Lohn- und Lohnnebenkosten | Georgien
Lohnkosten
Das Lohnniveau in Georgien ist mit weniger als 400 Euro pro Monat niedrig. Eine kleine Zahl von Gutverdienern zieht den Durchschnitt deutlich nach oben.
11.11.2021
Von Uwe Strohbach | Tiflis
Löhne und Gehälter
Der monatliche Durchschnittslohn in Georgien betrug 2020 umgerechnet 334 Euro (Wechselkurs Jahresdurchschnitt 2020: 1 Euro = 3,5713 Lari, GEL). Er bezieht sich auf etwa 650.000 reguläre Arbeitsverhältnisse. Das Lohnniveau in den südkaukasischen Nachbarländern Aserbaidschan und Armenien unterscheidet sich kaum von dem in Georgien.
Die im Schnitt im Privatsektor gezahlten Löhne liegen um etwa 8 Prozent über dem landesweiten Durchschnittslohn. Laut einer Untersuchung der Friedrich-Ebert-Stiftung (2021) betrachten Beschäftigte einen Monatslohn von etwa 500 Euro als angemessen, Arbeitslose einen Lohn von etwa 350 Euro.
2018 | 2019 | 2020 | 2021 1) | |
---|---|---|---|---|
nominal (in GEL) | 1.164,0 | 1.211,1 | 1.284,9 | 1.395,5 |
nominal (in Euro) | 388,3 | 383,0 | 359,8 | 348,6 |
reale Veränderung (in %) 2) | 6,6 | -2,9 | 3,7 | -1,3 |
Nur jeder fünfte Arbeitnehmer erhält mehr als 300 US-Dollar
Ohne Berücksichtigung der Besserverdiener betrug das reale Durchschnittsgehalt in der Hauptstadtregion geschätzte 230 bis 260 Euro, in fast allen übrigen Regionen unter 200 Euro. Nur ein Fünftel der abhängig Beschäftigten erzielte offiziell ein Monatssalär 300 Euro und mehr.
Löhne und Gehälter entsprechen in den Privathaushalten im Schnitt einem Drittel der Gesamteinnahmen. In Tiflis ist diese Quote mit rund 50 Prozent höher. Der Abwertungstrend der Nationalwährung gegenüber dem US-Dollar und Euro seit Ende 2014 führte dazu, dass die Gehälter gemessen in diesen Währungen bis heute zeitweise stagnierten oder sogar sanken.
2020 (in GEL) 1) | Veränderung 2020/19 (in %) 2) | 2020 (in | |
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Landesdurchschnitt | 1.191,0 | 5,4 | 333,5 |
Hochlohnregionen | |||
Hauptstadt Tiflis | 1.394,4 | 3,3 | 390,6 |
Autonome Republik Adscharien | 945,8 | -0,7 | 264,8 |
Niedriglohnregionen | |||
Übrige Provinzen | 820,5 | 12,6 | 229,7 |
Hohe Gehälter erhalten Angestellte in den Branchen unternehmensnahe Dienstleistungen, Finanzen/Versicherungen, IT/Telekommunikation und Bauwirtschaft. Der Handel, das verarbeitende Gewerbe sowie das Gesundheits-, Hotel- und Gaststättenwesen zahlen geringere Löhne. Spezialisten und Fachleute für schwer zu besetzende Positionen erhalten überdurchschnittliche Gehälter.
2020 (in GEL) | Veränderung 2020/19 (in %) *) | 2020 (in | |
---|---|---|---|
Insgesamt | 1.284,9 | 6,1 | 359,8 |
Bauwirtschaft | 1.706,2 | 4,3 | 5477,8 |
Bergbau, Steinbrüche | 1.779,4 | 29,4 | 498,2 |
Verarbeitendes Gewerbe, darunter | 1.108,5 | 7,1 | 310,4 |
Nahrungsmittelindustrie | 826,9 | 8,0 | 231,5 |
Getränkeindustrie | 1.502,4 | 7,8 | 420,7 |
Textilindustrie | 745,6 | -8,3 | 208,8 |
Bekleidungsindustrie | 676,0 | 6,4 | 189,3 |
Holzindustrie | 748,7 | 11,8 | 209,6 |
Papierindustrie | 1.096,2 | -4,2 | 306,9 |
Chemische Industrie | 1.499,9 | 10,1 | 420,0 |
Gummi- und Kunststoffindustrie | 1.167,4 | 18,1 | 326,9 |
Metallurgie | 1.289,2 | 12,8 | 361,0 |
Elektrotechnische Industrie | 1.534,4 | -1,4 | 429,6 |
Transportmittelbau | 1.112,9 | 25,1 | 311,6 |
Groß- und Einzelhandel, Kfz-Dienste | 1.034,7 | 7,0 | 289,7 |
Hotel und Gastronomie | 821,1 | -4,4 | 229,9 |
Transport und Lagerung | 1.594,0 | 17,8 | 446,3 |
Telekommunikation und Information | 1.903,6 | 18,2 | 533,0 |
Finanzwesen, Banken, Versicherungen | 2.121,2 | 6,4 | 594,0 |
Immobilienbranche, einschließlich Vermietung | 1.179,1 | -1,4 | 330,2 |
Ausländische Firmen zahlen ein höheres Salär
Georgische Arbeitnehmer erwarten von ausländischen Arbeitgebern häufig einen Gehaltsaufschlag. Ihre monatlichen Durchschnittslöhne lagen 2020 mit im Schnitt 480 Euro deutlich über den in der Privatwirtschaft im Schnitt gezahlten Lohn. Im Jahr 2020 waren rund 120.000 Beschäftige in Unternehmen und Institutionen ausländischer juristischer und natürlicher Personen tätig. Deren Anteil an allen im Privatsektor Georgiens beschäftigten Personen betrug 18,6 Prozent.
Für Mitarbeiter im mittleren Management sind in Tiflis Löhne von etwa 1.300 bis 2.600 US-Dollar pro Monat üblich. Für das gehobene Management werden oft zwischen 2.200 und 3.500 US-Dollar gezahlt. In der Hauptstadt ist das Lohnniveau am höchsten. Das Gehaltsgefälle zwischen den übrigen Regionen ist überschaubar.
Gehaltsauszahlung an angestellte Mitarbeiter an den Steuerbehörden vorbei ist angesichts hoher Strafen und geringer Sozialabgaben wenig verbreitet.
2020 (in GEL) | 2020 (in Euro) | ||
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Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist) *) | 500 bis 750 | 140 bis 210 | |
Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist | 800 bis 1.000 | 220 bis 280 | |
Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann | 900 bis 1.200 | 250 bis 340 | |
Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet | 1.000 bis 1.400 | 280 bis 400 |
2020 (in Euro) | |
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Geschäftsführerin einer größeren Niederlassung *) | 2.400 bis 5.500 |
Geschäftsführerin eines kleinen bis mittleren Unternehmens | 1.800 bis 3.500 |
Vertriebsleiterin | 1.500 bis 2.800 |
Ingenieurin | 600 bis 1.500 |
Programmiererin | 700 bis 1.600 |
Sekretärin mit Fremdsprachenkenntnissen | 500 bis 800 |
Buchhalterin | 700 bis 1.500 |
Kraftfahrerin | 300 bis 500 |
Weitere Lohnbestandteile
In Georgien ist die Fluktuation von Arbeitnehmern gering. Gut bezahlte Arbeitsplätze sind rar. Dennoch ist die Bindung der Beschäftigten aufgrund des Fachkräftemangels mittels guter Karriereaussichten wichtig. Provisionen werden vor allem Verkaufsmanagern gezahlt. Zusatzleistungen sind kaum verbreitet. Lediglich das Top-Management kommt oft in den Genuss eines Dienstwagens und anderer Gratifikationen.
Große Betriebe betreiben Werkskantinen. In berufsbildende Maßnahmen wird in Georgien kaum investiert.
Sozialversicherungsbeiträge
In Georgiens neoliberal orientierter Wirtschaft liegt die Verantwortung für die eigene soziale Grundabsicherung größtenteils beim Arbeitnehmer. Arbeitgeber, Einzelunternehmen und Arbeitnehmer müssen nicht in eine allumfassende Sozialversicherung einzahlen. Eine Ausnahme bildet das Anfang 2019 eingeführte individuelle Rentensparsystem. Die von den Arbeitnehmern gezahlte Einkommensteuer von 20 Prozent des Bruttolohns, abzüglich eines Beitrages in das Rentensparsystem, fließt in das staatliche Sozialsystem.
Arbeitgeber ist am neuen Rentensparsystem beteiligt
Zum 1. Januar 2019 trat das Gesetz zur Einführung eines kapitalgedeckten Rentensystems in Kraft. Das System ergänzt die pauschale staatliche Rente, die Frauen und Männer nach Erreichen des 60. beziehungsweise 65. Lebensjahres erhalten und soll den künftigen Altersrentnern ein höheres Rentenniveau unter Berücksichtigung individueller Arbeitseinkommen ermöglichen. Ältere Arbeitnehmer (Männer über 40 und unter 60 Jahren und Frauen über 40 und unter 55 Jahren) konnten sich im Frühjahr für oder gegen das Rentensparsystem entscheiden.
Die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber zahlen jeweils einen Beitrag von 2 Prozent vom Bruttolohn. Bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von 60.000 GEL (etwa 16.300 Euro) beteiligt sich auch der Staat am Sparsystem. Der Zuschuss beträgt 2 Prozent vom Jahresbruttolohn bei einer Lohnsumme von bis zu 24.000 GEL (etwa 6.500 Euro) oder 1 Prozent bei einem Salär von mehr als 24.000 bis 60.000 GEL. Gegenwärtig sind rund 1,2 Millionen Beschäftigte in das kapitalgedeckte Rentensystem einbezogen.
Rentenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 2 |
Krankenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0 |
Abgabe für Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz (Arbeitgeberanteil) | 0 *) |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0 |
Sonstige Versicherungen (Arbeitgeberanteil) | 0 |
Erläuterungen zu Beitragsbemessungsgrenzen |
Flächendeckende Krankenversicherung eingeführt
Mit dem Universellen Gesundheitsprogramm (UGP) führte die Regierung ab 2013 eine öffentlich finanzierte Krankenversicherung für eine kostenlose beziehungsweise bezahlbare medizinische Grundversorgung für die meisten Bürger des Landes ein. In den Folgejahren wurden die Dienstleistungen des Programms stetig erweitert. Personen mit einem hohen Einkommen (40.000 GEL pro Jahr; etwa 11.200 Euro) müssen sich privat versichern. Ungeachtet der sichtbaren Erfolge in der Gesundheitsfürsorge machen die Ausgaben der Bevölkerung für Arzneimittel und medizinische Dienste immer noch hohe 48 Prozent der Gesamtausgaben für das Gesundheitswesen aus (Quelle: WHO, 2020).
Etwa 9 Prozent der Einwohner verfügen über eine rein private oder eine das Gesundheitsprogramm ergänzende private Versicherungspolice (2020: 438.300 Personen). Etwa die Hälfte davon sind Abschlüsse privater Unternehmen für ihre Mitarbeiter und deren Familienmitglieder.