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Frankreich wird ab dem 11. Mai 2020 verschiedene Einschränkungen aufheben, die in der Krise eingeführt worden waren. Alle Geschäfte außer der Gastronomie sollen wieder öffnen.
04.05.2020
Von Peter Buerstedde | Paris
Premierminister Edouard Philippe hat am 28. April 2020 eine Strategie zur Aufhebung der Ausgangssperre und anderer Einschränkungen vorgestellt, die ab dem 11. Mai in Frankreich gelten soll.
Die Aufhebung wird demnach phasenweise nach Regionen erfolgen, und nur, wenn es die Lage im Gesundheitssektor zulässt. Als Bedingung nannte der Premier weniger als 3.000 neue Covid-19-Infizierte pro Tag. Nach derzeitigen Modellrechnungen der Regierung sollte diese Zahl unterschritten werden (derzeitiger Stand).
Parallel zur Öffnung soll im Gesundheitsbereich eine ähnliche Strategie verfolgt werden wie in Deutschland. Covid-19-Testkapazitäten (PCR) sollen mit Beginn der Öffnung massiv ausgeweitet werden, von derzeit etwa 150.000 auf mindestens 700.000 Tests pro Woche. Die Regierung rechnet ab Öffnung mit 1.000 bis 3.000 Infizierten am Tag und will alle Personen (durchschnittlich 20 bis 25) testen, die mit diesen in Kontakt gekommen sind. Die 700.000 Tests bieten so eine gute Sicherheitsmarge.
Zur Durchführung der Tests werden auch Forschungs- und Veterinärlabore eingebunden. Alle Tests werden von der Sozialversicherung bezahlt. Fällt ein Test positiv aus, werden alle Kontaktpersonen isoliert. Wie in Deutschland sollen Teams (je Département) für die Tests und die telefonische Nachverfolgung gebildet werden.
Die Nachverfolgung der Kontakte könnte auch durch eine Tracking-App unterstützt werden. Weil aber viele Menschen iin Frankreich befürchten, dass Freiheitsrechte verletzt werden könnten, will die Regierung, sobald eine App vorliegt, eine Entscheidung des Parlaments einholen. Derzeit entwickelt eine Gruppe französischer Unternehmen im Auftrag der Regierung die App StopCovid.
Zu den Vorsichtsmaßnahmen wie Abstandsregeln und Händewaschen wird in gewissen Situationen die Maskenpflicht hinzukommen. Dafür sollen für die Bevölkerung am 11. Mai 2020 rund 20 Millionen waschbare Masken zur Verfügung stehen.
Für Maskenbestellungen der Gebietskörperschaften übernimmt die Regierung die Hälfte der Kosten. Diese sollen genauso wie Unternehmen, Verbände und andere Akteure die Verteilung im ganzen Land vorantreiben. Die Post wird ab dem 30. April 2020 ein Webportal für den Verkauf einrichten. Ab 11. Mai sollen auf lokalem Niveau pro Woche fünf Millionen Masken an ärmere Bürger verteilt werden.
Falls am 11. Mai die Voraussetzungen für eine Öffnung erfüllt sind, folgt eine erste Phase bis zum 2. Juni. In dieser soll geprüft werden, ob sich die Epidemie kontrollieren lässt und ob eine weitere Lockerung möglich ist. Die Maßnahmen sollen auch regional angepasst werden, da die Epidemie in einigen Landesteilen kaum ausgebrochen ist.
Wenn ein Département stark von Corona-Infektionen betroffen ist, die Intensivbettenkapazitäten nahezu ausgelastet sind oder oder die regionale Nachverfolgung von Infektionen nicht gut funktioniert, soll das betroffene Département ab dem 7. Mai als "rot" eingestuft werden. Lockerungen sollen dort erst später erfolgen, als in einem "grünen" Département, in dem alle Indikatoren günstig sind. Abstufungen bei den Maßnahmen will die Regierung noch mit lokalen Akteuren genauer definieren. Bereits am 30. April soll eine erste Einstufung der Départements veröffentlicht werden.
Die Öffnung nach Phasen und Départements betrifft Schulen, den Einzelhandel, den Transport und das öffentliche Leben. Zunächst sollen ab 11. Mai Kindertagesstätten sowie Vor- und Grundschulen auf freiwilliger Basis und mit kleinen Klassen und ohne Maskenpflicht öffnen.
Die Sekundarstufe I (collèges) soll am 18. Mai folgen, aber nur in "grünen" Départements (mit Maskenpflicht). Erst Anfang Juni 2020 soll eine Entscheidung für die Sekundarstufe II (lycées) fallen.
Die Regierung will, dass Unternehmen auch über den 11. Mai 2020 hinaus weiter Telearbeit nutzen, um den öffentlichen Verkehr zu entlasten und so in Zügen und in der Metro Sicherheitsabstände zu ermöglichen. Mitarbeiter, die keine Telearbeit machen können, sollen deshalb zeitversetzt mit der Arbeit beginnen.
Am 11. Mai 2020 dürfen alle Geschäfte und Wochenmärkte öffnen. Restaurants und Cafés bleiben geschlossen. Für sie soll erst Ende Mai 2020 ein Öffnungsdatum festgelegt werden. Seit dem 15. März hatten nur Läden, die für die Grundversorgung der Bevölkerung wichtig sind geöffnet.
Geschäfte können von Kunden das Tragen einer Maske verlangen - müssen dies aber nicht. Um größere Menschenansammlungen zu vermeiden, können Präfekten die Schließung von Einkaufszentren mit mehr als 40.000 Quadratmetern verfügen.
Im öffentlichen Verkehr und in Taxis/Fahrdiensten, in denen der Fahrgastbereich nicht durch Kunststoffscheiben abtrennt ist, gilt ab dem 11. Mai 2020 eine Maskenpflicht. Der Nahverkehr wird dann sukzessive hochgefahren, während weniger überregionale Züge verkehren sollen.
Reisen zwischen Départements sind weiterhin nur in dringenden beruflichen oder familiären Fällen erlaubt. Ab dem 11. Mai dürfen sich die Menschen in einem Radius von 100 Kilometern um ihre Wohnung wieder frei bewegen, auch ohne die derzeit verlangte eidesstattliche Erklärung.
Parks können ab dem 11. Mai nur in "grünen" Departements öffnen, Kinos und Theater bleiben geschlossen. Größere Versammlungen mit mehr als 5.000 Personen wie Konferenzen, Messen, Festivals, Konzerte und Sportereignisse (wie etwa die Fußball-Liga) dürfen erst wieder im September stattfinden.
Premierminister Philippe wies darauf hin, dass die Hilfsmaßnahmen für Unternehmen weiterlaufen. Kurzarbeit soll noch bis zum 1. Juni 2020 möglich sein. Dann soll das Instrument angepasst werden.
Die AHK Paris berichtet auf ihrer Internetseite zur Coronakrise über aktuelle Entwicklungen. Das Bundesinnenministerium informiert zum Grenz- und Pendelverkehr zwischen Deutschland und Frankreich.