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Branchenbericht EU Gesundheitswesen

EU-Richtlinien zu Medizinprodukten

Für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika gelten europaweit einheitliche Regelungen. Das dient der Sicherheit und Wirksamkeit der Produkte.  

Von Walter Liedtke (pressto GmbH) | Köln

Grundsätzlich ist die Gesundheitspolitik in der EU ein Bereich, über den die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten autark bestimmen. Die Regulierung für das Inverkehrbringen von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika ist eine Ausnahme.

Das gesamte System wird grundlegend erneuert

Bis zum Jahr 2022 macht dieser Regulierungsbereich eine große Metamorphose durch.

  • Das bisher gültige System umfasste drei Richtlinien (über aktive implantierbare medizinische Geräte, Medizinprodukte sowie In-vitro-Diagnostika) sowie eine Verordnung (über Medizinprodukte). Eine Website der Europäischen Kommission gibt einen kompakten Überblick zu den alten Regelungen.
  • Seit Mai 2021 bzw. Mai 2022 gelten nur noch zwei Verordnungen – eine über Medizinprodukte (MDR) und eine über In-vitro-Diagnostika (IVDR). Auch hierzu gibt es eine Website der EU-Kommission mit allen wesentlichen Informationen. Man findet Links zu den neuen Verordnungen im Wortlaut sowie zu diversen Berichtigungen und Durchführungsverordnungen.

Die wesentlichen Neuerungen beider Verordnungen 

  • Die neuen Vorschriften sehen einen besseren Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Patientensicherheit vor. Vor allem Hochrisikoprodukte werden einer strengeren Kontrolle vor dem Inverkehrbringen unterzogen. Bestimmte ästhetische Produkte wie farbige Kontaktlinsen oder Geräte für die Fettabsaugung, die ein hohes Risiko für Verbraucher darstellen, sowie Praktiken wie die Wiederaufbereitung von Einwegprodukten werden in den Geltungsbereich der neuen Verordnungen aufgenommen und einer strengeren und stärker harmonisierten Regelung unterworfen. Vorschriften für die klinische Bewertung und Prüfung werden allgemein verschärft und es werden strengere Anforderungen an die Verwendung gefährlicher Stoffe eingeführt.
  • Es wird eine EU-Datenbank für Medizinprodukte (EUDAMED) geschaffen, die ein umfassendes Bild über den Lebenszyklus aller auf dem EU-Markt erhältlichen Produkte enthält.
  • Es gibt ein neues System zur Produktidentifizierung auf der Grundlage einer eindeutigen Produktkennung (UDI), das eine leichtere Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten ermöglicht.
  • Es wird eine sogenannte Implantatkarte für Patienten eingeführt, die Informationen über implantierte Medizinprodukte für den jeweiligen Patienten leicht verfügbar und zugänglich macht.
  • Patienten sollen entschädigt werden, wenn sie fehlerhafte Produkte erhalten. Die Verordnungen verlangen von den Herstellern, dass sie eine ausreichende finanzielle Deckung in Bezug auf ihre potenzielle Haftung gewährleisten, damit Patientinnen und Patienten schnell und effektiv entschädigt werden, auch im Falle einer Insolvenz des Unternehmens.

Anpassungen in deutschen Gesetzen

Diese Regelungen sind Verordnungen und gelten damit nach Inkrafttreten unmittelbar in jedem Mitgliedsland. Die nationalen Gesetze müssen innerhalb einer Übergangsfrist an die neue EU-Verordnung angeglichen werden.

In Deutschland war dazu das Medizinprodukte-EU-Anpassungsgesetz (MPEUAnpG) notwendig. Zuvor hatte es auf Bundesebene einen Nationalen Arbeitskreis zur einvernehmlichen Implementierung der beiden neuen EU-Verordnungen mit allen Stakeholdern gegeben.

Die Medizinprodukteverordnung MDR (EU) 2017/745

Am 26. Mai 2021 ist die neue Medizinprodukteverordnung in Kraft getreten. Eigentlich sollte sie schon ein Jahr zuvor verbindlich werden, doch dies wurde verschoben, um angesichts der Coronapandemie den Druck von den nationalen Behörden, den Benannten Stellen, Herstellern und anderen Akteuren zu nehmen.

Die wichtigsten Neuerungen der MDR finden Sie auf der Website der EU-Kommission übersichtlich zusammengefasst.

Der Bundesverband Medizintechnologie e. V. (BVMed) hat auf seiner Website ein eigenes Informationsportal zur Umsetzung der MDR eingerichtet. Eine Folge der neuen MDR ist, dass alle Medizintechnikprodukte bei den sogenannten Benannten Stellen ganz neu registriert werden müssen, damit sie in der EU gehandelt werden können.

Die In-Vitro-Diagnostika-Verordnung IVDR (EU) 2017/746

Am 26. Mai 2022 trat die neue In-Vitro-Diagnostika-Verordnung in Kraft. Wichtige Änderungen sind:

  • Die Produkte werden jetzt in vier Klassen statt in zwei Listen eingeteilt.
  • Die Menge der möglichen Konformitätsbewertungsverfahren wurde auf drei Verfahren reduziert.
  • Die EU-Kommission kann zusätzlich zu bestehenden Normen sogenannte gemeinsame Spezifikationen (common specifications) festlegen, die die Hersteller einhalten müssen.
  • Hersteller sind dazu verpflichtet, die Produkte über eine eindeutige Produktkennung (UDI) zu kennzeichnen und Informationen in der Datenbank EUDAMED zu hinterlegen.
  • Jeder Hersteller eines IVD muss über ein Qualitätsmanagementsystem verfügen.

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