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Nach einem etwas verhaltenen Coronajahr 2020 stehen 2021 alle Zeichen auf Expansion. Produktion, Umsatz und Gewinn steigen stark, zurückgestellte Investitionen werden nachgeholt.
16.08.2021
Von Roland Rohde | Hongkong
Gegessen und getrunken wird bekanntlich immer. Diese alte Weisheit trifft insbesondere auf Krisen wie die Coronapandemie zu. Es kann aber – zumeist vorübergehende – strukturelle Veränderungen geben. In China etwa ging die Bevölkerung im 1. Halbjahr 2020 aufgrund von Lockdowns deutlich weniger auswärts essen und kochte stattdessen überwiegend zu Hause. Da die Volksrepublik das neuartige Virus aber schnell in den Griff bekam, konnten die Einheimischen ab dem Sommer 2020 zumindest im Inland weitgehend zum Alltag zurückkehren. Auch das Konsumverhalten normalisierte sich infolgedessen. Lokale Ausbrüche, die das Reich der Mitte seit dem Frühsommer 2021 heimsuchen, haben daran im landesweiten Maßstab wenig geändert.
Daneben gibt es einen Trend, der durch Covid-19 zusätzlichen Auftrieb erhielt: Chinesische Verbraucher gehen zunehmend in modernen Supermärkten einkaufen und meiden traditionelle Märkte mit ihren teils fragwürdigen hygienischen Bedingungen. Schließlich war auch das neuartige Coronavirus erstmals auf einem Lebensmittelmarkt in Wuhan aufgetreten. Außerdem hat es sich etabliert, Nahrungsmittel online zu bestellen. Die Anbieter haben kräftig in ihre Logistik investiert, um eine rasche Lieferung ohne lange Unterbrechung der Kühlkette garantieren zu können. Während der Internetumsatz mit Lebensmitteln zwischen 2017 und 2020 um jeweils gut 30 Prozent per anno zulegte, zeigte sich im 1. Halbjahr 2021 eine gewisse Abflachung der Wachstumskurve.
Kategorie | 2018 | 2019 | 2020 | 1. Halbjahr 2021 |
---|---|---|---|---|
Gesamt, davon | 9,5 | 9,7 | k.A. | k.A. |
Nahrungsmittel (einschließlich Öle, Getreide) | 10,2 | 10,2 | 9,9 | 10,5 |
Getränke | 9,0 | 10,4 | 14,0 | 29,2 |
Alkohol und Tabak | 7,4 | 7,4 | 5,4 | 32,0 |
Online-Umsatz mit Nahrungsmitteln | 33,8 | 30,9 | 30,6 | 23,5 |
Die Nachfrage nach Alkohol ging während der Pandemie merklich zurück. Chinesen gelten als soziale Trinker, die gerne im Restaurant gemeinsam mit Freunden und Verwandten eine Flasche Whiskey oder chinesischen Likör (Baijiu) öffnen. Durch zeitweilige Lockdowns im Jahr 2020 mussten sie auf dieses Vergnügen verzichten. In der Statistik zeigte sich daher für das 1. Halbjahr 2021 ein enormer Nachholeffekt.
Wie stark der Umsatz des Lebensmitteleinzelhandels jüngst stieg, lässt sich nicht genau beurteilen, da aggregierte Zahlen nur bis 2019 veröffentlicht wurden. Seit 2020 werden lediglich Werte für einzelne Sparten publiziert. Das Gesamtgeschäft dürfte aber wie in den Vorjahren um knapp 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sein.
Die Zahlen sind mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, denn sie beziehen sich auf in größeren Geschäften getätigte Umsätze. Die Branche wird aber weiterhin von einer Vielzahl von kleinen Läden geprägt. Somit überzeichnet der Konsumententrend, in großen Supermärkten einzukaufen, das statistisch erfasste Wachstum der Branche. Der Siegeszug des E-Commerce hat den gleichen Effekt, denn dort dominieren einige wenige Anbieter.
Laut Angaben des nationalen Statistikamtes stiegen die Umsätze der chinesischen Nahrungsmittelindustrie 2020 lediglich um 1,4 Prozent auf umgerechnet knapp 1,4 Billionen US-Dollar (US$). Immerhin legte ihr Gewinn um 9,7 Prozent auf rund 107 Milliarden US$ zu. Für das 1. Halbjahr 2021 vermeldete die Behörde entsprechende Steigerungsraten von jeweils rund 16 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Hierbei dürfte der statistische Basiseffekt eine gewisse Rolle gespielt haben. Im Vorjahreszeitraum gab es zeitweise umfangreiche Störungen in der Produktion und in den Lieferketten.
Kategorie | 2020 | Veränderung | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung |
---|---|---|---|---|
Nahrungsmittelverarbeitung | 694,8 | 2,2 | 369,5 | 5,4 |
Nahrungsmittelproduktion | 284,3 | 1,6 | 144,5 | 10,4 |
Getränke | 215,1 | -2,6 | 119,7 | 29,7 |
Tabak | 165,8 | 3,1 | 99,6 | 14,1 |
In den Zahlen ist die Tabaksparte enthalten. Die Daten beziehen sich zudem auf größere Hersteller mit einem Jahresumsatz von mindestens 2,9 Millionen US$. Zwar ist das verarbeitende Gewerbe ebenfalls von einer Vielzahl kleinerer Firmen geprägt. Doch deren Gesamtumsatz dürfte statistisch nicht so stark ins Gewicht fallen wie im Falle des Einzelhandels. Insofern können die Werte als repräsentativ gelten.
Der Aufwärtstrend im 1. Halbjahr 2021 zeigte sich auch bei anderen Kennzahlen wie der Produktion oder den Anlageinvestitionen. Insgesamt hielt sich die Branche 2020 mit dem Kauf von neuen Maschinen leicht zurück und dürfte entsprechende Anschaffungen 2021 nachholen. Dabei stößt sie jedoch an Grenzen. Weltweit bestehen Engpässe bei zahlreichen Produkten sowie im Logistikbereich.
Nicht nur Maschinenbauer, sondern auch ausländische Anbieter von Nahrungsmitteln können mit vollen Auftragsbüchern rechnen. China ist in bestimmten Produktsparten auf Importe angewiesen, so unter anderem bei Fleisch, Futtermitteln, Ölen und Milchprodukten. Die inländische Fleischproduktion von größeren Betrieben stagnierte 2020 laut Angaben des nationalen Statistikamtes. Jedoch legte sie in den ersten sechs Monaten 2021 auf Jahresbasis um 23 Prozent zu.
Der Ausstoß von Milch und Milchprodukten wuchs 2020 im Vergleich zum Vorjahr um 7,5 Prozent beziehungsweise 2,8 Prozent. Im 1. Halbjahr 2021 beschleunigte sich das Wachstum auf 7,6 Prozent respektive 16,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Umsätze der Milchprodukthersteller legten 2020 um 6,7 Prozent auf rund 60,9 Milliarden US$ zu. Für die ersten vier Monate 2021 ergab sich ein Plus von 20,3 Prozent.
Kategorie | Produktion | Veränderung |
---|---|---|
Fleisch, davon | 76,4 | -0,1 |
Schweinefleisch | 41,1 | -3,3 |
Geflügel | 23,6 | 5,5 |
Rindfleisch | 6,7 | 0,8 |
Lamm, Ziege | 4,9 | 1,0 |
Milch | 34,4 | 7,5 |
Milchprodukte | 27,8 | 2,8 |
Nicht-alkoholische Getränke, davon | 1.634,7 | -7,7 |
Abgefülltes Wasser | 866,1 | -10,7 |
Getränke mit Kohlensäure | 197,1 | 4,7 |
Säfte | 151,7 | -7,7 |
Alkoholische Getränke, davon | 523,8 | -6,3 |
Bier | 341,1 | -7,0 |
Chinesische Spirituosen | 74,1 | -2,5 |
Wein | 4,1 | -6,1 |
Ausführliche und aktuelle Zahlen zum chinesischen Einzelhandel und zum E-Commerce liefert das nationale Statistikamt auf Englisch. Da der chinesische Markt für ausländische Branchenanbieter herausfordernd ist, empfiehlt sich die GTAI-Publikation "Marktzugang für Nahrungsmittel in China". Hilfestellung beim Absatz in der Volksrepublik bietet die Broschüre "Vertrieb und Handelsvertretersuche – China".
Einen guten Überblick über die Struktur des E-Commerce finden Sie im Bericht "Online-Handel in China ist trotz Alibaba-Dominanz vielfältig". Da Geschäftsreisen nach China im Sommer 2021 kaum möglich sind, erweisen sich digitale Lösungen als unumgänglich. Darüber informiert das Fact Sheet "Digitale Geschäftspraxis für China". Eine rasche Besserung in Bezug auf die Reisefreiheit ist vorerst nicht in Sicht, denn Chinas Grenzen dürften noch lange geschlossen bleiben.