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Branchenbericht | China | Internet-, Telekommunikationsdienste
Chinesische Firmen sind vor Ort und international mit dem Aufbau von 5G-Netzen beschäftigt. Bereits 2023 soll es in der Volksrepublik über eine halbe Milliarde Nutzer geben.
23.04.2020
Von Roland Rohde | Hongkong
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie die Covid-19-Pandemie haben eines gemeinsam: Sie verzögern zwar den Ausbau des Mobilfunknetzes der fünften Generation (5G) in der Volksrepublik für einen kurzen Zeitraum, doch können sie dessen Siegeszug nicht stoppen.
Die Vereinigten Staaten haben Huawei und ZTE, die bedeutendsten chinesischen Anbieter von Telekommunikationsausrüstungen, auf schwarze Listen gesetzt und ihnen die Zulieferungen von US-Komponenten verweigert. Zudem versuchen sie, ausländische Regierungen davon zu überzeugen, beim Ausbau von 5G-Netzen auf chinesische Technik zu verzichten.
Das alles hat nicht viel gebracht. Auf ausländischen Märkten geht der Ausbau der 5G-Netze mit maßgeblicher chinesischer Hilfe weiter voran. Der Konzern Huawei ließ im März 2020 verkünden, er habe 91 entsprechende internationale Aufträge akquiriert. Über die Hälfte kommen aus Europa. Damit liege man vor den Hauptwettbewerbern Ericsson und Nokia.
Im Reich der Mitte selbst findet der Netzausbau überwiegend mithilfe von Technologie von Huawei und seinem Konkurrenten ZTE statt. Allerdings greift man auch auf die Expertise von Ericsson zurück. Laut Angaben von China Daily investiert der schwedische Konzern jedes Jahr umgerechnet rund 700 Millionen US-Dollar (US$) in seine Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in der Volksrepublik.
Die Covid-19-Pandemie führte vorübergehend zu einer Verzögerung des Netzausbaus, vor allem, weil der innerchinesische Warenverkehr zeitweise deutlich gestört war. Nach dem Chinesischen Neujahrsfest Anfang Februar 2020 brauchten viele Firmen einige Wochen, bis sie wieder einigermaßen normal produzieren konnten. Mitte/Ende April 2020 herrscht wieder weitgehender Normalbetrieb. Doch zunächst müssen liegengebliebene Aufträge abgefertigt werden. Einige Provinzen haben daher bereits angekündigt, dass sie die für 2020 anvisierten Ausbauziele für ihre 5G-Netze nicht erreichen könnten.
Dennoch liegt man nicht allzu weit vom Planziel entfernt. Ursprünglich sollten 2020 nach Angaben des Ministry of Industry and Information Technology (MIIT) 600.000 Basisstationen gebaut werden. Die drei Telekommunikationsgesellschaften China Mobile, China Unicom und China Telekom, die den 5G-Markt unter sich aufgeteilt haben, werden nach eigenen Angaben bis zum Jahresende rund 550.000 entsprechende Anlagen fertigstellen.
Das Coronavirus dürfte zudem mittelfristig für einen forcierten Ausbau sorgen. Zum Höhepunkt der Krise waren ganze Metropolregionen unter Quarantäne gestellt. Viele Menschen konnten nicht zur Arbeit gehen. Plattformen für Videokonferenzen sowie Anbieter von E-Commerce, E-Education und E-Health erlebten einen wahren Kundenansturm.
Zwar wird ein Teil der Kunden nach dem Ende der Krise wieder abtrünnig, einige bleiben aber bei der Stange. Insgesamt ist die Akzeptanz gegenüber elektronischen Angeboten stark gestiegen. Teilweise wurden ganz neue Nutzergruppen erschlossen. Daher beschleunigt das neuartige Coronavirus die Digitalisierung Chinas. Umso dringlicher ist eine schnelle und zuverlässige Datenübertragung, die man unter anderem mithilfe der 5G-Technologie erreichen kann.
Das erfordert allerdings auch riesige Investitionssummen. Die Kapitalaufwendungen für den Aufbau von 5G summieren sich nach Angaben der South China Morning Post alleine 2020 auf umgerechnet gut 28 Milliarden US$. Die Gesamtinvestitionen in den kommenden acht Jahren belaufen sich auf über 210 Milliarden US$.
Die Volksrepublik wird infolgedessen zum mit Abstand größten 5G-Markt aufsteigen. China Daily erwartet, dass 2020 rund 170 Millionen entsprechende Endgeräte verkauft werden. Die China Academy of Information and Communications Technology (CAICT) geht für 2021 von rund 200 Millionen 5G-Nutzern aus. Zwei Jahre später sollen es sogar über eine halbe Milliarde sein. Schon 2026 würde man sich der 1-Millliarde-Grenze nähern. Allerdings wird es nach Einschätzung des Think Tank erst dann mehr 5G- als 4G-Kunden geben. Für 2028 erwartet man mehr als 1,2 Milliarden 5G-Anwender.
Selbst in China mit seiner technikbegeisterten Bevölkerung braucht es für die Umstellung von 4G auf 5G also Zeit. Die neuen Endgeräte und Verträge sind zu Anfang noch sehr teuer. Erst mit den Jahren wird es zu einer Verbilligung kommen. Zudem dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf künftig nicht mehr so stark wachsen wie gewohnt.
Das chinesische Qianzhan Institute kommt allerdings auf eine deutlich schnellere Marktsättigung. Demnach dürfte es in der Volksrepublik schon 2024 gut 1 Milliarde 5G-Nutzer geben. Bereits 2026 wird die Grenze von 1,3 Milliarden überschritten. Danach soll es bis 2030 keine Zuwächse mehr geben.
Anfang des neuen Jahrzehnts dürfte zudem der Mobilfunkstandard der sechsten Generation (6G) in den Startlöchern stehen. Derzeit wird daran unter anderem in den USA, China und Europa geforscht. Bereits 2020 gründete das Reich der Mitte zwei Institute, die sich mit den technischen und politischen Details beschäftigen sollen.
Bei 5G schwamm China zwar ganz weit vorne mit, doch reichte es noch nicht für die technologische Führerschaft aus. Man musste mit Ericsson und Nokia konkurrieren. Bei der nächsten Mobilfunkgeneration will die Volksrepublik dies ändern und vor allem mehr Standards setzen. Somit dürfte 6G die globale Wirtschaft und Gesellschaft noch stärker als 5G verändern.
Ob Chinas Technologiestrategie aufgeht, steht auf einem anderen Blatt. In zehn Jahren kann sich viel verändern. Vor allem müsste das Reich der Mitte bei der Entwicklung von Hochleistungshalbleitern den Rückstand zu den USA, Japan, Taiwan und Südkorea aufholen. Nach Ansicht von Branchenkennern kommt dies jedoch einem Marathonlauf gleich und verschlingt Unsummen von Geldmitteln.