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Chinas Bergbau wird digital

Automatisierung und Digitalisierung sollen Chinas Bergbau sicherer und effizienter machen. Dabei können Zuliefermöglichkeiten für deutsche Unternehmen entstehen.

Von Stefanie Schmitt | Beijing

Die Digitalisierung aller Lebensbereiche ist einer der zentralen Punkte des im März verabschiedeten chinesischen 14. Fünfjahresplans (2021 bis 2025). Entsprechend massiv wird der Ausbau der hierfür notwendigen Infrastruktur vorangetrieben. So sollen allein bis Ende 2021 sollen 600.000 weitere 5G-Basisstationen installiert sein, zum Jahresende 2020 waren es circa 718.000.

Auch unter der Erde sollen die neuen digitalen Möglichkeiten die Arbeitswelten revolutionieren – und in erster Linie für mehr Sicherheit im Bergbau sorgen, so Li Jiangping von der Shanxi Coking Coal Group. Tatsächlich gelten zum Beispiel Chinas Kohleminen nicht zuletzt wegen austretender Kohlegase als gefährlichste weltweit.

Weniger Kumpel unter Tage – mehr Sicherheit

Doch nicht nur mangelnde Sicherheitsstandards sind Grund für diesen Ruf, sondern darüber hinaus die schiere Masse. Allein an Kohle förderte China (nicht unterschieden in Tage- oder Untertage-Bergbau) 2020 laut nationalem Statistikbüro rund 3,84 Milliarden Tonnen, also knapp die Hälfte der Weltförderung und fast das Fünffache Indiens, der weltweiten Nummer zwei.

Schon seit Jahren versucht der Staat – etwa durch die Schließung privater und dadurch weniger kontrollierter Minen – die Sicherheitsstandards zu heben; mit Erfolg: Im Jahr 2020 registrierte die National Mine Safety Administration mit 434 Grubenunglücken 19,1 Prozent weniger Fälle als im Vorjahr. Die Zahl der tödlich Verunglückten sank um 22 Prozent auf 573 Personen.

Nun soll neben der bislang verfolgten zunehmenden Automatisierung die zusätzliche Digitalisierung der Maschinen und Anlagen weitere Fortschritte bringen. Denn je weniger Kumpel sich unter Tage aufhalten, desto geringer die Gefahr tödlicher Grubenunglücke.

Shanxi als Pilotregion

Als ein „Innovationslabor“ für digitalisierten Bergbau sieht sich die Kohleprovinz Shanxi im Zentrum des Landes. Im Februar 2021 eröffnete der chinesische Telekommunikationsriese Huawei in Provinzhauptstadt Taiyuan ein „Intelligent Mining Innovation Lab“. Mit an Bord ist auch die Shanxi-Provinzregierung.

Gemeinsam sollen hier 220 IT- und Bergbauexperten nicht nur am Aufbau von 5G-Netzen - alternativ zur kabelbasierten Kommunikation - unter Tage arbeiten (deren Basisstationen mit Blick auf Staub, Feuchtigkeit oder Explosionen besonders beansprucht sind). Darüber hinaus geht es um unbemannte Fahrzeuge, die computergesteuert von einem Kontrollraum durch die Stollen fahren, um Gas-Warnsysteme oder GPS-Sensoren sowie um selbstreinigende Kameras, welche Bilder und Filme in Echtzeit in die Kontrollzentren senden.

In der Tat gestattet erst die Einführung von 5G die zeitaktuelle Übertragung von Bildern und Filmen unter Tage und damit die 24stündige Kontrolle darüber, was vor Ort genau passiert. Dabei soll etwa die Datenübertragungsgeschwindigkeit des Hauptnetzwerkes großer Minen mindestens 10.000 Megabit pro Sekunde betragen. Allerdings befinden sich die entsprechenden Standards noch in der Formulierungsphase.

Huawei steigt in den Bergbau ein

Wie das Redaktionsteam von China.Table recherchierte, testet Huawei derzeit überdies gemeinsam mit dem Minenfahrzeughersteller TAGE Idriver aus Beijing in der Bayan-Obo-Mine in der Inneren Mongolei den Einsatz unbemannter Fahrzeuge. In der mit Wegsensoren ausgestatteten Mine könnten Geschwindigkeiten bis zu 35 Kilometer pro Stunde erreicht und punktgenau geparkt werden. Darüber hinaus habe Huawei bereits 2019 auf der Mobilfunkmesse MWC in Shanghai ein Minenkontrollzentrum präsentiert, das Bohr-, Schaufel-, Lade- und Transportarbeiten in einer tausende Kilometer entfernten Mine in Luanchuan steuern konnte.

Des Weiteren stehen für Huawei neue Digitalisierungsanwendungen wie kabellose Kontrollnetzwerke, optische Netze und Cloud Computing im Zentrum. Geht es nach Huawei-Gründer Ren Zhengfei, sollen die neuen Techniken den Kumpeln künftig ermöglichen „in Anzug und Krawatte“ zur Arbeit zu kommen. Selbst wenn die Wirklichkeit hiervon noch weit entfernt ist, sollen mithilfe der Digitalisierung die Zahl der Mitarbeiter in den Gruben pro Schicht um 10 bis 20 Prozent reduziert werden.

5G-Einführung schreitet voran

Wie die China Daily im Juli 2021 berichtete, verfügen bislang sechs Kohleminen in Shanxi über ein 5G-Netz, darunter Tashan, Xinyuan und Pangpangta. Darüber hinaus befinden sich zwei der für Digitalisierung ausersehenen nationalen Pilotbergbauprojekte in Shanxi, eines in Taiyuan, eines in Lüliang. Beide gehören zur Shanxi Coking Coal Group, so Li Jiangping. Bei diesen Pilotprojekten geht es unter anderem auch um die Vernetzung bislang getrennter Systeme (Strom, Wasser, Belüftung, Signalübertragung).

Generell laufen landesweit Bemühungen, Chinas Bergbau digitaler und damit effizienter zu gestalten. Denn Kohle bildet nach wie vor das Rückgrat der chinesischen Energieversorgung. Allein die China National Energy Group (Shenhua) wolle Branchenvertretern zufolge umgerechnet rund 160 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren in das Thema investieren.

Vereinzelte Zulieferchancen für deutsche Firmen

Inwieweit deutsche oder überhaupt importierte Technologie in dem staatlich dominierten Sektor zum Einsatz kommen kann, ist, sofern es lokale Alternativen gibt, eher unwahrscheinlich. Gerade mit Blick auf die Digitalisierung habe Deutschland schlicht den Anschluss verpasst, meinen chinesische Branchenvertreter vor Ort – oder in den Worten des Repräsentanten eines deutschen Energieerzeugers: „Für Tencent und Co. ist es ein Riesengeschäft, obwohl die vom Bergbau keine Ahnung haben.“

Andererseits gelten viele Kernkomponenten aus chinesischer Produktion als „noch nicht gut genug“, so Informationen aus der Shanxi Development and Reform Commission beziehungsweise des Taiyuan Research Institute of China Coal Technology & Engineering Group. Hier gäbe es durchaus gewisse Zulieferchancen.

Generell drohen angesichts der allgemeinen Begeisterung für das neue Geschäftsfeld der Digitalisierung die Bemühungen um nachhaltigen „grünen“ Bergbau zunehmend an den Rand gedrängt zu werden.

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