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EAWU und iran intensivieren Wirtschaftsbeziehungen
Mit der „EURASIA EXPO 2021“ findet vom 9. bis 12. Juli 2021 erstmals eine Messe exklusiv für die Länder der Eurasischen Wirtschaftsunion auf dem Teheraner Messegelände statt.
30.06.2021
Von Viktor Ebel | Bonn
Der Iran und die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) arbeiten auf ein Freihandelsabkommen hin. Der erste Schritt dahin war das im Mai 2018 abgeschlossene Interimsabkommen, welchem am 27. Oktober 2019 in Kraft trat und innerhalb von drei Jahren zu einem vollwertigen Freihandelsabkommen ausgebaut werden soll.
Für 862 Güter (502 aus dem Iran, 360 aus der EAWU) wurden die Zölle bereits abgeschafft oder gesenkt. Die durchschnittlichen Zollsätze für iranische Exporte liegen bei 3,1 Prozent, während Ausfuhren aus der EAWU Richtung Iran im Schnitt mit 12,9 Prozent verzollt werden. Im Corona-Krisenjahr 2020 hat die EAWU außerdem 11 landwirtschaftliche Produkte komplett vom Zoll befreit, darunter Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Karotten und Weizen.
100 Unternehmen zur „EURASIA EXPO 2021“ erwartet
An der „EURASIA EXPO 2021“ nehmen Unternehmen aus verschiedenen Branchen teil, darunter: Finanzen, Technologie, Bau (inklusive Hafenbau), Schiffbau, Stahl, Baustoffe, Landwirtschaft, Viehzucht und Ölindustrie. Mit jeweils 30 Unternehmen sind Russland und Kirgisistan am stärksten vertreten, gefolgt von jeweils etwa 10 Unternehmen aus Armenien und Kasachstan und einer Handvoll belarussischen und iranischer Firmen.
Neben B2B-Meetings, bei denen Unternehmen beider Seiten sich austauschen und vernetzen können, wird es auch Gespräche auf Ebene der Industrie- und Handelskammern geben, so der Direkt der Messe Alireza Jafari. Er kündigte auch eine Absichtserklärung zwischen der Eurasischen Wirtschaftskommission und der iranischen Genossenschaftskammer an, welche die Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen nochmal verstärkt.
Bilanz des Interimsabkommens ist positiv
Das dürfte auch der Auftakt für die Vervollständigung des Freihandelsabkommens sein, mit dem in diesem Jahr gerechnet wird. Erst kürzlich haben der Vorsitzende der Eurasischen Wirtschaftskommission, Mikhail Myasnikovich, und der Co-Vorsitzende der Russisch-Iranischen zwischenstaatlichen Kommission für Handel und Wirtschaftskooperation, Reza Ardakanian, beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg bestätigt, dass die Vorbereitungen für die weiteren Verhandlungen bis Ende Juni 2021 abgeschlossen sein werden.
Schon das Interimsabkommen sei ein Erfolg, so Myasnikovich. Im Jahr 2020 betrug das gemeinsame Handelsvolumen 2,9 Milliarden US$ und damit 18,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Im ersten Quartal 2021 stieg der Handel um etwa 30 Prozent und betrug solide 1,15 Milliarden US$. Russland ist dabei der wichtigste Handelspartner innerhalb der EAWU.
Handel des Iran mit der EAWU im Zeitraum März 2020 bis März 2021 (in Millionen US-Dollar)
Land | Exporte in die EAWU | Importe aus der EAWU |
---|---|---|
Russland | 510 | 2.110 |
Kasachstan | 168 | 201 |
Armenien | 305 | 17 |
Belarus | 21 | 31 |
Kirgisistan | 46 | 3 |
Nord-Süd-Korridor bietet viel Potenzial
Aber auch für Armenien ist der Freihandel mit dem Iran eine Chance, da die kleine Kaukasusrepublik geografisch vom Rest der EAWU abgeschnitten ist. Hinzu kommen die geschlossenen Grenzen mit den Nachbarn Aserbaidschan und Türkei, welche den Handel und die wirtschaftliche Entwicklung im gesamten Südkaukasus behindern. Ein präferenzierter Marktzugang würde Armenien eine strategisch günstige Lage am Nord-Süd-Korridor der Seidenstraße verschaffen. Das Transitpotential zwischen Russland auf der einen Seite und dem Iran, mit seinem Zugang zum Persischen Golf auf der anderen Seite, wäre enorm.
Laut einer Studie der Föderation der Spediteurorganisationen in Indien wäre der Transport über den iranischen Tiefseehafen Chabahar und Armenien um 30 Prozent billiger und 40 Prozent schneller als die traditionelle Route. Einen Vorgeschmack auf die Zusammenarbeit der beiden Länder bot das armenisch-iranische Wirtschaftsforum am 28. Juni 2021, an dem neben dem armenischen Wirtschaftsminister auch Vertreter von 80 Unternehmen (Industrie, Bauwirtschaft, Landwirtschaft, Textilindustrie, Pharmazie) teilnahmen, mit dem Ziel neue Märkte zu erschließen.
EAWU als Alternative zum Westen
Für den Iran ist die EAWU zweifelsohne eine Möglichkeit, die ökonomische Isolation im Zuge der US-Sanktionen zu überwinden. Nachdem die USA das Atomabkommen 2018 unter Donald Trump aufgekündigt haben, steht das Land am Persischen Golf unter Druck: Eine Lösung dieser Frage ist auch unter der neuen US-Administration nicht in Sicht. Und auch wenn, so würde der als erzkonservativ geltende neue iranische Präsident Ebrahim Raisi vermutlich keine Kompromisse machen.