Getrübt wird das Investitionsklima im Lithiumbergbau aktuell aber durch politische Unwägbarkeiten. Dies gilt besonders für die Pläne zur Gründung einer staatlichen Lithiumgesellschaft und höhere Steuern für den Rohstoffsektor. Die Vergabe neuer Konzessionen hat sich zuletzt verzögert.

Deshalb könnte Chile in der Rangfolge der weltgrößten Förderländer künftig zurückfallen. Sofern keine neuen Projekte hinzukommen und Australien seine Lithiumproduktion von 174.000 Tonnen (2020) auf 415.000 Tonnen aufstockt, wird der Weltmarktanteil des lateinamerikanischen Landes bis 2030 voraussichtlich auf unter 20 Prozent sinken, schätzt Cochilco. Im Jahr 2020 hatte der Anteil noch bei 32 Prozent gelegen. Australien, die Nummer eins, kam auf 46 Prozent.

Rohstoffsicherung hat ihren Preis

"Deutsche Firmen, insbesondere die großen, sind mitunter etwas langsam in ihren Entscheidungsabläufen. Oder sie wollen besonders gründlich sein. Dabei geht es, zumindest hier in Chile, oft nur darum, ein vernünftiges Konzept abzugeben – und nicht ein bis ins letzte Detail ausgearbeitetes Angebot", so eine Branchenkennerin. Hinzu kämen fehlende Risikobereitschaft, der generelle Mangel an Risikokapital in Deutschland sowie eine fehlende Langfristplanung und damit verbundene Absicherungsstrategie.

Anbieter aus China, die sich in zunehmendem Umfang weltweit in Lithiumprojekte einkaufen, um ihre Versorgung mit dem strategischen Rohstoff abzusichern, agieren anders. Im Ergebnis hat die chinesische Konkurrenz zwar mitunter Geld verbrannt, denn nicht alle Projekte laufen, sind aber letztlich deutlich besser positioniert. Liefersicherheit hat eben ihren Preis – "und mit Vertragsklauseln allein lässt sich eben doch kein Auto bauen", betont ein Beobachter. Das ist ein Fakt, der derzeit angesichts von Lieferausfällen aufgrund coronabedingter Hafenschließungen in China oder wegen des Krieges in der Ukraine erneut mehr als deutlich wird. 

Lithiumpreise auf Rekordniveau

Schon heute ist die Lage auf dem Markt relativ gespannt. Das zeigen die Preise für Lithiumkarbonat beziehungsweise -hydroxid, die beiden gängigen chemischen Verbindungen, in denen Lithium gehandelt wird. Aktuell erreichen diese Rekordwerte von über 60.000 US-Dollar (US$) pro Tonne, meldet S&P Global Data 2022. Das Unternehmen stellt Marktdaten und Preisinformationsdienste bereit. Zwar ist das Leichtmetall geologisch gesehen nicht knapp. Allerdings sind die Vorkommen und der Abbau auf wenige Länder und Firmen beschränkt.

Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) warnt daher vor der hohen Angebotskonzentration und der damit einhergehenden Marktmacht der dahinterstehenden Akteure. Gegenwärtig bedienen zwei Länder, Australien und Chile, mehr als 70 Prozent der Weltnachfrage. Nur vier Unternehmen bestreiten knapp 60 Prozent des Weltabsatzes, schreibt S&P Global Data 2022. Diese Firmen sind:

  • Albemarle: 21,1 Prozent,
  • SQM: 16,9 Prozent,
  • Tianqi Lithium Corp.: 10,8 Prozent; Tianqi ist außerdem zu 24 Prozent an SQM beteiligt,
  • Ganfeng Lithium Co. Ltd. (China): 8,8 Prozent.

Wettlauf um lohnenswerte Vorkommen

Auf Abnehmerseite ist daher der Wettlauf um abbauwürdige Vorkommen in vollem Gange. "Der globale Kuchen der für den Zeithorizont 2030 wirklich relevanten Projekte wird vermutlich bis Mitte 2023 verteilt", so Michael Schmidt, Lithiumspezialist bei der Deutschen Rohstoffagentur (DERA). Experten schätzen von aktuell rund 400 in Datenbanken gelisteten Projekten weit weniger als 100 als realistisch ein.

Eine Vielzahl aktuell hochwertiger Vorhaben beziehungsweise Explorationsprojekte hat sich bereits die chinesische Konkurrenz gesichert, sei es durch Komplettkäufe, Joint-Venture-Beteiligungen oder bindende Lieferverträge. Mit anderen Worten: Diese Produktionskapazitäten sind bereits vom Markt, bevor sie überhaupt auf dem Markt waren. Exemplarisch diese drei Projekte:

  • Manono in der Demokratischen Republik Kongo, an dem sich im September 2021 der chinesische Batterie-Riese CATL mit circa 400 Millionen US$ beteiligt hat;
  • Salar Tres Quebradas (3Q), ein für Argentinien relevantes Vorhaben: Mit 770 Millionen US$ hat sich die Zijin Mining Group Co. Ltd. im Oktober 2021 eingekauft;
  • Goulamine in Mali, in das Jiangxi Ganfeng Lithium gemeinsam mit dem australischen Entwickler Firefinch 2022 eingestiegen ist

Einige dieser Projekte, etwa im Kongo oder in Mali, kommen aus politischen Gründen für Deutschland nicht in Frage. Projekte im Förderland Australien tragen dagegen einen deutlich größeren Kohlendioxidrucksack. Das liegt an anderen Produktionsprozessen beziehungsweise der weiterverarbeitenden Wertschöpfungskette in China. Umso mehr erstaunt in Chile das geringe Interesse an chilenischem Lithium etwa von Seiten auf Compliance bedachter deutscher Konzerne. Dabei wären deutsche Firmen gerade in Chile sehr willkommen, heißt es immer wieder.

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