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Branchen | China | Halbleiter

China importiert immer mehr Halbleiter

Die Einfuhren der Volksrepublik von Chips dürften 2022 die Schwelle von einer halben Billion US-Dollar überschreiten. Technologisch verliert das Land weiter den Anschluss.

Von Roland Rohde | Hongkong

Die chinesische Halbleiterindustrie befindet sich seit etlichen Jahren auf einem strammen Wachstumskurs. Die Coronapandemie hat zudem für Sonderkonjunktur gesorgt, die Nachfrage nach Unterhaltungs- und Haushaltselektronik, Smartphones und Notebooks stieg stark an. Der Inlandsumsatz der Halbleiterbranche stieg 2021 im Vergleich zum Vorjahr nach Angaben der China Semiconductor Manufacturers Association (CSIA) daher um gut 18 Prozent auf umgerechnet 165 Milliarden US-Dollar (US$). Gegenüber 2017 kam dies sogar einer Verdoppelung gleich.

Chinas Halbleiterindustrie im Überblick (in Milliarden US-Dollar; Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Indikator

2020

2021

Veränderung1

Inlandsumsatz, davon

128,3

164,6

18,2

  Design

54,8

71,1

19,6

  Produktion

37,1

50,0

24,1

  Packaging und Testing

36,4

43,5

10,1

Exporte

116,6

153,8

31,9

Importe

350,0

432,6

23,6

Nettoeinfuhren2

233,4

278,8

19,5

Exporte (in Milliarden Stück)

259,8

310,7

19,6

Importe (in Milliarden Stück)

543,5

635,5

16,9

1) auf Basis der Inlandswährung; 2) Einfuhren minus AusfuhrenQuelle: China Semiconductor Industry Association (CSIA)

Damit ist die Volksrepublik global betrachtet kein kleiner Mitspieler und außerdem gut in die internationale Arbeitsteilung integriert. Doch zugleich ist das Reich der Mitte der mit weitem Abstand größte Nachfrager nach Halbleitern und kann den eigenen Inlandsbedarf nur ansatzweise decken. Zwar sind die Foundries in China durchaus in der Lage, Standardchips für die meisten elektronischen Waren herzustellen. Wenn es aber um leistungsfähige Miniaturprodukte geht, besteht eine starke Abhängigkeit von ausländischen Zulieferungen.

China hinkt technologisch zwei Chip-Generationen hinterher

Hinzu kommt, dass ein Teil der Produktion "Made in China" in Fabriken internationaler Firmen stattfindet. Diese lassen die modernsten Schaltungen allerdings in der Heimat vom Band laufen, um ihr geistiges Eigentum zu schützen. Technologisch hinken rein chinesische Halbleiterhersteller der internationalen Konkurrenz nach Einschätzung von Analysten zwei Chip-Generationen hinterher. Hingegen führen US-Unternehmen beim Design und Firmen aus Taiwan haben einen großen Vorsprung bei den Foundries aufgebaut.

Bei rund 95 Prozent der in China installierten Kapazitäten handelt es sich um Anlagen zur Herstellung von Chips ab einer Größe von 28 Nanometer. Der chinesische Branchenprimus Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC) rückt zwar mit seinen neuen Fabriken in den 12- sowie 7-Nanometer-Bereich vor. TSMC aus Taiwan startete aber schon 2020 mit der Massenproduktion von 5-Nanometer-Produkten.

Das Reich der Mitte versucht seit Jahren, diesen Rückstand aufzuholen. Mithilfe von Subventionen, Steuererleichterungen und direkten staatlichen Beteiligungen soll die Industrie hochgepäppelt werden. Nach Angaben des US-Verbands Semiconductor Industry Association (SIA) summieren sich die entsprechenden Unterstützungsleistungen auf 17 Milliarden US$ pro Jahr. Für die enorm kapitalintensive Branche sind solche Summen zu gering. Alleine der taiwanische Konzern TSMC investiert zwischen 2021 und 2023 rund 100 Milliarden US$.

Hersteller investieren verstärkt außerhalb Chinas

Dabei engagieren sich TSMC und andere Hersteller verstärkt in der Heimat beziehungsweise in den USA, Japan und Singapur. Samsung will nach eigenen Angaben bis zum Jahr 2026 mehr als 350 Milliarden US$ in die Bereiche Halbleiter und Biopharma investieren. Ein Großteil der Gelder soll dabei in Südkorea bleiben. Daneben sind rund 17 Milliarden US$ für ein Werk in Texas vorgesehen. Die Produktion in befreundeten Nationen, sogenanntes "Friendshoring", wird in dem hochsensiblen Bereich immer wichtiger. So plant der US-Konzern Intel Investitionen im Umfang von 80 Milliarden Euro in Europa. In Magdeburg entstehen für 17 Milliarden Euro zwei Chipfabriken.

Im Foundry-Bereich sind chinesische Firmen zu klein. Mit den riesigen Investitionen von TSMC, Samsung oder Intel können sie nicht annähernd mithalten.

Solche Summen überfordern selbst Chinas Finanzkraft, zumal die Unternehmensverschuldung im Land große Ausmaße angenommen hat. Außerdem sorgt eine Vielzahl von sich überlagernden Förderprogrammen dafür, dass Ressourcen nicht effizient genutzt werden. Laut Medienberichten ging ein halbes Dutzend von Halbleiterprojekten trotz des boomenden Marktes in jüngster Vergangenheit pleite. Dringend notwendig wäre hingegen eine Konzentrierung der Industrie. Selbst der chinesische Branchenführer SMIC ist gemäß Angaben von Trendforce mit einem Weltmarkanteil von 4 Prozent im Foundry-Bereich 2022 eher klein.

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Ein weiterer Faktor dürfte die Technologielücke in den nächsten Jahren vergrößern: Chinas Grenzen sind infolge von Covid-19 seit Anfang 2020 weitgehend für den Personenverkehr geschlossen. Viele ausländische Fachkräfte haben bereits das Land verlassen. Chinesische Absolventen aus Übersee zögern mit einer Rückkehr ins abgeschottete Heimatland. Angesichts der Null-Covid-Politik, an der die Regierung festhält, ist der "Kampf um die besten Köpfe" auf absehbare Zeit verloren.

Technologiekonflikt mit den USA schwelt weiter

Hinzu kommt der Technologiekonflikt mit den USA. So haben die Vereinigten Staaten beispielsweise die Belieferung von Huawei mit modernsten Chips unterbunden. Daraufhin musste der Konzern seine Smartphone-Sparte verkaufen. Der Plan, Samsung als weltweit größten Anbieter zu entthronen, ist gescheitert. Des Weiteren versuchen die USA, auch Lieferungen von Maschinen zur Halbleiterproduktion nach China zu reduzieren.

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Die Importabhängigkeit wird dadurch weiter steigen. Das untermauern auch Handelszahlen. Laut CSIA-Angaben importierte die Volksrepublik 2021 rund 635 Milliarden Halbleiter im Wert von mehr als 430 Milliarden US$. Das entspricht einer Steigerung von 17 Prozent beziehungsweise 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gemäß Angaben der chinesischen Zollstatistik legten die Brancheneinfuhren (einschließlich Dioden und Transistoren) sogar um 24 Prozent auf knapp 470 Milliarden US$ zu.

Ein Ende des Aufwärtstrends ist nicht absehbar. In den ersten fünf Monaten 2022 legten die entsprechenden Importe trotz zahlreicher Transportstörungen um nahezu 9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Bis zum Jahresende dürften die Einfuhren die Schwelle von einer halben Billion US$ überschreiten. Davon profitieren vor allem Anbieter aus Taiwan und Südkorea, denn sie sind mit weitem Abstand die wichtigsten Zulieferer.

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