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Branchen | Dänemark | Bauwirtschaft

Marktchancen in der Bauwirtschaft

Nach langjähriger Hausse steht der Baubranche in Dänemark eine Konsolidierung bevor. Einige Unterbereiche bieten dennoch Potenzial - vor allem für spezialisierte Auftragnehmer.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Wohnungsbau mittelfristig im Abwärtstrend

Kurz vor Ausbruch der Pandemie verzeichnete die dänische Baubranche Rekordwerte bei Aktivitäten und Umsätzen. Dank Hilfsmaßnahmen der Regierung - wie dem 4 Milliarden Euro großen Renovierungsfonds - tat Corona dem Treiben keinen Abbruch. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine setzte dem Trend aber ein Ende.

Dem Wohnungsbau machen vor allem die Inflation sowie Vorzieheffekte zu schaffen. Die günstigen Kredite der Vor- und Pandemiejahre, die bereits angesprochene Förderung sowie die umfangreichen Homeoffice-Verordnungen haben den Markt in den vergangenen Jahren beschleunigt und dazu geführt, dass ein Teil der üblichen Immobiliennachfrage vorweggenommen wurde.

Die Inflation führte hingegen zu Zinssteigerungen: Alleine in der 2. Jahreshälfte 2022 stieg der Leitzinssatz der dänischen Nationalbank von -0,4 Prozent auf 1,9 Prozent. Im Februar 2023 folgte eine weitere Anhebung auf 2,25 Prozent. Dabei bescheinigt Eurostat Dänemark den fünfthöchsten Schuldenstand der Europäischen Union. Im Vergleich zum Bruttoinlandsprodukt lag die Verschuldung des Privatsektors mit über 240 Prozent beim nahezu Doppelten des deutschen Wertes.

Entsprechend beschleunigte der sich seit Mitte 2021 abzeichnende, leichte Negativtrend bei der Bauaktivität Anfang 2022 deutlich. Im Dezember des Jahres lag die Summe der sich im Bau befindlichen Wohnfläche nahezu 40 Prozent unter dem Wert des gleichen Monats 2021. Die Anzahl der beantragten Wohn-Quadratmeter ging zeitgleich um über 32 Prozent zurück. Besonders sichtbar ist die Zurückhaltung bei Einfamilienhäusern: Der Eingang von Baugenehmigungsanträgen lag in der 2. Jahreshälfte 2022 etwa 39 Prozent unter dem Wert der vorangegangenen sechs Monate.

Bei Mehrfamilienhäusern betrug der Rückgang 33 Prozent. Laut Branchenexperten wirken sich hier nicht nur Zinserhöhungen, sondern vor allem die gestiegenen Preise von Baumaterialien und Arbeit aus. Der Nationale Baufonds, von dessen Sozialwohnungsbau bisher etwa 1 Million Dänen profitiert haben, setzt nämlich preisliche Obergrenzen für die Baukosten fest. Wegen der Preisentwicklung sind diese zur Zeit aber kaum einzuhalten.

Langfristige Prognosen lassen keine schnelle Trendumkehr erwarten. Ab Anfang 2024 sollen neue Regelungen bezüglich der Immobiliensteuer greifen, die vor allem in größeren Städten und Ballungsräumen für höhere Wohnkosten sorgen dürften, da sie die Steuerobergrenze abschaffen. Für "Bestandseinwohner" wird der Aufschlag rabattiert, für ab den 1. Januar 2024 Neueingezogene nicht. Laut Prognosen des Branchenverbandes DI Byggeri werden die Umsätze im Wohnungsneubau jeweils im Vergleich zum Vorjahr 2023 um 19 Prozent und 2024 um weitere 16 Prozent sinken.

In etwa konstant bleiben soll hingegen der Eingang von Renovierungsaufträgen. Hintergrund sind laut Experten die ambitionierten Klimaziele und das Förderprogramm der Regierung.

Entwicklung der Baubranche in Dänemark (in Milliarden Euro) 1)

2020

2021

20222)

20232),3)

20242),3)

Neubau

12,9

14,6

14,9

12,6

11,7

   Wohnungsbau

6,6

7,5

7,5

6,1

5,1

   Gewerbebau

3,2

3,6

3,7

3,3

3,4

   Öffentlicher Bau

3,1

3,5

3,7

3,2

3,2

Renovierungen

11,5

12,9

14,1

13,9

13,9

   Wohnungsbau

4,7

5,5

6,0

5,8

5,8

   Gewerbebau

0,8

0,8

0,9

0,9

0,9

   Öffentlicher Bau

0,6

0,6

0,7

0,5

0,6

   Gebäudeinstandsetzung

5,3

6,1

6,6

6,7

6,7

Professionelle Bautätigkeit insgesamt

24,4

27,5

29,0

26,4

25,6

Do-it-yourself, Schwarzarbeit

5,2

5,5

6,0

6,2

6,3

Sonstige Bauproduktion (einschließlich Export)

3,9

4,0

4,3

4,4

4,5

1 Umrechnung anhand des jeweiligen Jahresdurchschnittskurses der Europäischen Zentralbank (EZB); 2 Prognose; 3 Umrechnung anhand des Jahresdurchschnittskurses der EZB 2022.Quelle: Branchenverband DI Byggerie 2022; EZB 2023

Im Gewerbebau soll es 2024 wieder aufwärts gehen

Ein - allerdings vorübergehender - Negativtrend wird auch im Gewerbebau erwartet. Laut Prognosen des dänischen Wirtschaftsrats sollen Firmeninvestitionen sowohl 2023 als auch im Folgejahr sichtbar zurückgehen - um jeweils etwa 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Laut Befragungen des dänischen Statistikamtes DST ist die Stimmung im Handel auf einem ähnlichen Niveau wie zu Beginn der Coronapandemie. In der Industrie ist sie nur unwesentlich besser. Einzig bei den Dienstleistern halten sich Schwarzseher und Optimisten die Waage.

Aus der Investitionsumfrage von DST geht hervor, dass in der verarbeitenden Industrie 2023 nur Kapitalgüterhersteller mehr in den Kapazitätsausbau investieren wollen als im Vorjahr. Die positive Entwicklung betrifft hauptsächlich Produzenten von Chemie, Elektronik und Elektrotechnik. Trotz der laut Bauverband sinkenden Leerstände bei Werkhallen und Lager wird in diesem Bereich für 2023 ein Rückgang der Neubauaktivitäten um über 10 Prozent erwartet. Bereits 2024 soll allerdings eine leichte Erholung einsetzen. Für Aufwind sollte zudem der öffentliche Sektor sorgen. So wurde beispielsweise die Etablierung neuer Kleinkrankenhäuser bereits beschlossen, der Bedarf nach Pflegeheimen bleibt groß. Auch die Energiewirtschaft modernisiert und baut kontinuierlich aus.

Tiefbau sorgt für Lichtblick

Für unverändert gute Geschäftschancen dürfte der Tiefbau sorgen. Zwar wird nach einem starken Zuwachs 2022 in diesem Jahr lediglich mit einer stabilen bis nur leicht steigenden Auftragslage gerechnet. Im Jahr 2024 könnte sich das Wachstum aber auf 4 Prozent beschleunigen.

Angetrieben wird die Entwicklung in erster Linie durch die Energiewirtschaft. Im Rahmen der grünen Wende und Bemühungen um mehr Versorgungssicherheit steht hier neben der Windkraft vor allem die Fernwärme im Fokus. Daneben sollen in diesem und nächsten Jahr jeweils knapp 1,2 Milliarden Euro in den Ausbau der digitalen Infrastruktur fließen. Zusätzlich sieht der im Mai 2022 beschlossene Ausbauplan für Transportinfrastruktur die Realisierung von Projekten im Gesamtwert von etwa 14 Milliarden Euro bis 2035 vor. Knapp die Hälfte der Mittel soll in die Straßeninfrastruktur, weitere 6 Milliarden Euro in die Schiene investiert werden.

Ausgewählte Großprojekte in Dänemark (Investitionssumme in Millionen Euro)

Vorhaben

Investitionssumme 

Projektstand

Projektträger

Lynetteholm - 275 Hektar große, künstliche Halbinsel; Kopenhagen

10.700

Baubeginn 2022; mehrere Etappen; geplante Fertigstellung 2070

By & Havn

Energiepark, Kommune Ringköping-Skjern

8.000

Fertigstellung bis 2030

GreenGo Energy

Fehmarnbelt Tunnel - 19 Kilometer langer Autobahn- und Bahn-Unterwassertunnel

7.400

Baubeginn 2020; geplante Fertigstellung 2029

Femern

Storstømsbroen - Anschlussbrücke für Fehmarnbelt Tunnel

551

Baubeginn 2018; geplante Fertigstellung 2025 (Straße)  bis 2027 (Zugverbindung)

SBJV

Vejdirektoratet

Ausbau des Fernwärmenetzes

336

Ausschreibung lief bis Mitte Februar 2023; Aufgeteilt auf drei Teilprojekte mit Laufzeiten zwischen 34 und 47 Monaten

Vestforbræending

Mindet 6 - Bürohaus, Aarhus

130

Baubeginn 2022; geplante Fertigstellung 2025

Olav de Linde

Containerterminal im Kopenhagener Nordhavn

107

Baubeginn 2022; geplante Fertigstellung 2024

By & Havn

Biogasanlage, Stignaes

67

Inbetriebnahme 2025

E.ON

Erneuerung Stromnetzinfrastruktur, Mittel- und Westjütland

n.n.

Geplanter Baustart März 2024; Laufzeit 4 Jahre

Energinet

Pfand-Wiederaufbereitungsanlage, Fredericia


n.n.

Geplante Fertigstellung Ende 2025

Dansk Retursystem

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Handwerker stehen hoch im Kurs

Trotz der insgesamt negativen Entwicklung in der Baubranche bietet Dänemark gute Chancen für deutsche Handwerker. Vor allem in Spezialgebieten bringt die einheimische Konkurrenz nicht immer das benötigte Know-how und Erfahrung mit. Zwar hat der Fachkräftemangel laut DST seinen Zenit überschritten, wird aber von jedem vierten Bauunternehmen noch beklagt. Im Tief- sowie im Heizungs- und Sanitärbau beträgt der Anteil über 40 Prozent. Vor dem Geschäftsweg gen Norden lohnt sich ein Blick in die rechtlichen und administrativen Besonderheiten.

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