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Branchen | China | Maschinenbau

Schwache Konjunktur drückt Maschinennachfrage

Lockdowns in ganz China haben im 1. Halbjahr 2022 für große Unplanbarkeit gesorgt. Dies hemmt Investitionen in Maschinen und Anlagen. Die Hoffnung auf schnelle Besserung sinkt.

Von Corinne Abele | Shanghai

Die chinesische Wirtschaft befindet sich im Juni 2022 im Durchhaltemodus. Wie planen, verkaufen und Gewinne einfahren, wenn nach dem Lockdown schon wieder vor dem nächsten Lockdown sein kann? Viele Unternehmen warten erst einmal ab und verschieben geplante Anschaffungen von Maschinen und Anlagen. In den ersten fünf Monaten 2022 stiegen die festen Anlageinvestitionen im Maschinenbau nur noch um 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum – mit seit Jahresanfang fallender Tendenz.

Branche kämpft mit steigenden Preisen

Solange die chinesische Null-Covid-Politik mit den erratischen Lockdowns, drastisch eingeschränkten internationalen und nationalen Reisemöglichkeiten sowie drakonischen Quarantäneregelungen anhält, ist kaum Besserung in Sicht. Hinzu kommt, dass der gesamte Produktionssektor infolge des Ukrainekriegs und der Logistikengpässe mit steigenden Rohstoffpreisen und fehlenden Komponenten kämpft. Die Logistik- und Transportpreise sind zeitweise auf ein Vielfaches des Niveaus vor den Lockdowns hochgeschossen. Mit einem Rückgang auf das Ausgangsniveau rechnet in mittelfristiger Zukunft keiner.

Wettbewerbsnachteile durch Lieferengpässe

Global unterbrochene Lieferketten treffen vor allem deutsche Maschinenbauer mit bisher geringer Lokalisierung vor Ort in China. Um teure Transportkosten und unsichere Lieferzeiten zu vermeiden sowie an Schnelligkeit mit der lokalen Konkurrenz mitzuhalten, müssen Firmen dies nun nachholen. Viele Unternehmen haben mit diesem Prozess jedoch bereits vor Jahren begonnen.

Steigende Rohstoff-, Energie- und Transportpreise lassen die Rentabilität des Maschinenbaus in China sinken. Nach Darstellung von Dongguan Securities ging der Umsatz des Maschinen- und Anlagenbaus im 1. Quartal 2022 im Vergleich zum Vorquartal um rund 22 Prozent und im Vergleich zum Vorjahresquartal um fast 1,5 Prozent zurück. Der Gewinn lag 24,4 Prozent unter dem Wert des Vorjahresquartals, was jedoch teils an dem hervorragenden Ergebnis des 1. Quartals 2021 lag. Von Jahresbeginn bis Mitte Mai 2022 fiel der Wert von inländisch börsennotierten Maschinen- und Anlagenbauern um rund 24 Prozent. Stark betroffen waren die Segmente Werkzeugmaschinen und Baumaschinen, während der Bereich Automatisierungsanlagen einen deutlichen Anstieg verzeichnete.

Entwicklung von Umsatz und Nettogewinn in ausgewählten Maschinenbausegmenten im 1. Quartal 2022 (Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in Prozent) *)

Untersegment

Umsatz

Nettogewinn

Automationsausrüstung

203,9

96,7

  Robotik

273,5

63,6

Textil- und Bekleidungsausrüstung

40,0

321,2

Landwirtschaftsmaschinen

27,2

32,7

Energieausrüstung

12,0

16,7

Druck- und Verpackungsmaschinen

6,0

-36,9

Werkzeugmaschinen

-8,0

107,8

Baumaschinen

-23,4

-47,9

  Komplette Baumaschinen

-24,5

-50,0

  Baumaschinenteile

7,4

-22,8

*) basierend auf Angaben an inländischen Börsen notierten Maschinenbauern; gerundetQuelle: Dongguan Securities, 15.05.22

Bereits Anfang April 2022 gingen 29 Prozent der im Rahmen der Frühlingsumfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vor Ort befragten deutschen Maschinenbauer von einer weiteren Verschlechterung ihrer Geschäftsaussichten aus. Damals hatte der insgesamt zwei Monate andauernde Shanghaier Lockdown gerade erst begonnen. Der Einkaufsmanagerindex im produzierenden Gewerbe lag im Mai 2022 den dritten Monat in Folge unter der 50er-Marke. Erst Werte über 50 verweisen auf eine erwartete Marktexpansion.

Gerade kleineren Maschinenbauern machen immer spätere Zahlungen ihrer Kunden zu schaffen. Vor allem Staatsunternehmen reizen ihre Marktmacht aus. Auf den Cashflow zielende Hilfsmaßnahmen gegen die Lockdown-Auswirkungen wie das Aussetzen von Sozialversicherungsbeiträgen oder das Aufschieben von Steuerzahlungen haben bislang viele Firmen noch nicht erreicht. Die Zweifel an einer raschen V-förmigen Erholung wie im Jahr 2020 nehmen zu.

Wichtige Nachfragebranchen unter Druck

Die Zukunftsaussichten sind unsicher, die Nachfrage wichtiger Abnehmerbranchen bleibt verhalten. Die akkumulierte industrielle Wertschöpfung lag im Mai 2022 nur noch 3,3 Prozent über dem Vorjahresniveau. Bei ausländisch investierten Unternehmen blieb sie 3,4 Prozent unter dem Vorjahresniveau; noch im Mai 2021 hatte sie um 19,7 Prozent zugelegt.

Die Lockdowns sorgten in den ersten fünf Monaten 2022 für 3,6 Prozent weniger verkaufte Pkw. Die industrielle Wertschöpfung der Kfz-Branche blieb 5,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Das Interesse an Elektroautos ist jedoch hoch. Bis Mai 2022 wurden rund 2 Millionen Pkw mit alternativem Antrieb (New Energy Vehicle; NEV) und damit mehr als doppelt so viele Fahrzeuge wie im Vorjahreszeitraum verkauft. Zum guten Ergebnis verhalf etwa die Verlängerung der Subventionen für NEV zunächst bis Ende 2022. Laut lokalen Presseberichten soll das Ministerium für Industrie und Informationstechnologie eine Verlängerung gewisser Subventionen bis 2023 erwägen.

Angesichts der Verschuldungskrise der Immobilienbranche überraschen auch die schlechten Umsatzzahlen der Baumaschinenhersteller im 1. Quartal 2022 nicht. Die Investitionen in neue Immobilienprojekte sanken laut dem nationalen Statistikbüro in den ersten fünf Monaten um 11,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für die Umsetzung der von der Zentralregierung zur Ankurbelung der Wirtschaft angestoßenen Infrastrukturprojekte fehlt es einigen durch Lockdowns und PCR-Massentests gebeutelten Regionalregierungen inzwischen an Geld.

Geschäfte leiden unter Politisierung

Das Vertrauen in immer stärkeres Wachstum, immer größere Umsätze und höhere Gewinne schwindet auch angesichts des politischen Gegenwinds. Mit ausländischem Kapital finanzierte, feste Anlageinvestitionen schrumpften bis Mai 2022 gegenüber der Vorjahresperiode akkumuliert um 36,7 Prozent.

„China hat als Investitionsstandort deutlich an Attraktivität eingebüßt“, fasste es die Vizepräsidentin der Europäischen Handelskammer (EUCCC) bei der Präsentation des EUCCC Business Confidence Survey im Juni 2022 zusammen. Etwa die Hälfte der Unternehmen sieht ein stärker politisiertes Geschäftsumfeld in China. Darauf verweist auch der von 3 Prozent im Herbst 2021 deutlich auf 13 Prozent im Frühjahr 2022 gestiegene Anteil der Befragten der VDMA-Umfrage, die geforderte inländisch gefertigte Mindestanteile als Herausforderung sehen. Bereits seit einigen Jahren verfolgt China im Rahmen des industriepolitischen Programms "Made in China 2025" das Ziel, die Importabhängigkeit vom Ausland bei hochwertigen Maschinen zu verringern.

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