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Wer in Zeiten von Covid-19 medizinische oder persönliche Schutzausrüstung in China beschaffen will, muss Einiges beachten. Es gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht.
04.05.2020
Von Corinne Abele | Shanghai
Seit Monaten läuft die Produktion von medizinischer und persönlicher Schutzausrüstung (Personal Protective Equipment; PPE) im Reich der Mitte auf Hochtouren. Ein Ende ist nicht in Sicht, die Nachfrage riesig – auch aus Deutschland. Doch Beschaffungssituation und Logistik sind komplex. Bei den deutschen Auslandshandelskammern, Konsulaten sowie der Botschaft häufen sich die Anfragen. Gerade Unternehmen ohne entsprechende Beschaffungserfahrung im internationalen Handel mit China, geschweige denn im Handel mit medizintechnischen Produkten, tun sich schwer. Experten empfehlen daher die Zusammenarbeit mit erfahrenen (Handels-)Firmen, um Betrugsfälle, mangelhafte Produkte und Missverständnisse zu vermeiden.
Einen zuverlässigen und seriösen Hersteller zu finden, stellt gerade für Erstkäufer eine Herausforderung dar. Denn viele versuchen aus der gewaltigen Nachfrage Kapital zu schlagen. Nur wer den Hersteller gut kennt oder schon langjährige Geschäftsbeziehungen pflegt, sollte Vorkasse überhaupt erwägen. Ansonsten gilt es, den Lieferanten und seine Produktqualität vorab sorgfältig zu überprüfen. Entsprechende kostenpflichtige Dienstleistungen bietet unter anderem die deutsche Auslandshandelskammer in China an (Ansprechpartnerin in Beijing: zhang.xiaoque@bj.china.ahk.de; Ansprechpartner in Shanghai: wassmuth.marcus@sh.china.ahk.de).
Für medizinische Schutzausrüstung kann bei der National Medical Products Administration (NMPA) überprüft werden, ob das Produkt in China zugelassen ist. Zur Überprüfung kann in einem ersten Schritt online die Seriennummer des NMPA-Zulassungszertifikats (nur chinesisch) eingegeben werden. Daneben gibt es kommerzielle Verifizierungsdienstleistungen. Voraussetzung für die Produktzulassung ist die Herstellerzulassung. Die NMPA veröffentlicht laufend entsprechend aktuelle Listen zugelassener Hersteller in chinesischer Sprache.
Auch der VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. kann helfen, mangelhafte Produkte frühzeitig zu erkennen. Da Medizinprodukte und Schutzausrüstungen als Voraussetzung für den Erhalt der CE-Kennzeichnung (und damit der Vermarktung in Europa) eine Konformitätserklärung haben müssen, kann diese – basierend auf den vorliegenden Dokumenten – auf Plausibilität überprüft werden. Aufgrund der Dringlichkeit bietet der Verband den Plausibilitätscheck für Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen derzeit kostenlos an.
Grundsätzlich unterliegen medizinisches Material und PPE bei der Einführung in die Europäische Union (EU) der CE-Kennzeichnungspflicht. Allerdings kann persönliche Schutzausrüstung für medizinische Verwendung gemäß der EU-Empfehlung 2020/403 vom 13. März 2020 unter bestimmten Bedingungen temporär ohne CE-Kennzeichnung eingeführt werden. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass sie nur für medizinische Fachkräfte zur Covid-19-Bekämpfung für die Dauer der derzeitigen Gesundheitsbedrohung eingesetzt wird. Eine entsprechende Rechtsverordnung zur Umsetzung in Deutschland bereitet das Bundesgesundheitsministerium derzeit vor.
Abgabenfrei können Hilfsgüter gemäß deutscher Zollvorschriften prinzipiell von allen, die sich im Kampf gegen die Pandemie einbringen, rückwirkend ab dem 30. Januar 2020 eingeführt werden, sofern die Produkte an Institutionen zur medizinischen Notversorgung der Covid-19-Risikogruppen gehen. Dabei sind entgeltliche Lieferungen oder ein kommerzieller Weiterverkauf ausgeschlossen.
Der chinesische Zoll schreibt (Verwaltungsvorschrift Nr. 53) bei der Ausfuhr von elf Covid-19-relevanten Produkten (darunter Patientenmonitore, medizinische Desinfektionstücher und -mittel) eine Inspektion vor. Die Waren benötigen ein CIQ-Zertifikat. Verwaltungsvorschrift Nr. 12 vom 25. April 2020 benennt zudem Exportanforderungen für Schutzmasken für nicht-medizinische Zwecke sowie für fünf weitere medizinische Produkte (Covid-19-Testkits, Mundschutz, Schutzkleidung, Beatmungsgeräte und Infrarot-Thermometer). Für erstere sowie letztere werden laufend Listen autorisierter Produzenten aktualisiert.
So müssen Schutzmasken für nicht-medizinische Zwecke entweder den chinesischen Qualitätsstandard oder die Vorgaben des Empfängerlandes erfüllen. Diese sind in einer „Joint Declaration of Exporter and Importer“ nachzuweisen. Für die genannten medizinischen Produkte muss auf jeden Fall die Zertifizierung im Empfängerland in einer „Export Declaration of Medical Supplies“ nachgewiesen werden.
Bei Schutzmasken für den nicht-medizinischen Gebrauch sind Hersteller dafür verantwortlich, sich an geltende Normen und Standards zu halten. Nachgewiesen wird dies zum Beispiel durch Tests akkreditierter Stellen. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) unterstützt im Austausch mit zuständigen chinesischen Behörden deutsche Marktüberwachungsbehörden dabei, die Testberichte auf Echtheit zu überprüfen. Zu prüfende Testberichte können direkt an qi-china.@giz.de gesendet werden.
Täglich verlassen derzeit im Auftrag der Bundesregierung drei Lufthansa-Maschinen voll mit Schutzausrüstung Shanghais Flughafen Pudong in Richtung Deutschland. Die Flugfrachtkapazitäten sind knapp. Wer Waren in eigens gecharterten Flugzeugen transportieren möchte, muss bei der chinesischen zivilen Luftfahrtbehörde eine entsprechende Genehmigung und einen Landeslot beantragen. Die Landekapazitäten des Flughafens Pudong stoßen für große Frachtflugzeuge jedoch bereits an ihre Grenzen.
Schon vor der Krise war China weltweit der größte Hersteller und Exporteur von Schutzmasken und -kleidung. Nun hat das Land die Produktion deutlich hochgefahren. Basierend auf Daten von UN Comtrade stammten nach Angaben des Peterson Institute for International Economics (PIIE) 2018 wertmäßig allein 43 Prozent der weltweiten PPE-Importe aus dem Reich der Mitte. Vielfach wird für die Zukunft nun eine stärkere Unabhängigkeit Europas bei wichtigen strategischen Produkten gefordert.
Schutzbrillen und Visiere | Gesichtsschutzschilde | Mund-Nasen-Schutzausrüstung | Schutzkleidung | Handschuhe | |
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Weltweit, darunter | 59 | 37 | 64 | 47 | 37 |
USA | 57 | 42 | 70 | 45 | 39 |
EU | 58 | 49 | 71 | 50 | 38 |
Deutschland | 34 | 16 | 45 | 43 | 25 |