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Griechenland fordert mehr europäische Integration

Der griechische Wunsch nach mehr europäischer Zusammenarbeit richtet sich an Deutschland, aber auch an alle anderen EU-Mitgliedstaaten, insbesondere bei Wirtschaft und Energie.

Von Michaela Balis | Athen

Mitte Februar 2022 war die deutsche Bundesregierung zwei Monate im Amt. Griechenland blickt neugierig auf die Entwicklungen bei seinem bedeutendsten Handelspartner und zweitwichtigsten Investor.

„Es weht ein frischer Wind in Deutschland und damit auch in Europa“, kommentiert der stellvertretende griechische Minister für Entwicklung und Investitionen, Nikos Papathanasis. Mit dem Wunsch nach „mehr Europa“ fasst er die Erwartungen an die neue deutsche Regierung zusammen und hofft auf „eine größere Entschlossenheit von deutscher Seite“, wie er gegenüber Germany Trade & Invest erwähnt. Bestehende europäische Ziele sollen intensiver verfolgt werden, denn Deutschland sei eine Säule geopolitischer Stabilität.

Dieser Appell richtet sich nicht nur an Deutschland, sondern an die gesamte Europäische Union (EU): „Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten sollten sich auf eine stärkere Integration innerhalb der Europäischen Union konzentrieren“, äußert sich Athanasios Syrianos, Präsident der griechischen Brauerei Hellenic Breweries of Atalanti und Vorstandsmitglied der AHK Griechenland. „Neben dem gemeinsamen Wirtschaftsraum muss sich die gemeinsame Wahrnehmung als Einheit auf weitere Bereiche ausdehnen, wie beispielsweise beim Thema europäische Außengrenzen."

Europa soll finanzpolitisch enger zusammenrücken

Aus wirtschaftlicher Sicht gibt es viel zu tun. „Von der deutschen Bundesregierung wird gefordert die Unterschiede bei den Zinssätzen für Unternehmenskredite anzugehen“, äußert Syrianos. Er frage sich, wie griechische Unternehmen investieren und wettbewerbsfähig sein sollen, wenn trotz mutiger Reformen, die Zinssätze in Griechenland zwischen 6 bis 7 Prozent liegen, während deutsche Konkurrenten von Zinssätzen in Höhe von nur rund 3 Prozent profitieren. Er unterstreicht damit auch die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Regierungen. Erst dann kann auf eine einheitliche Lösung innerhalb der EU gehofft werden. „Das Thema bedarf einer gemeinsamen Lösung“, betont Syrianos. Er plädiert für eine Anpassung der Zinssätze auf europäischer Ebene über Eurobonds. Diese Lösung wird allerdings seinen Worten zufolge „nicht von allen Ländern begrüßt.“ Daher schlägt er alternativ 

„eine engere Zusammenarbeit der nationalen Finanzministerien, um letztendlich in einem gemeinsamen EU-Finanzministerium zu münden“,

vor. Dies sei eine Herausforderung für Europa und Deutschland könne eine federführende Rolle einnehmen.

„Deutschland hat Griechenland immer beigestanden“, betont der stellvertretende Minister für Entwicklung und Investitionen anerkennend und bezieht sich auf die Rolle Deutschlands während der zehnjährigen griechischen Wirtschaftskrise. Griechenland bemühe sich und halte sich diszipliniert an die finanzpolitischen Maßnahmen. „Bei der Reform des EU-Stabilitätspakts sollten allerdings die Krisen, die das Land in den letzten Jahren durchgemacht hat, berücksichtigt werden“, fügt er hinzu. Griechenland büßte aufgrund der harten Austeritätsmaßnahmen für die Sanierung der griechischen Wirtschaft zwischen 2009 und 2018 etwa ein Viertel seiner Wirtschaftskraft ein. Dann begann die Coronakrise.

In Griechenland sind verschiedene große deutsche Unternehmen vertreten. Hierunter reihen sich beispielsweise das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim, die Deutsche Telekom oder der Energiekonzern RWE ein. Dank des gut ausgebildeten Personals entwickelte sich Griechenland zum attraktiven Standort für deutsche Softwareunternehmen. Papathanasis ist der Meinung, dass sich noch „mehr deutsche Investoren im Land niederlassen und zum Wirtschaftswachstum beitragen“ könnten.

Ausbau von Alternativenergien ist wichtig

Vor dem Hintergrund der Energiekrise seit dem Herbst 2021 geht der stellvertretende Minister besonders auf das Thema Energie ein: „Wir müssen uns mehr auf erneuerbare Energien stützen!“ Auch der Präsident des griechischen Fotovoltaikverbands Helapco, Sotiris Kapellos, bekräftigt: „Die Energiekrise der letzten Monate wäre noch schlimmer verlaufen, wenn der Beitrag der erneuerbaren Energien geringer wäre.“ Er hofft,

„dass die neue Bundesregierung, dank der Zusammensetzung der Koalition, bei Umweltthemen stärker durchgreifen wird.“

Um den Anteil der regenerativen Energien gemäß der EU-Ziele zu erhöhen, müsse laut Kapellos das Speichern von Energie und die Wasserstofferzeugung unter Verwendung erneuerbarer Energien vereinfacht und zunächst bezuschusst werden.

Es sei wichtig, dass Griechenland ein gleichberechtigtes Mitglied bei den bedeutenden Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse ist. Als beispielhafte Bereiche bringt Papathanasis die Themen Mikroelektronik und Wasserstoff an. „Eine Initiative Deutschlands, ein Finanzierungsinstrument für die Förderung grüner Wasserstoffprojekte ins Leben zu rufen, wäre wünschenswert“, fügt er hinzu. Von deutscher Seite herrscht bereits reges Interesse, sowohl für die Entwicklung von Erneuerbare-Energien-Projekten als auch für den Kauf betriebsbereiter Fotovoltaikanlagen in Griechenland. „Ein weiteres Engagement deutscher Unternehmen in Griechenland für die Erzeugung von grünem Wasserstoff ist erwünscht“, betont Kapellos.

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