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Wegen Corona wurde China 2020 erstmals zum größten Lieferland von Maschinen weltweit. Die chinesische Konkurrenz läuft deutschen Exporteuren in immer mehr Segmenten den Rang ab.
13.08.2021
Von Katharina Viklenko | Bonn
Chinesische Wettbewerber werden in deutschen Kernbranchen immer stärker (siehe auch GTAI-Publikation "Außenwirtschaft im Wandel" auf Seite 20 - 21). Zugleich gewinnt die chinesische Konkurrenz auch im Außenhandel an Bedeutung und läuft deutschen Exporteuren in immer mehr Segmenten den Rang ab. China ist bereits seit 2009 die weltgrößte Exportnation. Nun hat die Volksrepublik Deutschlands Exporteure erstmals auch in der Schlüsselindustrie Maschinenbau überholt. Der Trend hatte sich seit längerem abgezeichnet, doch erst die Coronapandemie verhalf dem Reich der Mitte auf Platz eins der Lieferländer weltweit.
Gerade das schnelle Hochfahren der Industrie in der Volksrepublik nach dem strikten Lockdown im 1. Quartal 2020 verhalf der Wirtschaft zum Aufschwung und chinesischen Exporteuren zu dem guten Ergebnis. Die entsprechenden Branchenausfuhren legten trotz der Coronakrise 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Prozent zu. Die von deutlich längeren Lock- und Shutdowns betroffenen deutschen Anbieter mussten im gleichen Zeitraum ein Minus von 11 Prozent einfahren. Damit hatte China einen Vorsprung von knapp 6 Milliarden US-Dollar (US$).
Bild vergrößernGegenüber 2010 hatten deutsche Maschinenbauer ihre weltweiten Lieferungen 2020 lediglich um 8,7 Prozent gesteigert. Anbieter aus dem Reich der Mitte haben ihre Exporte im gleichen Zeitraum hingegen nahezu verdoppelt. Den errungenen Vorsprung im Maschinen- und Anlagenbau dürfte China 2021 mit Sicherheit weiter ausbauen. Der Trend zeigt, dass der deutsche Export auch dieses Segment langfristig an chinesische Maschinenbauer verlieren dürfte. Allerdings produzieren auch viele ausländische Unternehmen vor Ort in China, darunter einige Maschinenbauer.
Lieferant | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung | 2021* | Veränderung* |
---|---|---|---|---|
China | 141,6 | 36,5 | 296,0 | 30,8 |
Deutschland | 118,3 | 13,8 | 249,4 | 13,2 |
USA | 86,3 | 18,6 | 175,8 | 16,5 |
Japan | 71,6 | 24,1 | 145,3 | 22,4 |
Südkorea | 29,4 | 9,0 | 58,7 | 9,3 |
Laut einer Untersuchung von Germany Trade & Invest zu den weltweiten Branchenlieferungen in insgesamt 28 Untersegmenten des Maschinen- und Anlagenbaus lag China 2020 bereits in 16 Sparten vor Deutschland. Dazu gehören Bereiche, in denen Deutschland traditionell wertmäßig viel exportiert, wie etwa Armaturen, Fördertechnik, Heiz-, Kühl-, Klimatechnik sowie Berg-, Hoch- und Tiefbaumaschinen. Vor zehn Jahren hatte die Volksrepublik bei gerade einmal sechs der 28 analysierten Untersegmente die Nase vorn gehabt.
Bild vergrößernDie größten Exportsteigerungen im Zeitraum 2010 und 2020 verzeichneten chinesische Maschinenbauer in den Segmenten Papiermaschinen (266,8 Prozent), Verpackungsmaschinen (206,9 Prozent), Holzbearbeitungsmaschinen (184 Prozent), Anlagen zur Halbleiterherstellung (167,5 Prozent) sowie bei Kunststoffmaschinen (146,3 Prozent). Selbst Sparten, die sich schwächer entwickelten, verbuchten Zuwächse im zweistelligen Bereich.
Bild vergrößernBesonders hohe Einbußen fuhren deutsche Anbieter im Betrachtungszeitraum 2010 bis 2020 bei Druck- und Textilmaschinen (-44,5 Prozent beziehungsweise -28,5 Prozent), bei Schiffsmotoren (-36,1 Prozent) sowie bei Anlagen zur Halbleiterherstellung (-33,3 Prozent) und Papiermaschinen (-15,6 Prozent) ein. Die größten Zuwächse erzielten deutsche Exporteure im gleichen Zeitraum bei Traktoren (58,6 Prozent), Aufzügen und Rolltreppen (53,9 Prozent), Landmaschinen (32,6 Prozent), Armaturen (29,2 Prozent) sowie bei Verpackungsmaschinen (27,3 Prozent).
Betrachtet man die Entwicklung der Ausfuhren nach Regionen, dann lieferte Deutschland 2020 lediglich in die Europäische Union (EU27) und nach Osteuropa mehr Maschinen als China. Besonders groß fiel der chinesische Vorsprung in Asien und Afrika aus. In sämtlichen betrachteten Regionen verzeichneten chinesische Exporteure im Zehnjahresvergleich einen Zuwachs im hohen zweistelligen und sogar dreistelligen Bereich. Deutsche Anbieter hingegen mussten zwischen 2010 und 2020 bei den Ausfuhren nach Lateinamerika (-32,4 Prozent), nach Afrika (-13,2 Prozent) und Asien (-3,2 Prozent) Federn lassen.
Bild vergrößernRegion | Lieferant | 2010 | 2020 | Veränderung |
---|---|---|---|---|
Asien (28)2 | China | 48,3 | 86,9 | 80,0 |
Deutschland | 22,7 | 22,0 | -3,2 | |
NAFTA | China | 19,3 | 43,3 | 124,0 |
Deutschland | 21,7 | 32,0 | 47,6 | |
ASEAN (6) | China | 14,2 | 34,7 | 144,7 |
Deutschland | 5,9 | 6,0 | 0,8 | |
EU (27)3 | China | 14,7 | 32,0 | 118,2 |
Deutschland | 92,3 | 104,1 | 12,8 | |
Afrika (54) | China | 6,7 | 12,5 | 85,1 |
Deutschland | 5,5 | 4,7 | -13,2 | |
Lateinamerika (14)4 | China | 6,9 | 9,7 | 39,9 |
Deutschland | 6,3 | 4,2 | -32,4 | |
Osteuropa (16) | China | 3,2 | 9,4 | 194,0 |
Deutschland | 22,8 | 31,9 | 40,2 |
Die chinesische Regierung verfolgt das Ziel, die Technologieführerschaft in ausgewählten Industriezweigen zu erringen. Konkrete Handlungsanweisungen dazu finden sich im Rahmen des 2015 initiierten Programms "Made in China 2025" und im 14. Fünfjahresplan (2021 bis 2025) wieder. Neben der Stellung chinesischer Unternehmen auf dem heimischen Markt soll auch ihr Exportpotenzial gestärkt werden. Dabei greift die chinesische Führung in den Markt ein, indem sie unter anderem chinesische Staatsunternehmen subventioniert und gegenüber ausländischen Anbietern bevorzugt.
Deutsche Unternehmen beklagen seit Jahren die fehlende Reziprozität und berichten von zahlreichen Beschränkungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber chinesischen Firmen schmälern. Dazu zählen Joint-Venture-Zwänge, der erschwerte Zugang zu öffentlichen Aufträgen, Eingriffe in die Führung ausländischer Unternehmen durch Parteikader sowie die Ungleichbehandlung von in- und ausländischen Firmen.
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) e. V. hat zusammen mit dem Schweizer Maschinenbauverband Swissmem und dem China-Beratungsunternehmen Sinolytics kürzlich die Studie "Markt China im Wandel – Wie bleibt der Maschinenbau im Wettbewerb erfolgreich?" veröffentlicht. Die Zwischenbilanz der "Made in China 2025"-Strategie, die den Kern der Analyse bildet, fällt aus Sicht der Maschinen- und Anlagenbauer gemischt aus. Obwohl Deutschland laut der Studie kurzfristig von Chinas Aufschwung profitiere, läuten die Alarmglocken. Denn die von der chinesischen Regierung angestrebte technologische Autarkie im Maschinenbau dürfte mittelfristig zulasten deutscher Exporteure gehen.