Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Frankreich | Industriepolitik

Milliarden für disruptive Technologien und mehr Industrie

Das neue Investitionsprogramm "France 2030" soll Innovationen im Land befeuern und die Industrie stärken. Das Programm schließt an das Konjunkurpaket "France Relance" an.

Von Peter Buerstedde | Paris

Das Investitionsprogramm France 2030 wurde am 12. Oktober 2021 von Präsident Emmanuel Macron in einer Rede vorgestellt. Es soll vor allem die Innovation im Land beschleunigen und nach den Worten Macrons "einen positiven Kreislauf von Innovation, Produktion und Export in Gang setzen", damit Frankreich weiterhin sein Sozialsystem finanzieren kann.

Derzeit produziere das Land zu wenig Reichtum, um das Sozialmodell aufrechtzuerhalten. Innovation funktioniere laut Macron nur mit einer starken Industrie. France 2030 soll daher auch die Ansiedlung von mehr Industriekapazitäten in Frankreich fördern.

Investitionsprogramm France 2030

30 Milliarden Euro an staatlicher Förderung über 5 Jahre mit 10 Zielvorgaben und 5 Bedingungen.


Bisher bezifferte Maßnahmen:


Energiesektor (kleinere modulare Kernreaktoren, Führerschaft bei grünem Wasserstoff, Dekarbonisierung der Industrie): 8 Milliarden Euro

Transportsektor (2 Millionen Elektroautos und Hybride bis 2030, Flugzeug mit CO2-armem Antrieb): 4 Milliarden Euro

Landwirtschaft (Dekarbonisierung, Smart Farming, Entwicklung widerstandsfähiger Saaten): 2 Milliarden Euro

Gesundheitssektor (Entwicklung von 20 Biomedikamenten): 3 Milliarden Euro

New Space und Tiefseebergbau: 2 Milliarden Euro


Quelle: Französische Präsidentschaft

Quelle: Französische Präsidentschaft


Das Investitionsprogramm dient auch als eine Art Regierungsprogramm für eine weitere Amtsperiode, die bei einer Wiederwahl 2027 enden würde. Die Kandidatur Macrons für eine weitere fünfjährige Amtsperiode gilt als wahrscheinlich. Die Wahlen finden im April 2022 statt. Dabei soll das Programm auch dem Diskurs über den Niedergang Frankreichs als Innovations- und Wirtschaftsmacht entgegentreten. Dieser wird stark von anderen Präsidentschaftskandidaten propagiert und trifft in der Bevölkerung einen Nerv. In der Krise hatte er etwa durch Misserfolge bei der Impfstoffentwicklung und zuletzt durch den geplatzten U-Boot-Vertrag mit Australien Nahrung erhalten.

Das Investitionsprogramm schließt an das Konjunkturpaket France Relance an, das im September 2020 aufgelegt worden war. Anders als France Relance, das mit Fördermitteln von 100 Milliarden Euro auf sehr viele Branchen abzielt, soll France 2030 sich stärker auf Zukunftssektoren konzentrieren. Herausgekommen sind 15 mehr oder weniger eng umrissene Zielvorgaben, die eine Reihe von Sektoren betreffen.

Staat fördert Entwicklung kleiner modularer Kernreaktoren

Die stärkste Förderung soll mit 8 Milliarden Euro dem Energiesektor zugutekommen mit drei Zielen. Die Entwicklung und Nutzung von grünem Wasserstoff erhält 2 Milliarden Euro, damit Frankreich bis 2030 hier zum Weltmarktführer avancieren kann. Eine Milliarde Euro sollen in die Entwicklung kompakter Kernreaktoren (SMR, small modular reactors) fließen. Diese beiden Bereiche sind laut Präsident Macron eng verbunden, weil nur mit Kernenergie in den kommenden Jahren genügend dekarbonisierter Wasserstoff in Europa hergestellt werden könne. Sobald der Betreiber der Hochspannungsnetze RTE in den kommenden Wochen aktuelle Prognosen zum Kapazitätsausbau veröffentlicht hat, dürfte sich der Präsident auch zum künftigen Ausbau großer Kernkraftwerke äußern.

Drittes Ziel ist die Dekarbonisierung der Industrie mit einer noch nicht näher definierten Mittelzuweisung. Diese werde gewaltige Summen verschlingen, um das nationale Ziel einer Rückführung des CO2-Ausstoßes in der Industrie von 35 Prozent zwischen 2015 und 2030 zu erreichen. Bisher habe das Land 4 Prozent geschafft, so Macron. Ohne staatliche Förderung müsse die Industrie aus Europa abwandern.

Autobauer sollen in Frankreich 2 Millionen Elektroautos und Hybride herstellen

Im Transportsektor werden zwei Ziele verfolgt, die mit 4 Milliarden Euro dotiert sind. So soll die Kfz-Industrie bis 2030 eine Inlandsproduktion von 2 Millionen Elektro- und Hybridautos erreichen, vor allem, indem die Hersteller stärker zusammenarbeiten. Im Rahmen des Konjunkturpakets France Relance war zunächst ein Ziel von 1 Million bis 2025 vorgegeben worden. Die gesamte Kfz-Produktion (Pkw und leichte Nfz) in Frankreich war 2020 auf 1,4 Millionen zurückgefallen nach 2,3 Millionen im Vorjahr. Daher gilt die Vorgabe als ambitioniert. Das andere Ziel ist die Entwicklung eines Flugzeuges mit "geringem CO2-Ausstoß". Im Konjunkturpaket France Relance war für ein Flugzeug ohne CO2-Emissionen das Jahr 2035 vorgegeben worden.  

Andere Ziele sind weniger konkret. Die Landwirtschaft erhält 2 Milliarden Euro für die Digitalisierung und die Agrarwende. Bis 2030 sollen in Frankreich 20 Biopharmazeutika gegen Krebs und chronische Krankheiten entwickelt werden. Das Land habe jahrelang die Entwicklung der Biotechnologie verpasst, so Macron. France 2030 soll die Entwicklung stark beschleunigen. Eine Innovationsstrategie (Strategie innovation santé 2030) mit 7,5 Milliarden Euro Förderung, die im Juli vorgestellt worden war, hatte noch ein Ziel von 5 Biomedikamenten gesetzt. Im Kultursektor soll die Entwicklung von Fernsehserien gefördert werden, um im Land große Studios hervorzubringen.

Darüber hinaus wird die Regierung die Entwicklung kleiner Satelliten und wiederverwendbarer kleiner Trägerraketen in der Raumfahrt (New Space) und Vorhaben im Tiefseebergbau fördern. Nach Aussagen von Präsident Macron können diese Maßnahmen nur Erfolg haben, wenn fünf Bedingungen erfüllt werden, wofür ebenfalls staatliche Mittel bereitgestellt werden. Dies sind die Sicherung von Rohstoffen (auch Holz) und das Rohstoffrecycling, die Sicherung von Komponenten wie Halbleitern,  die Entwicklung von Technologien (Künstliche Intelligenz, Quantencomputer, Cloud, Cybersicherheit), die Ausbildung von Fachkräften und die Bereitstellung von Kapital, um das schnelle Wachstum von Start-ups zu finanzieren.

Details müssen noch definiert werden

Der Plan soll sich in der Umsetzung von vorherigen Investitionsplänen unterscheiden und eine Vereinfachung bei den Verfahren mit sich bringen. Ein im September 2017 vorgestellter Investitionsplan von 57 Milliarden Euro für die Amtsperiode 2017 bis 2022 war durch die Tagespolitik und die Coronakrise in der Versenkung verschwunden.

Bisher stehen nur die groben Ziele fest. Details und Methodik der Umsetzung sollen noch ausgearbeitet werden. Allerdings sollen erste Projektaufrufe für staatliche Subventionen schon früher starten, damit die Förderung schneller beginnen kann. Viele Vorhaben sollen als IPCEI (Important project of common European interest) von den EU-Beihilferegeln befreit werden. Von den vorgesehenen 30 Milliarden Euro will die Regierung für 2022 etwa 3 bis 4 Milliarden Euro in einen Nachtragshaushalt einstellen.

Kontaktanschriften

Bezeichnung

Anmerkungen

AHK Frankreich

AHK berät beim Markteinstieg

Französische Präsidentschaft

Präsentation von France 2030

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.