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Branchenbericht Griechenland IKT, übergreifend
In der griechischen Gründerszene weht frischer Wind dank der Finanzierungsmöglichkeiten des Dachfonds EquiFund. Etwa 180 Millionen flossen bereits dank des Fonds.
14.02.2020
Von Michaela Balis | Athen
Der 2017 gegründete Dachfonds EquiFund hat die Förderung von Start-ups zum Ziel. Von den rund 420 Millionen Euro des EquiFund trug der Europäische Investitionsfonds (EIF) 60 Millionen bei. Etwa 40 Millionen Euro stammen von der Europäischen Investitionsbank. Weitere 200 Millionen Euro kommen aus nationalen Kassen, also von Mitteln des Europäischen Partnerschaftsprogramms (ESPA). Das übrige Kapital wurde von privaten Investoren zusammengetragen. Die Gelder werden über griechische Risikokapitalgesellschaften in griechische Unternehmen investiert.
So erhielten 74 griechischen Start-ups rund 60 Millionen Euro während der Gründungsphase. Bei weiteren Investitionsrunden konnte das Interesse ausländischer Investoren, vorrangig aus dem Vereinigten Königreich und den USA, geweckt werden. Sie steuerten 120 Millionen Euro bei.
Deshalb ist Nikos Antoniou, Investment Manager bei dem Venture Capital PJ Tech Catalyst, optimistisch bezüglich der Zukunft der griechischen Gründerszene: „Das griechische Ökosystem wächst und bewegt sich in die richtige Richtung: Für jeden Euro, der von griechischen Risikokapitalgesellschaften kommt, investieren ausländische Investoren zwei Euro“.
Von der Finanzierung über die Risikokapitalgesellschaften des EquiFund können Start-ups profitieren, die entweder ihren Sitz oder eine Zweigstelle in Griechenland unterhalten.
Die Hälfte der 74 Unternehmen hat ihren Sitz in Griechenland. Drei Viertel konzentrieren sich auf den Business-to-Business (B2B) Markt. Rund ein Drittel entwickelt Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), fast ein Viertel ist in den Biowissenschaften tätig und ein weiteres Fünftel bietet digitale Lösungen für den Tourismus an.
Im Jahr 2019 waren besonders technologische Produkte für den Einzelhandel, die Agrarwirtschaft, den Lebensmittelmarkt und die maritime Wirtschaft gefragt, so der Jahresbericht „Startups Greece 2019”. Der Bericht ist das Ergebnis der Zusammenarbeit der europäischen Organisation für digitale Innovation und unternehmerische Bildung EIT Digital, der Risikokapitalgesellschaft Velocity VC und der Start-up-Förderung Found.ation.
„Die Innovation erschöpft sich in mobilen Anwendungen“, beklagt Apostolos Thasitis, Business Development Manager bei Robert Bosch S.A. in Athen und erklärt: „Griechische Start-upper konzentrieren sich auf die Entwicklung mobiler Applikationen oder Internetplattformen und nicht auf die Entwicklung von Hardware, da das zu kapitalintensiv ist“.
„Außerdem müssen griechische Start-ups bei der Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen marktorientierter werden“, fügt er hinzu. Die Vernetzung zwischen der akademischen Gemeinde, sprich Universitäten und Forschungszentren, und der Industrie ist unzureichend. „Forschungszentren in Griechenland sind zwar erfolgreich, aber zu theoretisch, sie orientieren sich zu wenig an den Marktbedürfnissen“, informiert Thasitis.
Positiv zu bewerten ist die Gründung von Forschungs- und Entwicklungszentren in Griechenland seitens ausländischer Technologiegesellschaften, wie beispielsweise von der deutschen Softwaregesellschaft Teamviewer und dem deutschen Softwareentwicklungs- und Personalmanagementunternehmen P&I. Das zeugt von Vertrauen in den griechischen Markt und die IKT-Experten vor Ort.
Wenn Gründer keine Finanzierung bekommen, dann liegt das laut dem Found.ation-Jahresbericht oft an schlechter Vorbereitung. Etwa ein Viertel der Start-ups versagte bei der Suche nach einer Risikokapitalgesellschaft, weil sie den Fokus der Gesellschaft übersehen haben. Weitere zehn Prozent hatten nur eine Idee, aber kein verkaufsfähiges Produkt im Sinn.
Unterstützung bieten zahlreiche Inkubatoren, Acceleratoren und Wettbewerbe (Hackathlons). Laut dem Found.ation-Jahresbericht hat Griechenland 25 Gründerzentren: Inkubatoren, die Räumlichkeiten und Zugang zur Finanzierung anbieten, Acceleratoren, die Start-ups durch Unterstützung und Beratung zu einer schnellen Entwicklung verhelfen, und Co-Working Spaces. Eine Auflistung dieser finden Sie hier.
„Um die Start-up-Szene effektiv zu fördern, müssen mehr Investoren her, am besten Angel Investoren, zum Beispiel mit der Schaffung von Steueranreizen“, informiert Antoniou. Im Gespräch ist die Einrichtung eines sogenannten „Angel Co-Investment Fonds“. Mit rund 20 Millionen Euro vom EIF und privaten Investoren soll dieser Fonds die ersten Schritte von Start-ups mit Summen von 25.000 bis zu 150.000 Euro begleiten.
Zu den erfolgreichsten griechischen Start-ups zählt die Taxi-App Taxibeat, die in Beat umbenannt und im Jahr 2017 vom deutschen Autobauer Daimler für 40,5 Millionen Euro aufgekauft wurde, so der Found.ation-Jahresbericht. Der Technologiekoloss Samsung erwarb im Jahr 2017 Innoetics, ein IKT-Start-up, das Text-to-Speech Anwendungen, also Sprachausgabeprogramme, entwickelt.
Besonders hohe Summen investierten private Investoren unter anderem in Persado, das digitale Marketinginhalte mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz generiert (83,6 Millionen Euro), in Workable, einer cloud-basierten Personalvermittlungsplattform (73,8 Millionen Euro) und in Blueground, einem Start-up, das Reservierungsdienste im Tourismussektor anbietet (70,4 Millionen Euro).
Die meisten griechischen Start-ups haben das Ziel, sobald wie möglich ins Ausland zu expandieren. Gründe dafür sind günstigere Finanzierungsmöglichkeiten, niedrigere Steuersätze sowie größere Märkte, informiert der Found.ation-Jahresbericht. Etwa 62 Prozent der griechischen Start-ups haben entweder Mitarbeiter, den Sitz oder eine Zweigstelle im Ausland.
Aber auch wenn der Sitz ins Ausland verlegt wird, sie bleiben mit Griechenland eng verbunden. Vor allem da griechische IKT-Experten kostengünstiger sind als ihre ausländische Konkurrenz.