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EAWU erleichtert grenzüberschreitende Kreditvergabe

Ein Verfahren zum Austausch von Kredithistorien soll Bürgern und Unternehmen in der EAWU ermöglichen, leichter Kredite in anderen Mitgliedsländern aufzunehmen.

Von Viktor Ebel | Bonn

Die Regierungschefs der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) unterzeichneten auf der Tagung des Zwischenstaatlichen Rates am 19. November 2021 in Eriwan (Armenien) ein Abkommen über den EAWU-weiten Austausch von Informationen zu Kreditverläufen. Damit soll gewährleistet werden, dass Bürger und Unternehmen, die in einem anderen Mitgliedsstaat wohnhaft oder wirtschaftlich tätig sind, Kredite zu den gleichen Bedingungen wie Einheimische aufnehmen können. Das Abkommen wird nach seiner Ratifizierung durch alle Parteien voraussichtlich im Laufe des Jahres 2022 in Kraft treten.

Es handelt sich ausdrücklich nicht um eine gemeinsame Datenbank, in der Bonitäten zentral erfasst werden. Vielmehr werden Bürger nun die Möglichkeit haben, unionsweit eine Auskunft über ihre Kreditwürdigkeit zu erhalten. Die Rechte und Interessen der Kreditnehmer sind durch das auf den Weg gebrachte Dokument geschützt, so Ruslan Beketayev, Minister für Wirtschaft und Finanzen in der Eurasischen Wirtschaftskommission. Das Abkommen gibt den Rahmen für den Austausch zwischen Kreditinstituten vor und definiert die Befugnisse der Finanzaufsichtsbehörden zur Regulierung und Überwachung des grenzüberschreitenden Austauschs.

Für wen ist das Abkommen relevant?

Laut Experten profitieren davon vor allem diejenigen Menschen in der EAWU, die dauerhaft in einem anderen Mitgliedsland wohnhaft sind. Sie haben keinen oder nur einen erschwerten Zugang zu Krediten im Gastland, da sie ihre Kredithistorie nicht nachweisen können. Durch die Zustimmung zu einer Kreditauskunft im Land des früheren Wohnsitzes soll sich dies ändern. Dadurch entsteht ein grenzübergreifender Kreditmarkt in der EAWU. Für Investoren bedeutet dies einen verbesserten Zugang zu Finanzierungslösungen.

Aber auch den Banken kommt das neue System zugute. Denn Schuldner, die ihren Kredit nicht bedienen, schmälern damit auch ihre Chancen auf ein Darlehen in anderen EAWU-Staaten. Davon versprechen sich Bankhäuser eine Verbesserung der Zahlungsdisziplin. Gerade bei kleinen Konsumentenkrediten wurde diese in der Vergangenheit oftmals nicht eingehalten und durch den Umzug ins Ausland umgangen.

Welche Risiken bestehen?

In einem Interview betont die belarussische Finanzberaterin Elena Maksimovich, dass in Belarus ein Großteil der Forderungsausfälle auf Einwohner mit Aufenthaltserlaubnis, also Nicht-Staatsbürger, entfalle. Viele Banken können ihre Kreditforderungen dieser Gruppe gegenüber nicht durchsetzen. Eine Kreditvergabe auf Basis des neuen Abkommens stellt weiterhin ein hohes Risiko dar. Potenzielle Kreditnehmer ohne Aufenthaltserlaubnis dürften es daher trotz Bonitätsprüfung schwer haben, so Maksimovich.

Sie sieht daher gegenwärtig keinen positiven Mehrwert in der Annahme des Abkommens. Zumindest in Belarus wäre aufgrund der geringen Finanzkompetenz keine Ausweitung der Kreditvergabe zu erwarten.

Gemeinsamer Finanzmarkt rückt näher

Durch das Abkommen schreitet aber gewiss die Expansion des russischen Bankensystems voran. Für Armenien, Belarus, Kasachstan und Kirgisistan ist die Kreditvergabe in Rubel interessant, da diese Länder viele Importe aus Russland beziehen. Die Möglichkeiten der Kreditaufnahme werden erweitert, da neben Zweigstellen russischer Banken in den betreffenden Ländern nun auch weitere russische Geldinstitute ohne Zweigstelle infrage kommen. Sie können in Zukunft Kredite zu speziellen Konditionen für EAWU-Bürger anbieten.

Die Integration des Finanzmarktes soll bis zum Jahr 2025 abgeschlossen sein. Er soll den freien Kapitalverkehr ermöglichen und einen vereinfachten, diskriminierungsfreien Zugang von Finanzunternehmen zu den Märkten der anderen EAWU-Länder gewährleisten. Dabei umfasst der Finanzmarkt Banken, Versicherungen und den Wertpapiermarkt.

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