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Branchen | Frankreich | Architekturdienstleistungen

Anspruchsvolle Projekte bieten Chancen

Der französische Markt für Architektur- und Ingenieurdienstleistungen ist kein einfaches Pflaster. Aber er öffnet sich stärker für ausländische Büros mit besonderem Know-how.

Von Peter Buerstedde | Paris

Auslandsmärkte stellen deutsche Ingenieur- und Architekturbüros aufgrund abweichender Regularien und kultureller Unterschiede vor besondere Herausforderungen. Frankreich ist da nicht anders und der Ruf, ein schwieriger Markt zu sein, eilt dem Land in Deutschland voraus. Gleichzeitig sind eine Reihe von deutschen Büros hier erfolgreich tätig und in den letzten Jahren ergeben sich mehr Chancen.

Die Zunft der einheimischen Bauingenieure und Architekten gilt in Frankreich als sehr eng verflochten. Als Abgänger weniger Hochschulen kennen sich die Akteure sehr gut untereinander und sind oftmals auch mit Baufirmen und Entwicklern eng vernetzt. Der Markteinstieg erfordert daher viel Geduld und kein zu offensives Auftreten. So sind französische Ingenieure zu Recht stolz auf das Ingenieurwesen in Frankreich und seine lange Tradition.

In den engmaschigen Netzwerken stellen sich die Akteure daher angesichts eines Newcomers im Markt die Frage: "Warum sollen wir den in unseren Kreis aufnehmen?" So die Darstellung von Michael Zimmermann, der in Paris das Büro von Schlaich Bergermann Partner (sbp) aus Stuttgart leitet, die etwa für die Verkleidung des Arc de Triomphe durch das Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude im September 2021 die Metallstrukturen entwickelt hat. Eine neue Firma müsse etwas Besonderes bieten können.

Mehr ausländische Büros

Der Markt habe sich aber in den vergangenen Jahren stärker geöffnet, so Zimmermann. Dies werde etwa durch den Erfolg skandinavischer Architekturbüros wie BIG und Snohetta bei Projekten in Paris deutlich. Sbp hatte das Glück eines relativ "komfortablen" Einstiegs durch ein prestigeträchtiges Vorhaben für die Konzeption einer neuen Brücke zum Mont-Saint-Michel, eine der berühmtesten Sehenswürdigkeiten Frankreichs.

Das Projekt erhielt 2015 den nationalen Architekturpreis. Dadurch wurde sbp bekannt und im selben Jahr eröffnete das Ingenieurbüro eine Dependance in Paris. Eine Büroeröffnung sieht Michael Zimmermann als äußerst wichtig an. Sie habe für sbp "alles geändert" und sei ein wichtiges Signal, sich voll auf den französischen Markt einzulassen und vertrauensvoller Partner zu sein.

Für das österreichische Architektenbüro Baumschlager Eberle bildete der Holzbau so etwas wie das Einfallstor für den französischen Markt. Die Firma kam 2012 nach Paris und suchte zunächst den Kontakt zur Stadt. Bekannt wurde das Büro dann durch das erste Positiv-Energiehaus in Paris. Aufgrund der geringen Tragfähigkeit der Grundplatte erforderte das Projekt eine Holz-Beton-Konstruktion. Gebaut wurde von 2016 bis 2018, kurz bevor der Holzbau in Frankreich 2018 und 2019 zum großen Trend avancierte, so die Büroleiterin in Paris, Anne Speicher. Jetzt arbeitet das Büro an 11 weiteren Holzbauprojekten.

Chancen bei technisch aufwendigen Lösungen

Chancen ergeben sich für deutsche Architektur- und Ingenieurbüros vor allem bei speziellen technischen Lösungen. Allerdings weist der französische Bausektor Besonderheiten auf.

So müssen neue Baumaterialien und -verfahren eine besondere Zulassung erlangen, damit Versicherungsunternehmen bereit sind, für Bauprojekte eine Zehnjahres-Pflichtversicherung (assurance garantie décennale) abzuschließen. Die Zulassung läuft entweder über teure und langwierige Standardverfahren oder speziell für innovative Produkte und Verfahren gedachte schnellere Zulassungen im Einzelfall. Dies kann dauern, ist mit Kosten verbunden und schützt so die einheimischen Baustoffkonzerne. Die Bauzeit des genannten Holzbauprojekts von Baumschlager Eberle zum Beispiel, verlängerte sich durch die Zertifizierung von Bauteilen laut Speicher um etwa ein Jahr.

Aufgrund dieser Problematik sind französische Baufirmen wenig darauf erpicht, innovative Produkte und Verfahren anzuwenden. Wenn ja, dann durch Unternehmen, die einschlägige Erfahrungen durch Referenzen belegen können. Mitunter wird die Umsetzung eher ausländischen Ingenieurbüros zugetraut und hier vielleicht besonders deutschen Firmen, die als technisch versiert gelten.

Zahlreiche anspruchsvolle Projekte

Durch große Volumina an immer anspruchsvolleren Projekten hat der französische Markt vor der Coronakrise eine gewisse Öffnung erfahren. Der französische Bausektor und vor allem Paris und das Umland haben in den vergangenen Jahren immer mehr Einsatzmöglichkeiten für innovative Produkte und Verfahren geboten. Derzeit wird in der Hauptstadtregion mit dem Grand Paris Express eines der größten Infrastrukturvorhaben in Europa umgesetzt. Es umfasst 100 neue Schienenkilometer und 68 neue Metrostationen. Um die Stationen herum entstehen Geschäfts- und Wohnviertel. Dort soll in den kommenden Jahren nochmals etwa die Fläche von Paris (105 Quadratkilometer) neu bebaut werden.

Hinzu kamen in den vergangenen Jahren in Paris große Architekturwettbewerbe, womit die Stadt bei Bauprojekten "das Niveau gehoben hat", so Anne Speicher. Dabei stellt die Stadt Paris (oder ein Unternehmen) ein Grundstück zur Verfügung und in einem Auswahlverfahren werden Projekte ausgewählt, wobei etwa bei dem größten Wettbewerb "Réinventer Paris" (Paris neu erfinden) Kriterien wie Nachhaltigkeit und der Anteil von Sozialwohnungen eine wichtige Rolle spielen. Die dritte Ausgabe startete im Februar 2021 und betrifft gewerbliche und öffentliche Bauten, die zu Wohnungen umgebaut werden sollen.

Nachhaltigkeit soll auch das Hauptmerkmal der Olympischen Spiele 2024 in Paris werden. Die Mehrzahl der Spielstätten wird temporär errichtet oder baut auf bestehenden Gebäuden auf. Was neu gebaut wird, soll hohen nachhaltigen Ansprüchen genügen, auch wenn hier unter Zeitdruck etwa beim Holzbau die Ambitionen etwas heruntergeschraubt werden mussten. Der Einsatz von nachhaltigen Baumaterialien wird in Frankreich in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Mit einer neuen Wärmeschutzverordnung (RE 2020) wird auch der Lebenszyklus von Materialien für CO2-Grenzwerte eine Rolle spielen. Holz gilt da als großer Gewinner.

Kontaktanschriften

Bezeichnung

Anmerkungen

AHK Frankreich

AHK berät beim Markteinstieg

Réinventer Paris

Architekturwettbewerb der Stadt Paris "Paris neu erfinden"

Pavillon de l'Arsenal

Zentrum für Stadtentwicklung und Architektur der Stadt Paris

L'Arc de Triomphe, Wrapped

Verkleidungsprojekt des Arc de Triomphe in Paris von Christo und Jeanne-Claude

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