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Die Coronapandemie hat die Digitalisierung in Chinas Gesundheitsbereich enorm beschleunigt - von QR-Gesundheitscodes über Patientendatenbanken hin zu Internet-Krankenhäusern.
18.09.2023
Von Corinne Abele | Shanghai
Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie haben Chinas Gesundheitsbranche 2020 geprägt. Vor allem im 1. Halbjahr wurden alle Ressourcen des Gesundheitssektors zur Bekämpfung der Pandemie mobilisiert. Schrittweise setzte dann im 2. Halbjahr 2020 eine Erholung des allgemeinen medizintechnischen und pharmazeutischen Marktes ein. Eine Einschätzung des Southern Medicine Economic Research Institute der National Medical Products Administration (NMPA) Ende 2020 sah den Markt für medizintechnische und pharmazeutische Produkte 2020 insgesamt um etwa 3 Prozent wachsen. Für das Jahr 2021 wird demnach ein Zuwachs von insgesamt rund 8,2 Prozent erwartet.
Dabei dürfte das Umsatzwachstum für Medizintechnik das für Arzneimittel übertreffen. Denn die Krankenhäuser befinden sich im Übergang von der früheren Finanzierung durch Aufpreise auf Medikamentenverschreibungen hin zu einer Erstattung in Anlehnung an eine Fallkostenpauschale (DRG - diagnostic-related groups); die Covid-19-Pandemie hat die landesweite Umsetzung allerdings verlangsamt.
Die ursprüngliche Finanzierungsstruktur hat dazu beigetragen, dass Chinas Markt für medizintechnische Produkte weniger als ein Fünftel des pharmazeutischen Marktes beträgt. Dennoch liegt der chinesische Medizintechnikmarkt nach Darstellung der East West Bank mit rund 91 Milliarden US-Dollar (US$) 2019 bereits hinter den USA und vor Japan auf Platz zwei. Aufgrund unscharfer Abgrenzungen bleiben Marktgröße und Vergleiche jedoch schwierig und ungenau.
Bild vergrößernDie Entwicklung wichtiger medizintechnischer Importpositionen zeigt zwar einen beständigen Anstieg der Einfuhr, allerdings bei sinkendem Marktanteil. Basierend auf ausgewählten HS-Positionen lag er GTAI-Berechnungen zufolge 2016 noch knapp über 16 Prozent, während er 2019 nur noch 14 Prozent erreichte. Inländisch hergestellte Produkte bauen ihre Marktpositionen aus.
Zwar war die Volksrepublik anfänglich auf Importe von Beatmungsgeräten und Schutzmasken angewiesen, zählt jedoch zu einem der größten Exporteure von Schutzmasken und -kleidung und anderer Hilfsmittel. Allerdings kam und kommt es immer wieder zu Qualitätsproblemen.
Für den Druck auf die Preise trägt die zunehmend zentralisierte Beschaffung für staatliche Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen auf Provinz- und Stadtebene bei, die nach anfänglichen regionalen Pilotphasen kontinuierlich ausgedehnt wird. Die Budgets für die Beschaffung in der Regel teurerer importierter Produkte dürften daher unter Marktwachstum zulegen. Gemäß dem Industriemodernisierungsprogramm "Made in China 2025" sollten Krankenhäuser auf Kreisebene bereits 2020 mindestens die Hälfte ihrer medizinischen Geräte im gehobenen und High-End-Segment von inländischen Herstellern beschaffen (2025: 70 Prozent; 2030: 95 Prozent).
Chinas Ausgaben für die Gesundheitsversorgung haben sich in den vergangenen zwölf Jahren versechsfacht und werden weiter rasant steigen. Bereits 2019 beliefen sich die Gesundheitsausgaben auf fast 1 Billion US$. Bis 2030 dürften sie sich laut dem Plan "Healthy China 2030" auf rund 2,4 Billionen US$ mehr als verdoppeln. Dies spornt weitere Investitionen an - sowohl in die Modernisierung des staatlichen Krankenhaussektors, privater Krankenhäuser als auch in den Auf- und Ausbau von Pflege- und Altenheimen. Ausländische Anbieter sind mit dabei. Projekte in Chinas Gesundheitssektor unterstützen unter anderem auch die Asiatische Entwicklungsbank (ADB), die Weltbank oder auch die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Die Ausschreibungen müssen in diesen Fällen international erfolgen (siehe Projektdatenbank GTAI).
Die meisten Krankenhäuser betreiben ausländische Investoren mit chinesischen Partnern. Generell sind Joint Venture verpflichtend, sieht man von wenigen Pilotregionen (wie beispielsweise in der China (Shanghai) Pilot Free Trade Zone oder in der Hainan Boao Lecheng International Medical Tourism Pilot Zone) ab. Gemäß dem Ende Dezember 2020 unterzeichneten Investitionsabkommen zwischen der Europäischen Union und China könnte es hier künftig Lockerungen und (zumindest in einigen Regionen) Mehrheits-Joint-Ventures geben.
Fortschreitende Digitalisierung, Modernisierung und Ausbau der Gesundheitsversorgungsinfrastruktur im Land sowie der massive einsetzende Preiskampf (über zunehmend volumenbasierte Beschaffung) zwingen die Branchenführer in neue Kapazitäten sowie Forschung und Entwicklung zu investieren. Auch ausländische Medizintechnikfirmen folgend diesem Trend. Gleichzeitig müssen sie ihre Kooperationen mit großen lokalen Playern vor allem im Bereich Digital Health ausbauen.
Projekt | Investitionssumme | Anmerkung |
---|---|---|
Neubau des Ost- Campus des Shanghai Oriental Hospital in Shanghai | k.A. | Geplanter Baubeginn: 18.06.21 |
Renovierung und Erweiterung der Abteilung für Infektionskrankheiten im Haihe Hospital 2) in Tianjin | 30,4 | Bauzeit: Ende 2020 bis Ende 2022 |
Gründung GREE Xinhui Medical Equipment Co. in Tianjin | 7,2 3) | Gründungsdatum: 26. 10.20 |
Einrichtung des Jiangsu-Datenzentrums für Medizintechnik in Gaochun (Provinz Jiangsu) | k.A. | Vertragsunterzeichnung: 11.05.20 |
Biomedical Industrial Park in Xian'an Economic Development Zone (Provinz Hubei) | 724,7 | Geplante Bauzeit: 2020-2022 |
Durch drastische und konsequente Abriegelung von Infektionsherden sowie einer nahezu de facto Schließung seiner Landesgrenzen ist es China nach dem anfänglichen katastrophalen Ausbruch in Wuhan gelungen, die Covid-19-Pandemie im Land unter Kontrolle zu bringen. Dabei spielt der Einsatz digitaler Instrumente wie etwa des QR-Gesundheitscodes oder des Bewegungscodes, basierend auf öffentlichen Daten und Bewegungsdaten der Mobilfunkanbieter, eine große Rolle. Ebenso hat Covid-19 vor allem während des akuten Ausbruchs in China zu einer massiven Verlagerung der Gesundheitsversorgung auf Online-Plattformen geführt. Diese Erfahrungen sorgen für neue Gelder für den digitalen Gesundheitsbereich. So erließ die nationale Gesundheitskommission im Februar 2020 mehrere Mitteilungen zur Stärkung der IT-Infrastruktur, des vermehrten Einsatzes digitaler Dienste sowie der Standardisierung medizinischer Online-Beratungsdienste.
Dabei erfordert allein die Modernisierung von IT-Hard- wie Software im Gesundheitswesen über Jahre hinweg einige Millionen US$ an Investitionen. Laut Branchenexperten ist der Markt bislang fragmentiert und bietet damit generell auch noch für spezialisierte ausländische Anbieter Chancen - soweit technische Standards sowie landesspezifische Besonderheiten des Datenschutzes eingehalten werden.
Bislang werden die Covid-19-Impfungen gemäß der Impfstrategie der Regierung sowie notwendige Covid-19-Tests weitgehend von der Basiskrankenversicherung übernommen. China hat eigene Impfstoffe gegen Covid-19 entwickelt, die es teilweise auch exportiert, ausländische Impfstoffe sind hingegen bis Anfang März 2021 nicht zugelassen. Zwar ist die Basiskrankenversicherung landesweit obligatorisch und erstreckt sich auf die gesamte Bevölkerung. Sie deckt jedoch regional unterschiedlich immer nur einen Teil der Kosten. Gearbeitet wird an einer landesweiten Vereinheitlichung der Versicherungsleistungen sowie der Möglichkeit, diese unabhängig vom Geburts- beziehungsweise Wohnort (Hukou) einsetzen zu können. Nach wie vor zählt Krankheit zum größten Armutsrisiko in China. Der Markt für private Zusatzversicherungen wächst daher gerade bei Chinas wohlhabenderer Mittelschicht stark.
Fachbereich | Anzahl |
---|---|
Spitzenkrankenhäuser | 2.860 |
Regionalkrankenhäuser | 10.059 |
Primärkrankenhäuser | 11.545 |
Zentren zur Prävention und Bekämpfung von Krankheiten | 3.424 |
Gesundheitseinrichtungen für Mütter und Kinder | 3.070 |
Krankenhäuser für Spezialkrankheiten (Institute, Stationen) | 1.093 |
Gesundheitsaufsichtsämter | 2.994 |
Einrichtungen für technische Dienstleistungen zur Familienplanung | 3.952 |
Da es kein Hausarztsystem mit niedergelassenen Ärzten gibt, werden selbst geringfügige Krankheiten ambulant behandelt. Während Spitzenkrankenhäuser stark überlastet sind, haben kleinere Krankenhäuser offene Termine und leere Betten. Auch ist die Gesundheitsversorgung bislang in weiten Teilen zweigeteilt in westliche sowie traditionelle chinesische Medizin (TCM). Dies soll künftig überwunden sowie die Präventivmedizin allgemein ausgebaut werden.
Der Bettenanteil nicht-staatlicher Krankenhäuser ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Engpassfaktoren stellen allgemein Pflegepersonal sowie vor allem Ärzte dar. Hier bieten Digitalisierungslösungen neue Ansatzpunkte.
Indikator | Wert |
---|---|
Einwohnerzahl (2020 in Mio.) | 1.439 |
Bevölkerungswachstum (2019 in % p.a.) | 0,33 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2019) | |
Anteil der unter 16-Jährigen (in %) | 17,8 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 12,6 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2019 in Jahren) | 77,3 |
Durchschnittseinkommen (2019 p.a.in US$)* | 4.454 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2019 in US$)* | 681,6 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2019 in %) | 6,64 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2019) | 277 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2019), davon | 630 |
privat (Anteil in %) | 27,5 |
öffentlich (Anteil in %) | 72,5 |