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Branchen | China | Halbleiter

Firmen in China leiden unter Lieferengpässen bei Halbleitern

Eine rasche Behebung der Lieferstörungen von Chips ist nicht in Sicht. Für Huawei & Co. kommen erschwerend die US-Sanktionen hinzu. Viele streben höhere Lagerbestände an.

Von Roland Rohde | Hongkong

Weltweit gibt es ernsthafte Lieferengpässe bei Halbleitern. Davon sind auch sehr viele Firmen in China betroffen. Schließlich ist die Volksrepublik wegen ihrer Rolle als verlängerte Werkbank der Welt der größte Nachfrager nach Halbleitern.

Es gibt im Prinzip kaum eine Industriebranche in China, die nicht von der Knappheit betroffen ist. Die meisten Halbleiter kommen in Form von Elektronikchips und Prozessoren in Telekommunikationsgeräten und Produkten der Konsum- und Haushaltselektronik zum Einsatz. Auf diese Absatzstruktur ist unter anderem der Angebotsmangel zurückzuführen.

Während der Coronapandemie haben weltweit sowohl Privatpersonen als auch Firmen deutlich mehr in ihre IT-Infrastruktur investiert. Alleine in China ist der Einzelhandelsumsatz an Telekommunikationsausrüstungen 2020 nach Angaben des lokalen Statistikamtes um nominal 13 Prozent angestiegen, und das bei einem insgesamt rückläufigen Einzelhandelsgeschäft. Die meisten Hersteller waren von dem Absatzboom völlig überrascht worden. Sie hatten viel zu wenig Halbleiter vorbestellt.

Verschlimmern Spekulationen die Lage?

Zusätzlich wird vermutet, dass es eine künstliche Verknappung gibt. Einige Anbieter könnten versuchen, mehr am sogenannten Spotmarkt zu verkaufen, auf dem die Gewinnmargen besonders hoch liegen. Die dortigen Preise haben sich vervielfacht. Zusätzlich tauchten auffallend viele Nachfrager auf, die in der Vergangenheit keinerlei Halbleiter gekauft hätten. Mit anderen Worten: Die Situation zieht Spekulanten an.

Doch eine Weitergabe der Preissteigerungen an die Endabnehmer sei momentan nur bedingt möglich. Durchgreifende Besserung sei wohl erst für das 4. Quartal 2021 in Sicht. Hinzu kommt, dass es etwa in der Logistiksparte bei Containern ebenfalls derzeit Knappheiten gebe, die die Kosten in die Höhe treiben.

Größere Reserven, kürzere Planungszyklen

Für deutsche Unternehmen, die in China produzieren, gibt es somit keinen kurzfristigen Ausweg für die derzeitige Lieferknappheit bei Halbleitern. Viele überdenken aber ihre Produktions- und Lagerplanung. Sie gehen zu kürzeren Planungszyklen in der Fertigung über und bauen eine größere Notreserve auf. Konzepte wie "Lean Production" und "Just-in-time" haben eindeutig ihre Schwächen offenbart. In Zukunft wird man auf größere Lagerbeständen und eine breitere Zulieferstruktur achten.

Auf der Anbieterseite kamen Störungen hinzu, etwa der Brand in einer japanischen Foundry (Fertigungsbetrieb) oder der kalte Winter in Texas, der zu Stromausfällen und Stillständen bei den dortigen Halbleiterfabriken führte. Im Frühjahr 2021 produzieren aber praktisch alle Hersteller an der Kapazitätsgrenze und viele planen auch mit Kapazitätserhöhungen. Trotzdem wird es dauern, den aufgestauten Nachfrageüberhang abzubauen.

Kapazitätserhöhungen erfordern viel Zeit und Geld

Darüber hinaus entstehen enorme Kosten für den Neubau einer Fabrik und auch die Produktion von - teils hochkomplexen - Maschinen zur Halbleiterherstellung lässt sich nur entsprechend langsam hochfahren. Nach Angaben von Nikkei sind Mitte April 2021 die entsprechenden Lieferzeiten in einigen kritischen Bereichen auf bis zu 12 Monate gestiegen.

Die größten Hersteller von Halbleitern sind zum einen Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) und zum anderen der südkoreanische Konzern Samsung. Chinesische Unternehmen spielen in der internationalen Lieferkette eine vergleichsweise nachgeordnete Rolle. Das betrifft sowohl die mengenmäßigen Produktionskapazitäten als auch die Leitungsfähigkeit ihrer Chips.

Chinesische Hersteller hinken hinterher

Der größte einheimische Anbieter ist Semiconductor Manufacuring International Corp. (SMIC). Er machte 2020 ein hervorragendes Geschäft. Dennoch bleibt er technologisch hinter der Konkurrenz aus Taiwan, den USA oder Südkorea um ein bis zwei Halbleiter-Generationen. Das reicht zwar immer noch, um die Ansprüche weiter Teile der Konsumelektronikbranche zu befriedigen. Durchschnittlich betrachtet können aber chinesische Foundries nur etwa ein Drittel des einheimischen Chip-Bedarfs decken.

Gründe für Lieferprobleme bei Halbleitern in China

Nachfrageseitig

Angebotsseitig

Unerwartet hoher Umsatz bei Elektrogeräten

Produktionsstörungen in Japan und USA 

Firmen in China decken sich aufgrund des US-Handelskonflikts mit Vorräten ein

Zu geringe Fertigungskapazitäten in China

Spekulanten verstärken Knappheit

Kapazitätserhöhung (weltweit) nur langsam möglich

Firmen haben während Covid-19 zu wenig Chips bestellt

Längere Lieferzeiten für Halbleitermaschinen

Halbleiteranteil in vielen Produkten steigt stetig

Transportprobleme verstärken Knappheit

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest


Für einige chinesische Unternehmen und Branchen kommen zur aktuellen Lieferknappheit noch die US-Sanktionen hinzu. Die Vereinigten Staaten haben bestimmte chinesische Firmen auf eine schwarze Liste gesetzt. Sie dürfen nicht mehr mit Halbleitern, die in den USA produziert oder die im Ausland mit US-Technologie hergestellt wurden, beliefert werden. Das kommt praktisch einem weltweiten Boykott gleich, an den sich auch die Auftragshersteller aus Taiwan oder Südkorea halten.

Huawei reagiert auf US-Sanktionen mit großen Lagerbeständen

Bekanntestes von den US-Sanktionen betroffenes Unternehmen ist Huawei. Ohne US-Technologie kann das Unternehmen seine neuesten Smartphones nicht mehr produzieren. Zwar hat man sich mit großen Vorräten eingedeckt, was auch zur Marktverknappung beigetragen haben dürfte. Doch das ist keine dauerhafte Lösung. Schließlich veralten die Chips aufgrund des rasanten technischen Fortschritts rasch. Huawei musste 2020 im Auslandsgeschäft erstmals seit vielen Jahren Umsatzverluste hinnehmen. Immerhin boomte das Geschäft in der Heimat.

Es gibt auch weniger prominente Leidtragende. China entwickelt seinen eigenen Mittelstreckenjet. Das Staatsunternehmen COMAC ist dabei federführend und landete ebenfalls auf der schwarzen US-Liste. Doch die Abhängigkeit von ausländischer Technologie im Flugzeugbau in China ist - insbesondere im Elektronikbereich - nochmals höher. Alle wichtigen Komponenten für den sogenannten C919 müssen importiert werden. Die einheimische Wertschöpfung soll bei nur einem Fünftel liegen. Das Vorhaben steht damit auf der Kippe.


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