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Branchen | China | Elektromobilität

Fast jeder sechste neue Pkw fährt in China mit Batterie

Mit Zuckerbrot und Peitsche hat China die Kfz-Industrie auf Elektromobilität getrimmt. Bislang haben ausländische Marken das Nachsehen - mit einer Ausnahme.

Von Corinne Abele | Shanghai

In China drängen Elektrofahrzeuge mit Macht auf den Markt: 2021 wurden allein 3,5 Millionen Fahrzeuge mit alternativem Antrieb (New Energy Vehicles; NEV) verkauft. Davon lief fast jeder sechste Pkw mit Elektromotor. Bezogen auf alle Kfz war es immerhin beinahe jeder siebte Neuwagen und gemäß Plan soll es 2025 jeder fünfte sein. Das steht sowohl im Industrieentwicklungsprogramm „made in China 2025“ aus dem Jahr 2015 als auch im auf 15 Jahre ausgelegten NEV-Industrieentwicklungsprogramm bis 2035. Kenner sind sich jedoch fast sicher, dass der Anteil bereits früher erreicht wird.

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Staat treibt Entwicklung des E-Auto-Marktes voran

Für den NEV-Erfolg spielen Subventionen sowie Zulassungsrestriktionen in einer wachsenden Anzahl von Städten eine große Rolle. Zwar wurden 2021 die meisten NEV-Pkw in Shanghai, Shenzhen und Beijing zugelassen, aber am stärksten stiegen die Neuanmeldungen in Suzhou, Hangzhou und Chengdu.

Top Ten Städte mit den meisten verkauften NEV-Pkw 2021 (Veränderung gegenüber Vorjahr sowie Anteil in Prozent) *)

Stadt

Absatz

Veränderung

Anteil

Shanghai

244.257

90,0

8,2

Shenzhen

151.333

94,6

5,1

Beijing

127.706

36,0

4,3

Hangzhou

119.993

184,0

4,0

Guangzhou

119.280

124,0

4,0

Chengdu

95.772

185,7

3,2

Tianjin

80.784

88,1

2,7

Zhengzhou

79.962

166,0

2,7

Chongqing

63.701

134,0

2,1

Suzhou

63.697

244,0

2,1

Top Ten

1.146.485

156,0

38,3

*) NEV umfasst batteriebetriebene Elektroautos, Plug-in-Hybridautos sowie Fahrzeuge mit BrennstoffzellenQuelle: dyhjw.com (Di Yi Huang Jin Wang), eingesehen am 7.2.22

Seit 1. Januar 2022 gibt es nun pro NEV 30 Prozent weniger Subventionen, wie das Finanzministerium online mitteilte. Für unter anderem Transportfahrzeuge, Taxis sowie Fahrzeuge für Mobilitätsplattformen wie Didi oder Postfahrzeuge mit Elektroantrieb beträgt die Kürzung nur 20 Prozent. Da die Subventionen ab 1. Januar 2023 komplett gestrichen werden sollen, dürfte 2022 dennoch ein starkes Absatzjahr für NEV werden.

Absatz von NEV in China 2020/2021 (in 1.000 Einheiten; Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

2020

Veränderung

2021

Veränderung

NEV gesamt1)

1.367

7,5

3.521

157,5

NEV-Pkw

1.246

11,3

3.334

167,5

  BEV2)

1.000

9,4

273.4

173,5

  PHEV3)

247

19,6

600

143,2

NEV-Nfz

121

-20,8

186

54,0

  BEV

116

-19,9

182

57,1

  PHEV

4

-23,8

3

-24,2

  Brennstoffzellen

1

k.A. 

2

100,0

1) NEV (New Energy Vehicle): Kraftwagen mit alternativem Antrieb; 2) BEV (Battery Electric Vehicle): rein batteriebetriebenes Elektroauto; 3) PHEV (Plug-in Hybrid Electric Vehicle): Plug-in Hybrid-ElektroautoQuelle: China Association of Automobile Manufacturers (CAAM)

Sowieso gibt es für Autobauer in China keine Alternative zum E-Auto. Erreichen sie nicht Elektroautoquote und Flottendurchschnittsverbrauch von maximal 5 Liter Benzin pro 100 Kilometer, müssen sie teure Zertifikate von der NEV-Konkurrenz wie BYD oder Tesla kaufen.

Regionale Verteilung der Ladestationen folgt Absatz

Der staatlich erzwungene Siegeszug der Elektromobilität ist auf eine funktionierende Ladeinfrastruktur angewiesen. Ende 2021 gab es für die landesweit an die 8 Millionen NEV auf Chinas Straßen rund 2,6 Millionen Ladesäulen und knapp 1.300 Batterie-Wechselstationen, darunter 1,15 Millionen öffentliche Ladesäulen. Über 70 Prozent davon befinden sich in den zehn Provinzen mit dem höchsten NEV-Absatz. An der Spitze mit einem Anteil von fast 16 Prozent liegt Guangdong, wie die China Electric Vehicle Charging Infrastructure Promotion Alliance berichtet.

Führende Provinzen in China mit öffentlicher Ladeinfrastruktur 2021 (Stück, Anteil in Prozent)

Ladesäulen

Anteil

Ladestationen

Anteil

China gesamt

1.146.956

100,0

74.700

100,0

  Guangdong

181.846

15,9

11.633

15,6

  Shanghai

103.249

9,0

5.870

7,9

  Jiangsu

97.265

8,5

6.701

9,0

  Beijing

96.840

8,4

5.850

7,8

  Zhejiang

82.041

7,2

6.001

8,0

  Shandong

62.251

5,4

4.999

6,7

  Hubei

58.627

5,1

2.379

3,2

  Anhui

58.307

5,1

2.326

3,1

  Henan

43.556

3,8

2.119

2,8

  Fujian

39.853

3,5

2.350

3,1

Quelle: China Electric Vehicle Charging Infrastructure Promotion Alliance

Hängen Chinas Elektroautobauer die Konkurrenz ab?

Chinesische Hersteller wie BYD, Wuling oder die Start-ups NIO und XPeng haben bei Elektromobilität die Nase vorn. Der Anteil chinesischer Marken im Pkw-Markt erreichte 2021 rund 44 Prozent und damit den höchsten Anteil sei Jahren. Bei Elektro-Pkw kommen sie sogar auf fast drei von vier verkauften Fahrzeugen. Die mit vielen elektronischen Gadgets und hoher Internetkonnektivität ausgestatteten Elektro-SUV treffen den chinesischen Kundengeschmack. Allein 395.000-mal wurde der Wuling Hongguang Mini EV im Gesamtjahr 2021 verkauft. Das unschlagbar günstige Elektroauto ist ab 3.600 Euro zu haben und kostet damit nur ein Achtel bis ein Siebtel des günstigsten Tesla-Modells.

Absatz von Pkw mit reinem Elektroantrieb in China nach Herstellermarken von Januar bis November 2021 (Stückzahl; Marktanteil und Veränderung zur Vorjahresperiode in Prozent)

Hersteller

Absatz

Veränderung 

Marktanteil

SAIC-GM-Wuling Automobile Co.

373.553

207,5

18,9

Tesla

251.801

118,9

12,7

BYD

246.050

197,6

12,4

Greatwall

110.780

166,0

5,6

GAC AION

105.593

99,4

5,3

NIO

80.384

120,6

4,1

Guangzhou Xiaopeng Motors Technology Company Ltd.

80.284

272,1

4,1

Chang'An

77.221

278,6

3,9

Saic

77.003

238,8

3,9

Chery New Energy

72.805

131,7

3,7

Quelle: China Passenger Car Association

 

Einzig Tesla mischt als ausländische Marke bislang ganz vorne mit. Als erster ausländischer Automobilbauer profitierte er 2019 vom Wegfall des Joint-Venture-Zwangs für NEV und zog sein Werk, die Gigafabrik, in Shanghai hoch. Es wird kontinuierlich erweitert. Zum Erfolg trägt die rasche Lokalisierung seiner Lieferketten bei.

Aufholjagd internationaler Hersteller gewinnt an Fahrt

Mit 70.600 Stück verkaufte Tesla allein im Dezember 2021 in China so viele Elektroautos wie Volkswagen im ganzen Jahr. Bis 2023 plant VW seine lokalen Herstellungskapazitäten auf jährlich 900.000 NEV zu erhöhen; BMW plant in seinem Joint Venture Spotlight mit Great Wall bereits ab 2023 batteriebetriebene Mini zu produzieren. Und Mercedes-Benz will bereits 2022 in allen Marktsegmenten auch Elektromodelle anbieten, wie auf der Firmenwebsite dargestellt wird.  Demnach sollen ab 2025 alle neuen Fahrzeug-Architekturen nur noch elektrisch sein. Der chinesische Konkurrent BYD wird nach eigener Darstellung bereits ab Ende 2022 keine Kfz mit Verbrennungsmotoren mehr produzieren.

Elektroautos aus China für die Welt

Die Ambitionen sowohl internationaler wie chinesischer Autobauer beschränken sich nicht auf China allein. Tesla exportierte 2021 rund 310.000 Elektroautos aus seiner Gigafabrik in Shanghai in die Welt – viermal so viel wie im Vorjahr und allein 15 Prozent der insgesamt aus China ausgeführten  knapp über 2 Millionen Kfz. Auch BMW bringt seine in Shenyang produzierten iX3-Modelle bereits in die Welt. Außerdem planen Daimler und Geely in ihrem Joint Venture in Ningbo künftig batteriebetriebene SMART für China und die Welt zu produzieren.

Chinas Kfz-Export 2021 (in 1.000 Stück; Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

Export

2021

Veränderung

Kfz

2.015

101,1

  Pkw

1.614

100,5

   NEV-Pkw*)

296

329,5

  Nfz

402

70,7

   NEV-Nfz*)

14

78,8

*) NEV umfasst batteriebetriebene Elektroautos, Plug-in-Hybridautos sowie Fahrzeuge mit BrennstoffzellenQuelle: China Association of Automobile Manufacturerers (CAAM) basierend auf Chinas Zollstatistik

Autos chinesischer Marken wie NIO, Xiaopeng, BYD oder Aiways sind außerhalb Chinas bislang nur wenige zu finden. Das dürfte sich 2022 ändern. Im Visier haben chinesische NEV-Bauer zumindest mittel- bis langfristig auch den Aufbau eigener Werke außerhalb Chinas. Vorausgeeilt sind Batteriehersteller wie CATL oder SVOLT, die gewaltige Investitionen in Europa und Deutschland tätigen. Auch Batterierecycling haben sie im Blick.

Das Ziel: Internationale Standards „made in China“

Chinas industriepolitische und tatkräftige finanzielle Unterstützung des NEV-Sektors zielt auf den Aufbau international führender chinesischer Wettbewerber. So setzt das seit Oktober 2021 gültige neue industriespezifische Datenschutzgesetz vor allem internationale Automobilbauer in China unter Druck. Hinzu kommt eine wachsende Einflussnahme Chinas in internationalen Standardgremien. Dort sind chinesische Firmen mit mehr oder weniger staatlicher Anleitung im Bereich batteriebetriebenes autonomes Fahren aktiv, das künftig komplett fahrerfreie Taxiflotten ermöglichen könnte. Standardexperten warnen, Europa drohe seine bislang führende Rolle bei der Setzung internationaler Standards zu verlieren.

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