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Künftig dürfte das Reich der Mitte gezielter auf die Förderung regionaler Wasserstoff-Cluster entlang integrierter Wertschöpfungsketten setzen. Einige Regionen haben die Nase vorn.
06.08.2020
Von Corinne Abele | Shanghai
Bislang sorgt in China bei Brennstoffzellenfahrzeugen (Fuel Cell Electric Vehicles; FCEV) der Staat zugleich für Angebot und Nachfrage. Trotz weit gestreuter Subventionen sind wettbewerbsstarke Industriecluster selten. Für den Aufbau einer integrierten Wasserstoffwirtschaft greift die reine FCEV-Förderung zu kurz.
Künftig sollen daher aktive Regionen mit Pilot- und Demonstrationsprojekten je nach erreichten Zielen durch gezielt gewährte Prämien (Yi Jiang Dai Bu) gefördert werden, so lautet die am 23. April 2020 vom Finanzministerium verkündete und bislang wenig detaillierte Leitlinie. Der weitere Anstieg von regionalen Aktivitäten wie Industrieparks und Pilotvorhaben ist zu erwarten. Allein 2019 veröffentlichten acht Städte neue Hydrogen Valley-Pläne: Jinan (Shandong), Baicheng (Jilin), Huangpu (Guangzhou), Nanhai und Dongguan (Guangdong), Jinhua und Huzhou (Zhejiang) sowie Xinyi (Jiangsu). Anfang 2020 hatten laut Recherchen der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) insgesamt 14 Provinzen sowie 30 Städte und Gemeinden Wasserstoff-Entwicklungspläne herausgebracht.
Zwar dürften viele Pläne hinter den ambitionierten Zielen zurückbleiben. Dennoch verfügen einige Regionen, was Industriecluster, politischen Willen und Fördermaßnahmen anbelangt, über gute Voraussetzungen.
So gilt die Provinz Guangdong im Perlflussdelta als Pionier. Sowohl auf Provinz- als auch auf Lokalebene gibt es Begünstigungsmaßnahmen. Bereits 2009 entstand der Wasserstoff-Industriepark in Yunfu in der Nähe von Foshan. Dort ist Feichi Bus ansässig, einer der größten Hersteller von Wasserstoffbussen in China. Inzwischen hat Guangdong mit Yunfu, Foshan, Dongguan, Zhongshan und der Hauptstadt Guangzhou die erweiterte Region im Fokus. Dort sind unter anderem Sinosynergy, Broad-Ocean Motor, Dongfeng Motor, der kanadische Brennstoffzellenhersteller Ballard Power Systems und dessen Joint Venture mit Synenergy vertreten. Nanhai verfügte 2019 über sechs Wasserstofftankstellen und hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 mindestens 10.000 Pkw, 5.000 Busse und 5.000 Gabelstapler mit Brennstoffzellentechnologie zu betreiben.
Shenzhen fokussiert sich hingegen auf die Produktion von FCEV-Komponenten und unterstützt den Sektor im Rahmen der Förderung neuer Materialien. Noch 2020 soll nicht nur in Shenshan, sondern auch in Shenzhen eine Fuel Cell-Buslinie laufen. Mit der Unterstützung der Regierung wurde 2017 die Shenzhen Hydrogen and Fuel Cell Association mit über 30 Mitgliedern aus Industrie und Wissenschaft gegründet.
Die Provinz Hebei treibt drei Industriecluster mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Wasserstoffwirtschaft in Bazhou, Handan und Zhangjiakou voran. Vor allem die Olympischen Winterspiele 2022 in Zhangjiakou gelten als Leuchtturmprojekt.
„Es ist quasi eine politische Leistungsschau, um die Führerschaft in Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu dokumentieren.“
So lautet die Einschätzung von Michael Sikora, Experte für Brennstoffmobilität in China. Läuft alles nach Plan, sollen dort 2022 insgesamt 3.000 Brennstoffzellenfahrzeuge zum Einsatz kommen. Der Wasserstoff soll dabei durch derzeit im Bau befindliche Solaranlagen gewonnen werden.
Als wohl erste Provinz stellte Shandong am 24. Juni 2020 eine langfristige Wasserstoffstrategie (2020 bis 2030) vor. Demzufolge produziert Shandong bereits jährlich rund 2,6 Millionen metrische Tonnen Wasserstoff – zumeist als industrielles Nebenprodukt – und liegt damit in China an der Spitze. Gleichzeitig ist die Provinz Spitzenreiter, was Installationen von Photovoltaik angeht und liegt bei der Stromproduktion aus Windkraft landesweit an vierter Stelle. Zentral für die Wasserstoffindustrie der Provinz, in der etwa 50 Schlüsselunternehmen beheimatet sind, ist die Weichai Group. Sie verfügt über Entwicklungskapazitäten von Basiskomponenten bis hin zum Fahrzeug. In ihrem Joint Venture mit Ballard Power Systems in Weifang visiert die Firma eine jährliche Serienfertigung von 20.000 Brennstoffzellenmotoren an. Weichai ist mit 19,9 Prozent vor Broad-Ocean Motor (9,9 Prozent) zudem der größte Anteilseigner von Ballard Power Systems.
Auch das Yangtze-Delta mit den Provinzen Jiangsu und Zhejiang sowie Shanghai möchte von der künftigen Wasserstoffentwicklung profitieren. So entstehen in der Provinz Jiangsu mit Rufu, Zhenjiang und Xinqi drei Industrieparks. In Zhangjiagang (Suzhou) wird zudem ein nationales Demonstrationscluster aufgebaut. Der Fokus liegt dabei vor allem auf Brennstoffzellentechnologie, Forschung und Entwicklung sowie auf Testzentren. In Taizhou in der Provinz Zhejiang, in der auch Alibaba seine Firmenzentrale hat, soll basierend auf Internet der Dinge ein Ökosystem für die Wasserstoffwirtschaft entstehen.
Shanghai wiederum fokussiert sich auf Brennstoffzellentechnologie und FCEV. Die Stadt verfügt mit der Tongji-Universität über eine der führenden Institutionen auf dem Gebiet. Spitzenunternehmen wie SAIC Motor, Dongfeng Motor sowie die Brennstoffzellenhersteller Sunrise Power, Shenli Technology und Re-Fire Technology sind dort ansässig. Im Juni 2019 wurde die zu dem Zeitpunkt weltweit größte Wasserstofftankstelle eröffnet, ein gemeinsames Projekt von SAIC Motor und dem Shanghai Chemical Industry Park. Darüber hinaus steht die Metropole im Mittelpunkt des 2019 von der China Society of Automotive Engineers vorgestellten Entwurfs, im Delta mittelfristig (bis 2025) bis zu zehn mit Wasserstofftankstellen ausgestatte Autobahnen zu realisieren (Yangtze River Delta Hydrogen Corridor).
Als größter Kohleproduzent des Landes hat die Provinz Shanxi Vorhaben zur Kohlevergasung im Visier. Einige staatliche Kohlebergbauunternehmen haben mit ausländischer Technologie erste Projekte aufgesetzt. Allein in der Kohlestadt Datong entstehen zwei Wasserstoff-Industrieparks. Bis Ende 2019 hat die Stadt 300 Fuel Cell-Busse im Rahmen ihres Demonstrationsprojekts gekauft.
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