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Im Onlinehandel sind noch Positionen zu besetzen

Einige deutsche Anbieter sind im Onlinehandel in Frankreich sehr erfolgreich. Der Markt bietet Chancen - vor allem, weil ein großer Akteur weniger dominant ist als in Deutschland.

Von Peter Buerstedde | Paris

Die Coronakrise bescherte dem Internethandel einen enormen Wachstumsschub. Mit dem strikten Corona-Lockdown in Frankreich Mitte März 2020 stieg der Online-Warenhandel sprunghaft um 32 Prozent an. In den Jahren zuvor war dieser, nach Informationen des Verbandes Fevad (Fédération du e-commerce et de la vente à distance), um rund 10 Prozent jährlich gewachsen. Die Onlineausgaben für Dienstleistungen hingegen brachen 2020 um 10 Prozent ein, weil die Reisetätigkeit zurückging und viele Veranstaltungen abgesagt werden mussten. Im Segment Transport und Tourismus gingen die Umsätze um 47 Prozent zurück. Insgesamt erreichte der Onlinehandel 2020 noch ein Plus von 8,5 Prozent gegenüber 11,7 Prozent 2019. 

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Das starke Wachstum des Onlinehandels in der Krise wird in Frankreich in Politik und Öffentlichkeit oft kritisch gesehen. Der Internethandel gilt dabei als unfairer Wettbewerber für physische Ladenlokale, die während der Lockdowns schließen mussten. Im Zentrum der Kritik steht die Handelsplattform Amazon. Im April 2020 erreichten Gewerkschaften eine wochenlange Schließung der Logistikzentren von Amazon. Später im Jahr wurde Amazon dazu gedrängt, den Verkaufstag Black Friday zurückzufahren und französische Produkte auf der Plattform prominenter zu platzieren. 

Marktchancen jenseits von Amazon

Die Schließung der Lager betraf nicht die französischen Konkurrenten wie CDiscount oder Fnac. Sie dürfte dazu beigetragen haben, dass der Marktanteil von Amazon im Onlinehandel mit Waren 2020 auf 19 Prozent zurückgefallen ist gegenüber 22 Prozent 2019. Der Marktanteil von Amazon ist in Frankreich damit deutlich geringer als in Deutschland, wo er 2020 bei 53 Prozent lag.

Daher bestehen auf der Plattform noch starke Wachstumsmöglichkeiten. Jenseits von Amazon sind zum Teil im Onlinehandel noch Marktsegmente zu besetzen. Deutlich wird dies etwa am starken Wachstum des französischen Online-Baumarkts Manomano oder der Verkaufsplattform für Second-Hand-Kleidung Vinted. Beide rangierten 2021 bereits unter den drei meistbesuchten Verkaufsplattformen für Baubedarf beziehungsweise Mode.

Eine Reihe deutscher Anbieter ist in Frankreich im Onlinegeschäft erfolgreich, viele als Verkäufer auf Amazon. Zalando könnte nach Zeitungsmeldungen 2021 im Modegeschäft den bisherigen Marktführer Amazon überholt haben. Die Modeplattform hatte Mitte 2021 für 300 Millionen Euro den Bau eines neuen Logistikzentrums im Großraum von Paris angekündigt. Es soll 2024 in Betrieb gehen.

Der deutsche Händler Zooplus ist der größte Onlineanbieter von Tierbedarf. Interessant ist auch der Fall der Firma Gerstaecker aus Eitorf: Sie ist unter der Marke Le Géant des Beaux Arts in Frankreich der Onlinemarktführer für Künstlerbedarf.

Geschäftsaufgaben erleichtern den Markteinstieg neuer Akteure

Die Jahre 2020 und 2021 mit dem Wechselspiel von Einschränkungen und Lockerungsphasen haben dem stationären Handel hart zugesetzt. Die Regierung hatte frühzeitig Hilfen angeboten und die Einnahmeausfälle größtenteils aufgefangen. Aber Handelsfirmen, die bereits vor der Krise durch die Gelbwestenproteste angeschlagen waren - wie der Schuhverkäufer Andre oder die Modehändler La Halle und Naf Naf - mussten über Konkursverfahren neue Eigentümer finden.

Geschäftsaufgaben im stationären Einzelhandel haben in der Krise die Einrichtung von Dark Stores und Dark Kitchens für Quick-Commerce-Firmen (Lieferdienste mit kurzen Lieferzeiten) und Essenslieferdienste erleichtert. Dark Stores sind kleine Lagerlokale in Städten, die zur Vorbereitung und Auslieferung von Onlinebestellungen dienen. Analog dazu sind Dark Kitchens Küchenlokale für Onlineessensbestellungen.

Die Anzahl der Start-ups, die versuchen, sich im Quick Commerce in Frankreich zu etablieren, ist in der Krise stark angestiegen. Sie gehen Kooperationen mit Handelskonzernen ein oder kaufen sich gegenseitig auf. Darunter auch deutsche Firmen wie Flink und Gorillas. Gorillas liefert in Frankreich Lebensmittel des Handelskonzerns Casino aus. Das Start-up hat Ende Januar 2022 Verhandlungen über eine Übernahme des französischen Essenslieferdienstes Frichti aufgenommen.

Stadtverwaltungen in Paris und Lyon wollen die Einrichtung von Dark stores einschränken. In Paris gab es Anfang 2022 nach Angaben der Stadt 70 derartige Einrichtungen. Sie fürchten, dass der Onlinehandel Geschäfte in den Innenstädten verdrängen könnte.

Die Coronabeschränkungen fielen 2021 trotz erneuter Teillockdowns sehr viel milder aus als 2020. Davon profitierte der Onlineverkauf von Dienstleistungen (vor allem Tickets für Reisen und Veranstaltungen) mit einem Plus von 21 Prozent. Der Handel mit Produkten legte mit 7 Prozent weniger stark zu. Gegenüber 2019 ist er damit um 42 Prozent gewachsen. Der Anteil am Einzelhandel belief sich auf 14,1 Prozent gegenüber 9,8 Prozent 2019, dem Jahr vor der Krise.

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Der Onlinehandel hat sich für einen Teil der Bevölkerung fest in den Einkaufsgewohnheiten verankert. In einer Umfrage der Firma Médiamétrie von Anfang 2022 wollen 90 Prozent der Verbraucher, die in der Krise ihre Onlinekäufe ausgeweitet hatten, an den neuen Gewohnheiten festhalten.

Unsicher ist aber, ob sich das Wachstum fortsetzen wird. Im ersten Lockdown zwischen März und Mai 2020 waren die Internetverkäufe von Technik und Lebensmitteln stark gestiegen. Mit der plötzlichen Ausweitung der Telearbeit und der Schließung von Schulen mussten sich viele Haushalte mit Computern und Druckern eindecken.

Entwicklung der Onlineverkäufe in ausgewählten Segmenten (Veränderung zum Vorjahr in Prozent)

Segment

2020

2021

Bekleidung und Mode

22

6

Möbel und Dekoartikel

24

18

Lebensmittel

42

6

Technik, IT

34

-6

Beauty und Körperpflege

52

-3

Quelle: Fevad 2022

Im Lebensmittelhandel legte vor allem das Drive-In-Geschäft zu, das in Frankreich stark verbreitet ist und etwa ein Drittel des Online-Lebensmittelhandels ausmacht. Seit Jahren haben Hypermärkte das Drive-In-Geschäft ausgeweitet - Verbraucher bestellen per Internet und holen die Waren selbst ab. Die großen Supermarktketten Leclerc, Auchan und Carrefour haben begonnen, das Konzept auch auf die Laufkundschaft auszuweiten als eine Art Walk-In (drive piéton auf Französisch). 2021 wurden 31 Prozent mehr Drive-In-Bestellungen aufgegeben als 2019.

Kontaktanschriften

Bezeichnung

Anmerkungen

AHK Frankreich

AHK berät beim Markteinstieg

Fédération du e-commerce et de la vente à distance (FEVAD)

Verband des Onlinehandels

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