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Kosmetikindustrie spürt Konsumflaute
Die chinesische Kosmetik- und Körperpflegemittelindustrie setzt vor allem auf den riesigen Inlandsmarkt. Doch dieser schwächelt.
30.08.2022
Von Roland Rohde | Hongkong
Chinesische Verbraucher halten sich angesichts der angespannten Pandemielage weiter mit Anschaffungen zurück. Der Einzelhandelsumsatz mit Kosmetikwaren ging nach Angaben des nationalen Statistikamtes NBS (National Bureau of Statistics of China) im 1. Halbjahr 2022 um 2,5 Prozent zurück. Der gesamte Einzelhandelsumsatz verzeichnete ein Minus um 0,7 Prozent.
Kosmetikindustrie wenig exportorientiert
Da die Branche vergleichsweise wenig exportorientiert ist und chinesische Marken sich bisher im Ausland noch nicht voll etablieren konnten, setzen sie vor allem auf den riesigen Heimatmarkt. Allerdings lassen etliche internationale Branchenhersteller im Reich der Mitte produzieren und bedienen von dort aus auch ausländische Märkte, insbesondere in Asien.
Insgesamt betrachtet übersteigen die Brancheneinfuhren die -ausfuhren erheblich, vornehmlich in der Sparte Schönheitsmittel und Duftwässer. Der Umsatz der Hersteller ist in den ersten vier Monaten 2022 bereits leicht gesunken. Das Minus fiel aber bescheidener aus als der entsprechende Rückgang der Einzelhandelsumsätze. Vermutlich kommt die dortige Marktentwicklung etwas zeitverzögert bei den Produzenten an.
2021 | Veränderung 2021/20 | Veränderung 2022/211) | |
---|---|---|---|
Umsatz | 75,2 | 14,0 | -3,6 |
Ausfuhren2) | 12,2 | 16,4 | 18,5 |
Einfuhren2) | 31,6 | 23,8 | -5,7 |
Nachholbedarf in Städten im Inland
Die chinesische Mittelklasse gibt vergleichsweise viel für Schönheitsmittel aus. Generell gibt es aber in den Städten jenseits der zweiten Reihe noch einen erheblichen Nachholbedarf. Nach wie vor ist dabei eine gewisse Zweiteilung des Marktes zu beobachten. Während Importprodukte oder vor Ort erzeugte Artikel ausländischer Marken in den wirtschaftsstarken Metropolen dominieren, überwiegen jenseits davon einheimische Erzeugnisse. Viele lokale Hersteller nutzen allerdings importierte Vorprodukte.
In China gilt wie praktisch überall in Asien die Regel: Weiß gleich schön. Sonnenexposition wird daher möglichst vermieden. Sehr viele Kosmetika sind mit Bleichmitteln und Sonnenschutz - mindestens Faktor 50 - versehen. Zwar ist das Gros der Produkte auf die Damenwelt abgestimmt. Dessen ungeachtet sieht die Branche im chinesischen Mann schon länger eine wichtige Zielgruppe. Seit Jahren liegen die Wachstumsraten für Herrenkosmetik und -pflegemittel im zweistelligen Bereich.
Hochpreisige Luxuskosmetika gut nachgefragt
Viele Chinesen kaufen Kosmetik traditionell anlässlich einer Auslandsreise in Duty-free-Läden. Diese Möglichkeit gibt es seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Chinas Grenzen sind dicht und dürften sich 2022 nicht mehr im nennenswerten Umfang öffnen. Hochpreisige Branchenprodukte von ausländischen Luxusgüterherstellern erfreuen sich einer großen Beliebtheit. Deutsche Anbieter können bei Kosmetik und Parfüms nicht mit der Konkurrenz aus Japan, Südkorea, den USA oder Frankreich mithalten. Im Bereich Wasch- und Körperpflegemittel war Deutschland 2021 aber das drittgrößte Lieferland. "Made in Germany" steht für Naturbelassenheit.
Land | Gesamt1) | Kosmetik2) | Pflege- und Waschmittel3) |
---|---|---|---|
Japan | 7.079 | 5.078 | 2.001 |
Frankreich | 5.878 | 5.449 | 429 |
USA | 3.441 | 2.472 | 969 |
Südkorea | 3.370 | 2.730 | 640 |
Vereinigtes Königreich | 1.890 | 1.774 | 116 |
Deutschland | 1.052 | 304 | 748 |
Italien | 871 | 688 | 183 |
Belgien | 613 | 490 | 123 |
Wachstumsmarkt Naturkosmetik
Bei "grüner" oder tierfreundlich hergestellter Kosmetik handelt es sich um einen Wachstumsmarkt. Dass in der Volksrepublik ab dem 1. Mai 2021 mit der Kosmetikrichtlinie CSAR (Cosmetics Supervision and Administration Regulation) die Pflicht zu Tierversuchen für einen Teil der importierten Kosmetikprodukte abgeschafft wurde, wird als große Chance für entsprechend aufgestellte internationale Hersteller gesehen. Nicht wenige verzichteten bisher aus ethischen Gründen auf den chinesischen Markt. Die Neuregelung gilt allerdings nur für "allgemeine Kosmetik" - darunter fallen etwa Shampoo, Duschgel, Lippenstift, Lotionen oder Make-up.