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Branchen | Frankreich | Hochbau

Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Immer striktere Vorgaben und zahlreiche Förderprogramme sollen die Nachhaltigkeit im Bausektor vorantreiben. Eine neue Klimaschutzverordnung bringt große Veränderungen.

Von Peter Buerstedde | Paris

Frankreich hat sich zur Bekämpfung des Klimawandels das Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 gegenüber 1990 um 40 Prozent zurückzufahren. Der Hochbau spielt hier eine große Rolle, da Gebäude für 27 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Nach der Strategie zur Absenkung der Kohlendioxidemissionen SNBC (Stratégie nationale bas-carbone), die 2020 aktualisiert worden ist, soll der Treibhausgasausstoß von Gebäuden bis 2030 um 49 Prozent gesenkt werden. Bis 2050 wird eine vollständige Dekarbonisierung angestrebt.

Nach dem Basisszenario der SNBC müssten bis 2030 jährlich 370.000 Wohneinheiten renoviert werden und ab dann bis 2050 jährlich 700.000. Daneben existieren weitere Zielvorgaben. Die meisten können nicht nachgehalten werden, da die Daten nicht erhoben werden.

Den Zielen gegenüber steht eine Vielzahl von Förderprogrammen und neuen Regularien, sowohl für die Gebäudeeffizienz im Baubestand als auch für den Neubau. Die wichtigsten Programme zur Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen sind MaPrimeRénov', Energiesparzertifikate (CEE) und Nullzinskredite (Éco-PTZ). In der Krise wurden die Programme vielfach ausgeweitet und haben zu einem Boom bei Sanierungsarbeiten vor allem in Haushalten geführt.

Neben den Förderprogrammen gibt es auch immer mehr Druck, Renovierungsarbeiten durchzuführen. Besonders schlecht isolierte Wohnungen werden in den kommenden Jahren nicht mehr vermietet werden können und Energieeffizienzaudits sollen ab September 2022 bei einer Neuvermietung verpflichtend sein. Der Staat zielt hier vor allem auf die energetische Sanierung der 7 bis 8 Millionen Wohneinheiten ab, die nur über einen sehr schwachen Wärmeschutz verfügen.

Instrumente zur Förderung von energetischen Sanierungsmaßnahmen in Frankreich

Zur Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen in Gebäuden gibt es vier wichtige Förderinstrumente:


1. MaPrimeRénov - Zuschüsse für bestimmte Arbeiten gestaffelt nach Einkommen der Haushalte


2. Certificats d'économie d'énergie (CEE) - Energieunternehmen erhalten Energiesparzertifikate für Arbeiten, die sie finanzieren


3. Éco-prêt à taux zéro (Éco-PTZ) - Nullzinskredite für bestimmte Arbeiten


4. France Relance - das Krisen-Konjunkturpaket France Relance umfasst 4 Milliarden Euro für die Gebäudeeffizienz im öffentlichen Sektor


Für viele Arbeiten gilt ein verminderter Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent und Arbeiten müssen durch speziell zertifizierte Handwerker durchgeführt werden, um Förderung zu erhalten.


Über MaPrimeRénov' gibt es Zuschüsse zu Effizienzmaßnahmen in Privathaushalten gestaffelt nach Einkommen. Vor der Krise war das Programm schrittweise auf einkommensschwächere Haushalte eingeschränkt worden. In der Krise sind die Mittel wiederholt aufgestockt worden und seit Anfang 2021 können wieder alle Haushalte Hilfen in Anspruch nehmen. Diese sind großzügiger für ärmere Haushalte.

Durch mehr Förderung und die Krise, die mit Lockdown und Telearbeit viele Haushalte zu Veränderungen in ihrer Wohnsituation angeregt hat, sind die Anträge stark gestiegen. Im Jahr 2020 wurden 140.000 Anträge angenommen und mit Zuschüssen bedacht. Für 2021 waren 450.000 angepeilt, nach vorläufigen Zahlen könnten es etwa 660.000 sein.  

Das für 2021 und 2022 vorgesehene Budget von 2 Milliarden Euro war Ende 2021 ausgeschöpft. Für 2022 hat die Regierung der zuständigen Behörde ANAH (Agence nationale de l'habitat) weitere 2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt für geplante 685.000 Maßnahmen. 

Eine ebenfalls von der ANAH verwaltete Förderung für ärmere Haushalte ist Anfang 2022 in MaPrimeRénov' eingegliedert worden. Gleichzeitig hat die Regierung die Bedingungen etwas verschärft. Wohnobjekte müssen ab 2022 mindestens 15 Jahre alt sein (zuvor 2 Jahre), um Förderung zu erhalten, und mindestens 8 Monate im Jahr bewohnt werden (vorher 6 Monate). Gleichzeitig dürfen die Arbeiten innerhalb von zwei Jahren abgeschlossen werden. Bisher galt eine Frist von einem Jahr.

Das zweite wichtige Instrument für Arbeiten in Privathaushalten, Handel, Industrie und in öffentlichen Gebäuden sind Energiesparzertifikate CEE (Certificats d'économie d'énergie), die mit MaPrimeRénov (in fast allen Fällen) kumuliert werden können. Die Sanierungsmaßnahmen werden von Unternehmen des Energiesektors finanziert, die dafür Zertifikate erhalten. Alle drei Jahre legt die Regierung fest, wie viele Zertifikate die Unternehmen erreichen müssen. Im Zeitraum 2022 bis 2025 sollen die Unternehmen Maßnahmen finanzieren, die 2.500 Terawattstunden Strom einsparen und damit 17 Prozent mehr als in der vorangegangenen Periode.

Für ärmere Haushalte gibt es im CEE-Programm für bestimmte Maßnahmen Zusatzprämien (Coup de pousse, "Schubs"), die die Eigenkosten der Haushalte auf einen Euro reduzieren. Hier wurde 2021 ab Juli die Förderung für den Austausch ineffizienter Heizungen durch effiziente Gasheizungen beendet. Andere Zusatzprämien laufen weiter. Wichtig sind auch Nullzinskredite Éco-PTZ (Éco-prêt à taux zéro) von bis zu 30.000 Euro, die für bestimmte Maßnahmen gewährt werden.

MaPrimeRénov' hatte bereits mehr Mittel aus dem Corona-Konjunkturpaket France Relance erhalten. Dort hat die Regierung im September 2020 auch 4 Milliarden Euro für Effizienzmaßnahmen in öffentlichen Gebäuden eingestellt. Die Mittel, die über Projektaufrufe verteilt werden, sollten alle bis Ende 2021 vergeben sein.

Neue Klimaschutzverordnung setzt Neubau unter Druck

Im Neubau hat die Energie- und Ressourceneffizienz in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Konkret umgesetzt wurden hohe Effizienzstandards aber allenfalls bei Leuchtturmprojekten in Großstädten wie Paris oder für Großveranstaltungen wie der Olympiade 2024. In den kommenden Jahren wird das Thema für alle Bauvorhaben immer wichtiger. Eine neue Wärme- und Klimaschutzverordnung (RE2020) tritt ab 1. Januar 2022 phasenweise in Kraft und für das Recycling von Baumaterialien soll ab 1. September 2022 ein zentrales System eingeführt werden.

Die Klima- und Wärmeschutzverordnung für neue Gebäude (Réglementation environnementale, RE2020) wird die derzeitigen Vorschriften (RT2012) ersetzen. Sie gilt für Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser, für die ab dem 1. Januar 2022 eine Baugenehmigung beantragt wird, und für Büro- und Unterrichtsgebäude für Anträge ab dem 1. Juli 2022.

Neben der Energieeffizienz der Gebäudehülle berücksichtigt die RE2020 auch die Kohlendioxidbilanz der Materialien und den Wohnkomfort in heißen Sommern. Bis 2031 sollen die Grenzwerte schrittweise sinken. Bereits ab 2022 ist die Nutzung von Gasheizungen in neuen Einzelhäusern praktisch unmöglich. Für Mehrfamilienhäuser dürfte das ab 2025 gelten. Der Einsatz von Holz soll deutlich steigen, während die Baukosten für Einzelhäuser bereits 2022 durch die neuen Regeln um 5 bis 10 Prozent steigen könnten.

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