Lohn- und Lohnnebenkosten | Georgien
Arbeitsrecht
Der Wirtschaftsstandort Georgien punktet mit einer liberalen Arbeitsgesetzgebung. Einschränkungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter gibt es nicht.
11.11.2021
Von Uwe Strohbach | Tiflis
Rechtsgrundlagen
Vergütung | freie Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer |
Mindestlohn | kein landesweit geltender gesetzlicher Mindestlohn (für den Privatsektor) |
Arbeitsstunden pro Woche | im Allgemeinen: 40 und bei erforderlichem betrieblichen Bedarf/Schichtsystem: 48 |
Regelarbeitstage pro Woche | 5 |
Zulässige Überstunden | gesetzlich nicht geregelt, unbegrenzt unter Beachtung einer mindestens zwölfstündigen Erholungsphase zwischen den Arbeitstagen oder zwei Schichten (Begrenzung auf 2 Stunden pro Arbeitstag und 4 Stunden pro Arbeitswoche für minderjährige Beschäftigte) |
Bezahlte Feiertage | 15 (laut Artikel 30 des AGB) |
Bezahlte Urlaubstage | mindestens 24 Kalendertage/Jahr *) |
Sonderzahlungen pro Jahr in Monatslöhnen (13. und/oder 14. Gehalt) | mögliche Zahlungen je nach Tarifverträgen |
Gesetzlich garantierte unbezahlte Urlaubstage | 15 |
Tage mit Lohnfortzahlung bei Krankheit | während einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkiet wird kein Lohn gezahlt, häufig Anrechnung auf den Urlaub (jedoch ist laut einem Dekret des Arbeitsministerium eine finanzielle Unterstützung/Beihilfe durch den Arbeitgeber vorgesehen) |
Probezeit | einmalige Vereinbarung für maximal sechs Monate |
Die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind im Arbeitsgesetzbuch Georgiens (AGB) vom 25. Mai 2006 in der Fassung späterer Ergänzungen und Änderungen geregelt. Gesetzesnovellen passten das ultraliberale Regelwerk dem international üblichen Arbeitsrecht an und hoben die übermäßige Deregulierung von Arbeitsverhältnissen auf.
Georgien verfügt über ein sehr liberales, flexibles und arbeitgeberfreundliches Arbeitsrecht. Es gibt keine Einschränkungen für die Beschäftigung ausländischer Mitarbeiter.
Vertragsabschluss
Ein Arbeitsvertrag kann mündlich oder schriftlich für eine befristete oder unbefristete Zeit abgeschlossen werden. Obligatorisch ist die Schriftform, wenn das Beschäftigungsverhältnis länger als einen Monat dauert oder ein befristetes Arbeitsverhältnis vereinbart wird. Wesentliche Bedingungen des Vertrages sind: Informationen über die Vertragsparteien, Datum des Arbeitsbeginns und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, Arbeits- und Erholungszeit, Arbeitsort oder Informationen über verschiedene Arbeitsorte, Funktion, Art oder Beschreibung der zu erbringenden Leistung, Vergütung (Lohn/Zulagen), Zahlungsbedingungen, Überstundenregelungen, Anzahl bezahlter und unbezahlter Urlaubstage, Urlaubsregelungen sowie Informationen über Kündigungsverfahren und Kollektivverträge (wenn vorhanden). Interne Arbeitsvorschriften können Bestandteil des Arbeitsvertrages werden.
Befristete Arbeitsverträge können abgeschlossen werden, wenn
- die Beschäftigung einen festgelegten Arbeitsumfang oder Saisonarbeiten vorsieht,
- sich der Arbeitsumfang temporär erhöht,
- ein vorübergehend ruhendes Arbeitsverhältnis ersetzt wird oder
- andere objektive Gründe für einen solchen Vertragsabschluss vorliegen.
Wird der Arbeitsvertrag für länger als 30 Monate abgeschlossen oder dauert das Beschäftigungsverhältnis infolge eines wiederholt oder mehrfach wiederholt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages mehr als 30 Monate, gilt der Arbeitsvertrag für eine unbestimmte Zeit abgeschlossen.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Die Informationspflichten der Vertragsparteien für den Abschluss eines Arbeitsvertrages sind im Artikel 11 des AGB detailliert geregelt. Der Arbeitgeber muss den Stellenbewerber über seine Aufgaben, die Form und die Fristen des Arbeitsvertrages, die Arbeitsbedingungen, die Position des Arbeitnehmers im Beschäftigungsverhältnis und die Vergütung zu informieren. Er hat den Arbeitnehmer vollständig, objektiv und verständlich über mögliche Risiken am Arbeitsplatz zu informieren und muss für gesundheitliche Schäden, die der Arbeitnehmer bei der Ausübung seiner Arbeit erleidet, aufkommen.
Der Arbeitgeber kann interne Arbeitsvorschriften festlegen und hat den Arbeitnehmer mit diesen vertraut zu machen. Diese dürfen nicht im Widerspruch zu individuellen Arbeitsverträgen, Kollektivverträgen und dem AGB stehen.
Der Arbeitnehmer ist in bestimmten Fällen verpflichtet, Überstunden zu leisten (ohne zusätzliche Entlohnung: Vermeidung von Katastrophen oder deren Folgen; mit Entlohnung: Vermeidung von Havarien oder Beseitigung von deren Schäden).
Arbeitnehmerinnen haben Anspruch auf 126 Tage bezahlten Mutterschaftsurlaub und 604 Tage Erziehungszeit (darunter 57 bezahlte Tage). Die Bezahlung erfolgt aus öffentlichen Geldern. Die Erziehungszeit können sich die Mutter oder der Vater des Kindes beliebig aufteilen. Der Abschluss einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über eine zusätzliche Bezahlung während dieser Freistellung ist möglich. Arbeitnehmer haben Anrecht auf eine unbezahlte Kinderbetreuungszeit von bis zu zwei Wochen im Jahr beziehungsweise von insgesamt bis zu zwölf Wochen bis zum fünften Geburtstag des Kindes.
Vertragsbeendigung
Gründe für eine Vertragsbeendigung können vor allen seinn:
a) die wirtschaftliche Lage, technologische oder organisatorische Veränderungen erfordern einen Personalabbau,
b) Ablauf des Arbeitsvertrag,
c) die im Arbeitsvertrag vorgesehene Aufgabe ist erfüllt,
d) eine schriftlich Kündigung durch den Arbeitnehmer,
e) die Parteien vereinbaren schriftlich eine Vertragsbeendigung,
f) die Qualifikation oder beruflichen Fähigkeiten des Arbeitnehmers sind unvereinbar mit der auszuführenden Stelle/Arbeit,
g) ein grober Verstoß gegen Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag und/oder gegen vereinbarte interne Arbeitsvorschriften,
h) ein Verstoß gegen Verpflichtungen des Arbeitnehmers aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag und/oder gegen vereinbarte interne Arbeitsvorschriften, wenn innerhalb des letzten Jahres bereits eine Disziplinarmaßnahme in Übereinstimmung mit den genannten Verträgen oder Vorschriften ausgesprochen wurde,
i) eine langfristige Arbeitsunfähigkeit von mehr als 40 aufeinanderfolgende Kalendertagen oder von mehr als 60 Kalendertagen innerhalb von sechs Monaten und wenn der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub in Anspruch genommen hat (sofern im Arbeitsvertrag keine andere Vereinbarung getroffen wurde) und
j) ein Liquidationsverfahren (Liquidierung einer juristischen Person) wird eröffnet.
Kündigungen müssen schriftlich erfolgen. Die Kündigungsfrist beträgt grundsätzlich 30 Tage. Bei einer Kündigung seitens des Arbeitgebers (in den Fällen a, f und i) muss der Arbeitnehmer mindestens 30 Tage im Voraus schriftlich informiert werden. Der Arbeitgeber ist zur Zahlung einer Abfindung von mindestens einem Monatsgehalt innerhalb von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsvertrages verpflichtet.
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer auch mindestens drei Tage vor dem Kündigungstermin schriftlich informieren. Er muss ihm dann einen Lohnausgleich für zwei Monate zahlen. Für Massenentlassungen (ab 100 Mitarbeiter) im Falle des unter a) genannten Kündigungsgrunds sind besondere Informationspflichten gegenüber dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales zu beachten. Initiiert der Arbeitnehmer die Kündigung, muss er den Arbeitgeber mindestens 30 Tage im Voraus schriftlich benachrichtigen.