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Der Energiesektor in Chile muss sich neu erfinden. Dabei wird die Energiewende von der Regierung ambitioniert vorangetrieben. Deutschland ist ein wichtiger Partner.
05.03.2021
Von Johannes Dimas | Rio de Janeiro
Die Energiewende in Chile eröffnet Potenzial für neue Geschäftsanbahnungen mit Technik und Know-how aus Deutschland. Der Systemwechsel wird mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der Stromnetze sowie Investitionen in Energieeffizienz einhergehen. Außerdem sind innovative Lösungen für Speicher, Inselsysteme und grüne Kraftstoffe gefragt. Langfristig müssen fossile Kraftwerke samt Infrastruktur zurück- oder umgebaut werden.
Größte Verbraucher sind neben dem Verkehrssektor (37 Prozent) die Industrie und der Bergbau (zusammen 40 Prozent). Erste Pilotprojekte im Bergbau fokussieren sich auf den immensen Kraftstoffverbrauch der Großfahrzeuge. Erprobt werden grüne Kraftstoffe und Hybridlösungen. Aktiv sind unter anderen ENGIE aus Frankreich sowie Linde und Siemens aus Deutschland.
Die dezentrale Eigenversorgung wird in allen Sektoren ausgebaut. Die Lebensmittelindustrie ist prädestiniert für energieeffiziente Technologien und im Gebäudesektor gibt es Nachholbedarf bei der Wärmedämmung. Dem verbreiteten Heizen mit Holz soll die verstärkte Nutzung von Solar- und Geothermie entgegengesetzt werden.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand | Kapazität / Projektträger |
---|---|---|---|
Windpark Antofagasta | 684 | In Umweltprüfung | 793,6 MW, Parque Eólico Antofagasta SPA (Grupo Ibereólica) |
Windpark Caman | 590 | Umweltgenehmigung erteilt | 306,6 MW, AR Caman SpA (Mainstream Renewable Power) |
Windpark Lomas de Taltal | 424 | In Umweltprüfung | 353,4 MW, ENGIE Energía Chile S.A. |
Repowering Photovoltaik-Park Samantha | 160 | In Umweltprüfung | Repowering mit Erhöhung der Gesamterzeugung von 80,94 MWp auf 115,81 MWp, Enel Green Power Chile S.A. |
Photovoltaik-Park Pampa Norte 2 | 143 | In Umweltprüfung | 200 MWdc, Enel Green Power Chile S.A. |
In Chile dominieren fossile Energieträger mit fast 70 Prozent den Energiemix. Die Importquoten für Rohöl, Erdgas und Kohle lagen im Jahr 2018 zwischen 79 und 98 Prozent. Vor diesem Hintergrund wird die Dekarbonisierung von der chilenischen Regierung als wirtschaftliche Chance begriffen. Chile will vom Importeur fossiler Energieträger zum Exporteur grüner Energie werden.
Laut Bloomberg Finance betrugen die Investitionen in Anlagen zur sauberen Erzeugung im Jahr 2019 rund 5 Milliarden US-Dollar. Chile nimmt damit den vierten Platz unter den Schwellenmärkten ein.
Die Erzeugungspreise für erneuerbare Energien sind in Chile mit die niedrigsten weltweit. Deswegen soll sich die Energiewende in der Erzeugung weitgehend ohne staatliche Zuschüsse finanzieren.
Der Norden hat eine extrem hohe Solareinstrahlung. Dort liegt der Solarpark Cerro Dominador. In Betrieb ist bereits eine 100 Megawatt (MW) Photovoltaik-Anlage. Das 110 MW Solarkraftwerk (CSP) und ein thermischer Speicher befinden sich in der Inbetriebnahme. Mit 252 Metern ist der Hauptturm eines der höchsten Bauwerke Chiles.
Im Süden herrschen hervorragende Windbedingungen. Hier soll im Jahr 2022 grüner Kraftstoff aus Windenergie produziert werden. An dem Projekt Haru Oni sind neben anderen Enel, Siemens und Porsche beteiligt. In Chile besteht außerdem großes Potenzial für Wasserkraft und Geothermie.
Grundsätzlich ähnelt die Regulierung des Strommarkts und der Netze jener in Europa. Erzeugung, Übertragung und Verteilung sind getrennt. In der Praxis bestehen jedoch Oligopole. Der größte Übertragungsnetzbetreiber Transelec betreibt rund 90% der Übertragungsnetze. Die Stromversorger der Gruppen Enel und CGE verkauften im Jahr 2019 circa 80 Prozent des Stroms. Die chilenische Gruppe CGE wurde im Jahr 2000 von dem chinesischen Energiegiganten State Grid Corporation of China (SGCC) übernommen.
Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien bis 9 Megawatt (MW) sind beim Netzanschluss privilegiert. Die installierte Kapazität kleiner, dezentraler Anlagen unter 300 Kilowatt (kW) Leistung soll bis zum Jahr 2022 vervierfacht werden (Basisjahr 2018). Private Endverbraucher können überschüssigen Strom solcher Anlagen zu regulierten Preisen ins Netz einspeisen. Den größten Zuwachs verzeichnen Anlagen für den Eigenverbrauch allerdings im kommerziellen und industriellen Bereich.
Die internationalen Energiekonzerne im Land tragen die Energiewende mit. Der französiche Energieversorgungskonzern ENGIE und die italienische Enel investieren als Teil ihrer eigenen Strategien zur Dekarbonisierung in erneuerbare Energien, Innovationen und Start-ups. Energiekonzerne sind damit Ziele und potenzielle Kooperationspartner für deutsche Unternehmen.
Chile folgt einer breit angelegten Energieagenda. Mit seiner Wasserstoffstrategie will es bis zum Jahr 2030 ein führender Exporteur von Wasserstoff und Folgeprodukten sein.
Die vollständige Dekarbonisierung ist bis zum Jahre 2050 geplant. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung soll spätestens 2040 abgeschlossen sein. Dafür werden bis 2024 rund 31 Prozent der installierten Leistung vom Netz gehen. Zahlungen als Kompensation sind nicht vorgesehen. Es wird jedoch untersucht, inwieweit sich stillgelegte Kraftwerke als thermische Speicher nutzen lassen.
Datum der Abschaltung | Kraftwerksblock | Kapazität (MW) | Jahr der Inbetriebnahme | Betreiber |
---|---|---|---|---|
Juni 2019 | Tocopilla U12 / U13 | 171 | 1983 / 1985 | ENGIE |
Dezember 2019 | Tarapacá | 158 | 1999 | Enel |
Dezember 2020 | Ventanas U1 | 114 | 1964 | AES Gener |
Bocamina U1 | 130 | 1970 | Enel | |
Januar 2022 | Tocopilla U14 / U15 | 268 | 1987 / 1990 | ENGIE |
Mai 2022 | Bocamina U2 | 348 | 2012 | Enel |
Dezember 2022 | Ventanas U2 | 208 | 1977 | AES Gener |
Dezember 2024 | CTM1 / CTM2 | 334 | 1996 / 1998 | ENGIE |
Total | 11 | 1.731 |
Ein Gesetz zur Energieeffizienz wurde im Januar 2021 verabschiedet. Bis 2030 ist eine Reduzierung der Energieintensität um 10 Prozent vorgegeben (Basisjahr 2019). Unter anderem werden Label zur Energieeffizienz für Neubauten und Berichtspflichten für größere Unternehmen eingeführt. Für den Neuwagenbestand der Fahrzeugflotten sollen ebenfalls Standards zur Energieeffizienz festgelegt werden. Importeure und Vertreter der Marken werden für deren Einhaltung verantwortlich sein.
Die chilenische Energiepolitik wird seit über zehn Jahren von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) geprägt. Seit 2019 besteht eine Energiepartnerschaft mit Deutschland. Die deutsche Bundesregierung unterstützt Projekte in Chile im Rahmen ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie.
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