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Branchen | Dänemark | Windenergie

Neue Hürden für Offshore-Windprojekte

In Dänemark gibt es zwei Systeme, über die eine Baulizenz für Offshore-Windparks erlangt werden kann. Das flexiblere droht nun an EU-Förderrichtlinien zu scheitern.

Von Michał Woźniak | Stockholm

Neben der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen von Offshore-Windgebieten besteht für Investoren in Dänemark die Möglichkeiten einer Initiativbewerbung. Über das sogenannte Offene-Tür-Verfahren können sie eigene Vorschläge bezüglich Standort und Größe der Anlagen einreichen.

Doch genau diese offene Tür hat die zuständige dänische Energieagentur vorübergehend geschlossen: "Die Bearbeitung aller Offshore-Windprojekte und anderer Erneuerbarer-Energien-Projekte im Rahmen des sogenannten Offene-Tür-Programms wird ausgesetzt", hieß es am 6. Februar 2023. Wie in einer entsprechenden Pressemeldung ausgeführt wird, hat das Sekretariat für staatliche Beihilfen festgestellt, "dass die Erteilung von Genehmigungen für Offshore-Windprojekte und andere erneuerbare Energieprojekte im Rahmen des Offene-Tür-Programms möglicherweise gegen EU-Recht verstößt".

Knackpunkt ist die Auslegung der mit den Genehmigungen einhergehenden kostenlosen Flächennutzungsrechte für Investoren der mittlerweile profitablen Anlagen. "Die konkrete Situation wirft viele Fragen zu den Konsequenzen für die einzelnen Anträge und die Regelung auf, die es zu klären gilt", erklärte Klima-, Energie- und Versorgungsminister Lars Aagaard. Er versicherte gleichzeitig, bereits im Dialog mit der zuständigen Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, der Dänin Margarethe Vestager, zu stehen. Bis dieser abgeschlossen ist, werden allerdings von der Energieagentur keine neuen Anträge angenommen. Noch nicht genehmigte Vorhaben werden nicht weiterverfolgt. Investoren, die bereits eine Zusage erhielten, sind vorerst nicht betroffen.

Klimaziele möglicherweise in Gefahr

Nicht abzusehen sind auch die Folgen für die ambitionierten Pläne Dänemarks zum Windkraftausbau. Bis zum Jahr 2030 wollte das Land zusätzliche 9 Gigawatt (GW) Offshore-Windkapazitäten installiert haben. Minister Aagaard beruhigt: "Die Regierung hält an ihren Ambitionen für die Entwicklung erneuerbarer Energien fest. Neben der Klärung, wie weitreichend die Folgen sind, werde ich federführend untersuchen, was wir sonst noch tun können, um die Entwicklung von Offshore-Wind zu beschleunigen, einschließlich flexiblerer Modelle [...], möglicherweise in Form eines aktualisierten Konzessionsmodells."

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Breite Kritik von Unternehmen

Die Reaktionen der Industrie auf die Schließung der "Offenen Tür" fallen eindeutig aus. In einem gemeinsamen Brief an das zuständige Ressort äußern einschlägige Verbände "Erstaunen und Enttäuschung" über den Schritt. Die momentane Entwicklung gefährde mindestens 16 Projektanträge mit einer geplanten Kapazität von 14 GW, die bis zum 1. Juli 2022 eingereicht wurden. Das Datum ist insofern entscheidend, da sich danach die Genehmigungsregeln geändert haben. Um Einwohnerprotesten Rechnung zu tragen, können Gemeinden gegen Anträge, die nach Mitte 2022 eingereicht worden sind, ein Vetorecht nutzen. Vor dem Stichtag war eine regelrechte Antragsflut eingegangen.

"Dänemark will ein grüner Vorreiter sein, anderen Ländern den Weg aufzeigen. Das Land hat mit mehreren der weltweit führenden Unternehmen auf diesem Gebiet alle Möglichkeiten dazu. Regierung und Behörden aber stoppen eine mögliche Verzehnfachung der Kapazitäten unserer Offshore-Windkraft. Das passt nicht zusammen", kritisierte Henrik Andersen, Vorstandsvorsitzender des weltweit größten Windanlagenbauers Vestas, im Interview mit dem Tagesblatt Berlingske.

Nicht nur Windkraft betroffen

Ihm zur Seite stellte sich Kristian Jensen, Chef des Verbandes erneuerbarer Energien Green Power Denmark: "Die Entscheidung ist ein schwerer Schlag für unsere Klimaambitionen. Jetzt bleiben uns nur noch die geplanten Ausschreibungen für 9 GW Offshore-Wind, die noch gar nicht angelaufen sind." Zeitgleich wies er darauf hin, dass auch der Ausbau grüner Energien an Land momentan schleppend vorangeht. Er warnt, dass damit andere Vorhaben in Gefahr gebracht werden: die Klimaziele bis 2030, die Power-to-X-Ambitionen für die mittel- bis langfristige Einspeicherung von elektrischer Energie oder das Ziel zum Nettoexporteur von grünem Strom aufzusteigen.

"Dies ist ein weiteres Beispiel für einen extremen Zick-Zack-Kurs im Klima- und Energiebereich. Es mangelt nicht an Klimaambitionen. Aber mit der von Brüssel angestoßenen Erlösobergrenze sowie der Abschaffung des Open-Door-Programms wird Unbehagen gegenüber grünen Investitionen geschürt", mahnt Jensen.

Lösung mit der Europäischen Union in Sicht

Dass die Kritik nicht ins Leere läuft, zeigt alleine schon die Tatsache, dass die dänische Premierministerin Mette Frederiksen bereits vier Tage nach dem Verfahrensstopp mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gesprochen hat. "Es besteht völlige Übereinstimmung zwischen der EU-Kommission und Dänemark, dass wir so schnell wie möglich eine Lösung finden müssen", unterstrich sie.

Die EU-Kommission arbeitet laut Presseberichten bereits "an mehreren Modellen, die relativ kurzfristig zu einem neuen System zur Errichtung von Offshore-Windparks in dänischen Gewässern führen könnten". Wann ein Ergebnis dieser Arbeiten vorliegt, ist nicht bekannt. Sicher scheint allerdings, dass es sich negativ auf die Kostenseite der Investitionsvorhaben auswirken dürfte. Im Gespräch sei eine Nutzungsgebühr für die Meeresflächen oder eine andere Art eines Sozialbeitrages. Davon aber werden sich Investoren kaum abschrecken lassen: Zwei der größten Player - CIP und Ørsted - erklärten bereits, offen für eine solche Lösung zu sein.


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