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Wirtschaftsumfeld | EAWU | Integration

Interesse an Eurasischer Integration wächst

Die erfolgreiche Zusammenarbeit der Eurasischen Wirtschaftsunion schafft neues Potenzial für Wirtschaftswachstum. Damit stößt das Projekt bei immer mehr Ländern auf Interesse.

Von Viktor Ebel | Bonn

Vom 29. bis 30. April 2021 tagte der Eurasische Regierungsrat in Kasan, der Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tatarstan. Neben den fünf Mitgliedsstaaten und den Beobachterländern Kuba, Republik Moldau und Usbekistan waren Vertreter von Tadschikistan und Turkmenistan zu Gast. Für die turkmenische Delegation war es die erste Teilnahme, was als Annäherung an die Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) gewertet wird.

Turkmenistan zeigt sich offen für Kooperation

In seiner Rede bekräftigte der Vertreter Turkmenistans und Sohn des Präsidenten, Serdar Berdymukhamedov, dass das Land an einer langfristigen, vielfältigen Zusammenarbeit interessiert ist. Er verwies dabei auch auf die Mitgliedschaft in anderen regionalen Zusammenschlüssen wie der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOC).

Ein Fokus liegt auf dem Ausbau der Transport- und Logistikinfrastruktur. Es entstehen zahlreiche neue Straßen, Brücken und ein internationaler Seehafen am Kaspischen Meer. Dadurch will Turkmenistan künftig einen wichtigen Beitrag zur Konnektivität und Integration im eurasischen Raum leisten. Zwischen 2019 und 2025 sollen mit 2 Milliarden US-Dollar rund 2000 Kilometer Straßen modernisiert und gebaut werden.

Ausbau von Verkehrskorridoren und Schnellstraßen in Turkmenistan

Transportkorridor

Straßenabschnitt

West-Ost-Korridor

Turkmenbaschi – Turkmenabat – Farap via Balkanabat – Bäherden – Aschgagat – Tejen und Mary (M37)

Nord-Süd-Korridor

Aschgabat – Daschogus

Ost-Nord-Korridor

Turkmenabat – Gazojak – Daschogus

.regionale Schnellstraße

Turkmenbaschi – Garabogaz – Grenze zu Kasachstan

.regionale Schnellstraße

Mary – Serhetabat (früher: Guschgy) – Grenze zu Afghanistan

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

Das Thema Außenhandel spielt für Turkmenistan ebenfalls eine große Rolle. Ein Großteil der Exporte geht in Form von Erdgas nach China. Bis Anfang Januar 2021 hat das Land 290 Milliarden Kubikmeter Erdgas durch die 2009 eingeweihte Pipeline in das Reich der Mitte gepumpt. Zum Vergleich: Die Nachbarländer Kasachstan und Usbekistan lieferten zusammen lediglich 46 Milliarden Kubikmeter Gas an China.

Preisschwankungen gefährden jedoch diese wichtige Einnahmequelle und somit die wirtschaftliche Stabilität in dem zentralasiatischen Land. Die Regierung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, langfristig auch andere Branchen, wie beispielsweise die Textil- und Bekleidungsindustrie, weiterzuentwickeln. Dafür will das Land auch auf ausländische Märkte expandieren. Bei einem bilateralen Treffen mit russischen Amtskollegen kam der Handel gesondert zur Sprache. Beide Seiten betonten, dass das Außenhandelsvolumen zwischen Turkmenistan und Russland im Jahr 2020 bereits 1,38 Milliarden US-Dollar betrug.

Tadschikische Präsenz von Grenzkonflikt überschattet

Auch der ärmsten zentralasiatischen Republik, Tadschikistan, werden Ambitionen für einen Beitritt zur EAWU nachgesagt. Das Land ist abhängig von den Rücküberweisungen tadschikischer Migranten aus Russland und verspricht sich von der Annäherung einen besseren Zugang zum dortigen Arbeitsmarkt. Dass dies bitter nötig ist, zeigte sich in der Coronakrise: Russland schränkte die Einreise von Ausländern ein, weshalb das Land bis heute mit niedrigen Rücküberweisungen und gestiegener Armut zu kämpfen hat.

Schlagzeilen machte Tadschikistan zum Zeitpunkt des Gipfels jedoch mit einem bewaffneten Konflikt an der Grenze zu Kirgisistan, bei dem über 30 Menschen starben. Die Vertreter beider Länder nutzen das Treffen in Kasan, um einen Waffenstillstand zu verhandeln und sich auf Maßnahmen zur dauerhaften Lösung des Konflikts zu einigen. Die EAWU stellte damit unter Beweis, dass sie auch zur Friedenssicherung in der Region beitragen will.

Aserbaidschan bleibt Teilnahme vorerst verwehrt

Im Vorfeld wurde auch über eine Teilnahme Aserbaidschans am EAWU-Gipfel spekuliert. Die Einbindung des öl- und gasreichen Landes im Südkaukasus wäre für beide Seiten ein Gewinn. Aserbaidschan leidet unter der Volatilität der weltweiten Rohstoffpreise und möchte seine Wirtschaft diversifizieren. Die Nichtöl-Exporte sollen sich bis 2025 verdoppeln (2020: 1,7 Milliarden US$), dafür braucht es auch neue Handelsabkommen.

Für die EAWU ist Aserbaidschan ein wesentlicher Bestandteil des Nord-Süd-Transportkorridors Richtung Iran, mit dem ebenfalls über ein Freihandelsabkommen verhandelt wird. Außerdem ist Aserbaidschan mit seinen über 10 Millionen Einwohnern der größte Markt im Südkaukasus. Russische Waren können sich dort nach wie vor behaupten.

Entwicklung der Exporte in Aserbaidschan (in Milliarden US-Dollar)

Indikator

2017

2018

2019

2020

Gesamte Exporte

15,3

19,5

19,6

13,7

davon Export von Erdöl

13,9

17,9

17,8

12,0

Quelle: Weltbank 2021

In der Vergangenheit machte Aserbaidschan seinen Beitritt von der Lösung der Karabach-Frage mit dem Nachbarland Armenien abhängig. Nachdem der Konflikt im November 2020 zugunsten Aserbaidschans ausgegangen ist, signalisierte das Land nun Bereitschaft zu Gesprächen.

Armenien blockierte die Teilnahme der aserbaidschanischen Delegation am Gipfel jedoch mit einem Veto. Der weiterhin ungeklärte Status der Region Berg-Karabach und das ungewisse Schicksal armenischer Kriegsgefangener belasten das Verhältnis der beiden Länder massiv.

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