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Wie wird der Gesundheitssektor nach Corona aussehen? Die Geber müssen erhebliche Investitionen zur Stärkung der Gesundheitssysteme aufbringen. Deshalb wird die Branche profitieren.
05.06.2020
Von Martin Walter | Bonn
Aufgrund der unzureichenden Gesundheitsversorgung in den Entwicklungsländern war und ist die Verbesserung der öffentlichen Gesundheitssysteme einer der Schwerpunkte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Eine hohe Kindersterblichkeit, durch Impfung vermeidbare Krankheiten sowie HIV/Aids haben in den letzten Jahrzehnten für stetige Mittelzuflüsse der Geber gesorgt. Als von 2000 bis 2015 die acht Millenniumsentwicklungsziele (MDG) den Rahmen für die internationale Zusammenarbeit vorgaben, war der Bereich Gesundheit dreifach vertreten. Damals lauteten die Ziele, die Kindersterblichkeit zu senken (Ziel 4), die Gesundheit von Müttern zu verbessern (Ziel 5) und HIV/Aids und andere schwere Krankheiten zu bekämpfen (Ziel 6). Seit 2015 gilt die von den Vereinten Nationen (VN) verabschiedete Agenda 2030 als globaler Handlungs- und Orientierungsrahmen. Kernstück dieser Agenda sind die 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (SDG), von denen sich jedoch nur noch Ziel 3 mit der Forderung, "ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters zu gewährleisten und ihr Wohlergehen zu fördern“, auf den Gesundheitsbereich bezieht.
In den letzten 20 Jahren hat sich bei den Gebern im Gesundheitsbereich der Trend zu mehr multilateraler Förderung verstärkt. Das bedeutet, dass die Maßnahmen überwiegend durch globale Fonds, die Weltbank oder über Organisationen der Vereinten Nationen wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) umgesetzt werden. Ein Beispiel ist der seit 2002 bestehende Globale Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria (GFATM). Bis Mitte 2019 hat der GFATM mit mehr als 41,6 Milliarden US-Dollar Gesundheitsprojekte in 140 Ländern finanziert. Weitere Beispiele sind die Impfallianz Gavi, das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen zu HIV/Aids (UNAIDS) und die Global Polio Eradication Initiative (GPEI). Entwicklungsanstrengungen zur Erreichung der gesundheitsrelevanten Entwicklungsziele der Agenda 2030 werden seit dem Jahr 2016 über die Plattform International Health Partnership for Universal Health Coverage (UHC 2030) koordiniert.
So unterstützt beispielsweise die Weltbank in einem Eilverfahren bereits in über 100 Entwicklungs- und Schwellenländern die nationalen Gesundheitssysteme bei der Eindämmung der Corona-Pandemie und bei der Ausweitung der Behandlungsmöglichkeiten. Dazu gehören die Verbesserung der Testkapazitäten, die Ausstattung von Krankenhäusern und die Einrichtung von isolierten Intensivstationen. Deutschland stellt über das Corona-Sofortprogramm des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unmittelbar 200 Millionen Euro sowie weitere 600 Millionen Euro noch zu bewilligende Gelder für die Gesundheitssysteme der Partnerländer bereit (Stand Anfang Juni 2020). Die wichtigsten Geberländer zur Förderung globaler Gesundheit sind die USA und Großbritannien, gefolgt von Deutschland mit einem jährlichen Beitrag von 1 Milliarde Euro.
Die jüngsten Ausbrüche von Ebola in Afrika oder von SARS in Asien haben gezeigt, wie rasch sich Epidemien ohne widerstandsfähige und schnell reagierende Gesundheitssysteme ausbreiten können. Mit der beispiellosen Mobilität von Menschen, Produkten und Lebensmitteln werden auch die unzähligen krankheitserregenden Mikroorganismen immer mobiler. Starke Gesundheitssysteme bedeuten, dass Länder besser in der Lage sind, Pandemien oder andere Notfälle im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu verhindern und wirksam darauf zu reagieren. Auf diese Weise können der Verlust von Menschenleben und die wirtschaftlichen und sozialen Kosten solcher Ereignisse drastisch reduziert werden.
Die Corona-Krise zeigt deutlich, dass die Qualität der Gesundheitssysteme und die internationalen Koordinationsmechanismen zur schnellen Eindämmung und Bekämpfung einer Pandemie nicht ausreichend sind. Die internationale Staatengemeinschaft muss nun mit Hochdruck daran arbeiten, diese Defizite im Gesundheitsbereich zu beseitigen. Für die dringend benötigten Verbesserungen müssen erhebliche Investitionen getätigt werden.
Woher genau die Mittel kommen und wie die Investitionen im Einzelnen finanziert werden sollen, ist noch unklar. Die Geberländer haben bis jetzt nur Mittel umgeschichtet, aber noch keine neuen Mittel zugesagt. Die Corona-Hilfspakete konzentrieren sich überwiegend auf die Ankurbelung der Wirtschaft. Wie die Gesundheitssysteme nach Corona aussehen werden und welche Maßnahmen zur Vermeidung von zukünftigen Pandemien weltweit implementiert werden, ist noch unklar. Die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten und -dienstleistungen wird jedoch ansteigen.
So zählen schon jetzt die überwiegend in China ansässigen Hersteller von Personeller Schutzausrüstung (PSA) und Hygieneartikeln zu den Krisengewinnern. Ferner ist zu erwarten, dass in der digitalen Gesundheitswirtschaft die Bereiche Diagnostik, Telemedizin und E-Health-Anwendungen besonders profitieren. Daraus ergeben sich gerade für die deutsche Gesundheitswirtschaft vermehrt internationale Geschäftschancen in Industrie- sowie in Entwicklungs- und Schwellenländern. Auch Automatisierungslösungen wie bargeldloses Bezahlen und „touchless“-Geräte werden gefragt sein.
Deutsche Unternehmen der Gesundheitswirtschaft unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) mit der "Exportinitiative Gesundheitswirtschaft" bei ihrem Auslandsgeschäft.
Die Exportinitiative ist bei Germany Trade & Invest (GTAI) angesiedelt und die GTAI hat sich die digitale Gesundheitswirtschaft als einen Schwerpunkt gesetzt und analysiert in einer Reihe von Länderberichten die Marktchancen und den Wettbewerb in digitalen Gesundheitsmärkten.
Außerdem informiert Germany Trade & Invest tagesaktuell über Ausschreibungen internationaler Geberorganisationen im Gesundheitsbereich wie beispielsweise der Weltbank oder der Europäischen Union (EU).