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Dschibuti versus Berbera und der Hafen-Poker am Horn von Afrika

Der Hafen Dschibuti dürfte seine dominierende Stellung als Logistik-Drehkreuz am Horn von Afrika zumindest vorerst behalten. Das konkurrierende Berbera hat aber auch Trümpfe.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Bisher sehen Beobachter keine Anzeichen dafür, dass internationale Reedereien ihre Fracht aus und nach Äthiopien, dem Hauptmarkt der Region, nicht mehr über den Hafen Dschibuti abwickeln würden. Dabei gibt es inzwischen auch einen modernen Containerterminal in Berbera, gut 700 Straßenkilometer weiter südöstlich. Dort bietet DP World eine Umschlagkapazität von 0,5 Millionen Standardcontainern (TEU) samt Freizone, eine zweite Ausbauphase auf 2 Millionen TEU ist angelaufen.

DP World bringt Berbera in Stellung

Damit bringt sich der emiratische Branchengigant in dem unabhängig agierenden, international aber nur von Taiwan anerkannten Somaliland in Stellung. Das Unternehmen war in Dschibuti 2018 aus einer bestehenden Konzession gedrängt worden. Trotz etlicher Gerichtsurteile zu seinen Gunsten gibt es derzeit offenbar keine Aussicht auf eine Rückkehr.

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"Berbera ist auf absehbare Zeit höchstens eine Ergänzung zu Dschibuti und nicht wirklich eine Konkurrenz", glaubt May Darwich von der Universität Birmingham. Der Hafen werde mit Blick auf Äthiopien anfänglich den Süden und Südosten bedienen. Äthiopien wickelte seine Importe zuletzt zu über 94 Prozent über Dschibuti ab und nur zu 3 Prozent über Berbera. Umgekehrt macht Äthiopien-Fracht rund zwei Drittel des gesamten Hafenumschlags in Dschibuti aus, das ansonsten ein "Transshipment Hub" ist: Ware wird umgeladen in Transporte nach Somalia, Sudan und andere Länder der Region.

Offiziell will Äthiopien seine Abhängigkeit von Dschibuti verringern und Berbera zusammen mit DP World entwickeln. Tatsächlich allerdings hat sich Addis Abeba nicht wie vereinbart am Hafen Berbera beteiligt. Im Gegenteil gab es im Mai 2022 eine Absichtserklärung mit Dschibuti, dort mit 30 Prozent beim geplanten neuen Damerjog Liquid Bulk Port einzusteigen.

Transitabkommen Somaliland-Äthiopien soll bald stehen

Als Voraussetzung für die stärkere Nutzung von Berbera gilt ein Transitabkommen zwischen Äthiopien und Somaliland. Steht das Abkommen, würden große Reedereien wie MSC, Maersk und CMA CGM künftig Berbera anlaufen, glaubt Hafenchef Supachai Wattanaveerachai. Bei den laufenden Verhandlungen gab es nach Kenntnis von May Darwich bereits eine grundsätzliche Einigung. In weiter Ferne hingegen sieht die Wissenschaftlerin eine Abwicklung der Äthiopien-Fracht über die wenig leistungsfähigen eritreischen Häfen Assab und Massaua. Die Differenzen zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern seien zu groß, trotz der zwischenzeitlich besseren Beziehungen.

Daneben baut DP World laut Darwich gerade den Hafen Bosaso in dem ebenfalls autonom agierenden somalischen Teilstaat Puntland mit moderatem Aufwand aus. Die Bedeutung des Hafens werde aber begrenzt bleiben. Er wird vorwiegend für informellen Handel und Viehexporte genutzt.

Dschibuti ist nach Einschätzung der Weltbank der effizienteste Hafen in ganz Subsahara-Afrika, mit Investitionen von 4 Milliarden US-Dollar (US$) im letzten Jahrzehnt. Das dortige Containerterminal Doraleh kann jährlich 1,6 Millionen TEU umschlagen, es gibt weitere Terminals und eine Freizone, die nach Angaben der Hafenverwaltung die größte Afrikas ist.

Dschibuti mit den besseren Standortfaktoren

Dschibuti hat außerdem, anders als Berbera, eine mit Milliardenaufwand gebaute, 2016 eröffnete Eisenbahnverbindung nach Addis Abeba. Warum trotzdem geschätzt gut 90 Prozent der Fracht per Lkw nach Äthiopien geht, ist nicht ganz klar. So reden Beobachter von Vieh entlang der Strecke in Äthiopien, das die Bahn zu Niedrigtempo zwinge. Die Straße nach Äthiopien soll auf dschibutischer Seite teils sehr schlecht sein. Von Berbera aus dürfte der Ausbau einer zweispurigen, als gut beschriebenen Straße bis zur äthiopischen Grenze Anfang 2023 fertiggestellt sein, die weitere Verbindung nach Addis Abeba ist dem Vernehmen nach gut.

Auch die größere Sicherheit spricht nach Ansicht eines Logistikmanagers für Dschibuti. Die USA, Japan und China sowie europäische Staaten unterhalten in dem kleinen Land am Eingang zum Roten Meer Militärbasen und besitzen ein großes Interesse an Stabilität. Somaliland gilt zwar als deutlich stabiler und sicherer als der Rest von Somalia. Im August 2022 gab es indes Tote bei Protesten gegen die Regierung, und manche Beobachter halten die Straße von Berbera nach Äthiopien für "nicht sicher".

Dschibuti will seinen Hafen durch einen massiven Ausbau weiter stärken. Das Geld dafür wird das kleine, hoch verschuldete Land allerdings kaum selbst aufbringen. Nach einem Bericht der South China Morning Post Ende November stellte Dschibuti den Schuldendienst gegenüber China ein, das für den Großteil der Verbindlichkeiten steht. Die Regierung widerspricht dem Zeitungsbericht, vor allem jedoch sind sich Diplomaten sicher, dass China Dschibuti aus der Bredouille helfen werde. Zu groß sei dessen strategische Bedeutung für die Position der Wirtschaftsmacht aus Fernost in ganz Afrika.

Projekte des Hafens Dschibuti

Der Bau des mit 4 Milliarden US$ veranschlagten Djibouti Damerjog Industrial Park (DDIP) soll den Hafen weiter stärken. Ein Teilprojekt ist der 350 Millionen US$ teure Damerjog Liquid Bulk Port (DLBP), im Bau durch die marokkanische Firma Somagec. Er soll im Juli 2023 fertiggestellt sein und ist nach Behördenangaben gegenwärtig das größte laufende Vorhaben im Hafen Dschibuti. Die neue Anlage soll jährlich 13 Millionen Tonnen Öl umschlagen können. Sie wäre damit fast dreimal so groß wie das bestehende Horizon Djibouti Terminal. Die Hafenbehörde (Djibouti Ports & Free Zones Authority, DPFZA) baut dabei nach eigenen Angaben selbst Tanks für insgesamt 260.000 Kubikmeter. Sie sucht noch Investoren, die weitere Tanks auf dem Gelände errichten. Ebenfalls Mitte 2023 soll eine 217 Meter lange Schiffsreparaturwerft in Betrieb gehen, die das niederländische Unternehmen Damen seit 2020 baut.


Investoren stoßen auf unterschiedliche Transparenz

Dschibutische Hafenvertreter zeigen sich deshalb sehr interessiert an ausländischen Investitionen, auch aus Deutschland. Ein Logistikmanager stellt sich nach dem umstrittenen Abgang von DP World allerdings die Frage nach dem Vertrauen in den Investitionsstandort: "Wer dieses Schwergewicht rausschmeißt, muss schon ganz schön was in der Hose haben." Nach Ansicht von May Darwich werden private Investoren trotzdem kommen, "dafür ist die geografische Lage einfach zu gut". Anderen Beobachtern zufolge werden auch Geber wie die Weltbank mit Finanzierungen einspringen.

Für Berbera spricht, dass sich Somaliland als nicht anerkannter Staat sehr um Investoren bemüht. „Die Behörden dort sind sehr offen gegenüber ausländischen Unternehmen“, sagt May Darwich. In Dschibuti hingegen wird der Umgang mit Offiziellen als eher zäh beschrieben, valide Informationen sind schwer zu bekommen. So betreiben die Behörden laut eigenen Angaben sämtliche Hafenterminals im Land selbst, dabei ist der Betreiber des Öl- und Gasterminals Horizon Djibouti Terminals offenkundig eine Firma im emiratischen Besitz.

Die Rolle der Reedereien und von Ethiopian Shipping Lines

Welchen Hafen eine Fracht anläuft, entscheidet im Prinzip die Reederei. Sie tut dies zwar in Abstimmung mit dem Frachtkunden, legt dabei aber ihren Fahrplan zugrunde. Wie der aussieht, hängt maßgeblich von den Standortfaktoren der Häfen ab, also Kosten, Umschlagszeit, Anbindung ans Hinterland oder zollrechtliche Vereinbarungen mit Nachbarländern.


Auf Fracht nach Äthiopien schrieben die Behörden in Addis Abeba lange Zeit ein Monopol der staatlichen Reederei Ethiopian Shipping Lines (ESL) vor, in Deutschland vertreten durch die Bremer Agentur Cargo Levant. ESL selbst besitzt keine eigenen Schiffe, sondern bucht Fracht bei anderen Reedereien wie MSC oder CMA CGM. Auch hat ESL laut Brancheninformationen keinen Einfluss darauf, welche Häfen anzulaufen sind. Für einen Export nach Äthiopien sei automatisch ESL als Reeder vermerkt. Auf dem Akkreditiv des Geschäfts lasse sich jedoch ein anderer Reeder eintragen, dies wüssten Firmen aber oft nicht.


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