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Branchenbericht EU Gesundheitswesen

Der europäische Raum für Gesundheitsdaten

Die EU-Kommission plant einen gemeinsamen Raum zum Austausch von Gesundheitsdaten. Ziel ist es, einen Binnenmarkt für die digitale Gesundheitsversorgung zu errichten. 

Von Walter Liedtke (pressto GmbH) | Köln

Derzeit werden die meisten Patientendaten in Krankenhäusern, bei Ärzten oder in Laboren in unterschiedlichen IT-Systemen gespeichert, die nicht miteinander kompatibel sind. Die Daten können oft nicht einmal problemlos zwischen Abteilungen desselben Krankenhauses oder vom Facharzt zum Hausarzt ausgetauscht werden. Dies führt dazu, dass nicht immer die richtigen medizinischen Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt getroffen werden können.

Der Austausch von Gesundheitsdaten heute

Im Rahmen des bereits bestehenden E-Health-Netzwerks tauschen einzelne EU-Mitgliedsstaaten bereits heute Daten aus. So können estnische Rezepte auch in Finnland eingelöst werden oder kroatische Ärztinnen und Ärzte erhalten Patientenkurzakten aus Tschechien. Der erste grenzüberschreitende Austausch fand 2019 statt. Bis 2025 sollen alle übrigen EU-Länder mit dabei sein, auch Deutschland. Doch erst wenige EU-Staaten haben die Digitalisierung ihres Gesundheitswesens auf nationaler Ebene umgesetzt. Dabei hat Coronapandemie gezeigt, dass die gemeinsame Nutzung von Daten zu einer beschleunigten Forschung und zur Stärkung der EU-weiten Gesundheitssysteme beiträgt. Dadurch konnten Menschenleben gerettet werden.

Bislang sind nur elektronische Verschreibungen und der Austausch von Patientenkurzakten möglich:

  • EU-Bürgerinnen und -Bürger können Arzneimittel in einer Apotheke eines anderen EU-Mitgliedstaates erhalten, da die Rezepte elektronisch aus ihrem Wohnsitzland in ihr Reiseland übertragen werden.
  • Außerdem können Ärzte im Ausland Patientenkurzakten in ihrer Landessprache mit Informationen über wichtige Gesundheitsaspekte wie Allergien, derzeitige Medikation, Vorerkrankungen und Operationen einsehen. Patienten sollen im Ausland richtig behandelt werden können, auch wenn sie nicht die Landessprache beherrschen.

E-Health Netzwerk für ganz Europa

Im Rahmen der Priorität „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ will die EU-Kommission das E-Health Netzwerk nun zu einem gemeinsamen europäischen Raum für Gesundheitsdaten ausbauen. Dabei geht es um den Austausch von Gesundheitsdaten der Patientinnen und Patienten zwischen Leistungserbringern (dies sind etwa Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser und Apotheken, Ergotherapeuten und Hebammen), Forschenden, politischen Entscheidungsträgern und Regulierungsbehörden.

Der europäische Raum für Gesundheitsdaten soll:

  • den sicheren Austausch von Patientendaten (auch bei Auslandsreisen) und die Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger über ihre Gesundheitsdaten fördern
  • die Forschung in Bezug auf Behandlungen, Arzneimittel, Medizinprodukte und Ergebnisse unterstützen
  • den Zugang zu Gesundheitsdaten und ihre Nutzung für Forschung, Politikgestaltung und Regulierung mit einem zuverlässigen Steuerungsrahmen und unter Wahrung der Datenschutzvorschriften fördern
  • die digitalen Gesundheitsdienste unterstützen
  • Fragen der Sicherheit und Haftung in Bezug auf künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen klären

Einbindung der Stakeholder  

Wie es im Vorfeld jeder Verordnung der EU-Kommission üblich ist, gab es auch zur Verordnung über den europäischen Raum für Gesundheitsdaten eine öffentliche Konsultation: Vom 3. Mai bis 26. Juli 2021 konnten Stakeholder und Einzelpersonen ihre Anregungen für die Gestaltung der Verordnung abgeben. Es gab dazu insgesamt 151 Rückmeldungen. Dabei ging es etwa darum, spezifische nationale und regionale Herausforderungen zu berücksichtigen, die möglicherweise nicht in ein Einheitsmodell passen.

Es wurde auch gefragt, ob zusätzliche Regeln für den Zugang zu Gesundheitsdaten für die Forschung nötig sind, etwa in Bezug auf Datenkategorien und -formate, Zugangsregulierungen und Datensicherheit. Andere Stakeholder fordern eine bessere Informationspolitik, um die normalen Menschen einschließlich der sie vertretenden zivilgesellschaftlichen Gruppen zu erreichen. Sonst sei das „digitale Zögern“ der Mitgliedsstaaten nicht zu überwinden.

Am 22. Mai 2022 hat die EU-Kommission den Entwurf für eine solche Verordnung vorgestellt. Er wird im Anschluss mit dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat verhandelt. Dieser Prozess kann bis zu zwei Jahren dauern, aber auch in kürzerer Zeit abgeschlossen werden. Dann wird die Verordnung – möglicherweise mit Fristen für ihre Umsetzung – in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbar in Kraft treten.

Weiterführende Informationen

Website der Europäischen Kommission

Website zum European Health Dataspace

Website zur Konsultation zum European Health Dataspace 

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