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Vom erneuten Aufleben des öffentlichen Wohnungsbaus in Hongkong können auch ausländische Unternehmen profitieren. Die Behörden setzen auf Nachhaltigkeit und Qualität.
23.12.2020
Von Roland Rohde | Hongkong
Die Wirtschaft in der Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong bekam 2020 gleich von zwei Seiten Gegenwind: der Coronapandemie sowie der Einführung des nationalen Sicherheitsgesetzes. Zum Glück sitzt der Fiskus auf sehr hohen Reserven, die er allerdings nur sehr beschränkt für die Abfederung der unmittelbaren Folgen der Krise einsetzt, sondern lieber für investive Zwecke. Der viele Jahre vor sich her dümpelnde öffentliche Wohnungsbau soll kräftig angekurbelt werden. Damit - so die Hoffnung - lässt sich die hohe Unzufriedenheit in der Bevölkerung etwas abmildern.
Hongkong gehört zu den teuersten Immobilienstandorten der Welt. Aber nicht mal die Hälfte der Bevölkerung kommt laut Angaben der lokalen Behörde für Transport und Wohnungsraum (Transport and Housing Bureau) in staatlichen Wohnungen unter. In Singapur liegt die entsprechende Quote gemäß dem dortigen Statistikamt bei weit über 90 Prozent. Selbst Mittelklassefamilien haben Schwierigkeiten, eine eigene Wohnung zu kaufen. Ein etwa 60 Quadratmeter großes, relativ zentral gelegenes Apartment (auf Hong Kong Island) kostete 2020 im Durchschnitt mehr als 1,6 Millionen US-Dollar (US$).
2010 | 2015 | 2020 | Veränderung 2020/2010 (in %) | |
---|---|---|---|---|
Monatsmiete öffentliche Wohnung (in US$) | 390 | 490 | 600 | 54 |
Monatsmiete Privatwohnung (in US$) | 2.230 | 3.470 | 3.810 | 71 |
Kaufpreis Privatwohnung (in US$) | 616.100 | 1.162.100 | 1.645.600 | 167 |
Zwischen 2010 und 2020 sind damit die Preise um ganze 167 Prozent gestiegen. Im selben Zeitraum kamen lediglich gut 120.000 zusätzliche öffentliche Wohnungen (netto) auf den Markt. Der private Sektor war mit über 210.000 Einheiten wesentlich aktiver. Trotzdem ist das zusammengenommen immer noch viel zu wenig, zumal die Bevölkerung Hongkongs im vorliegenden Zeitraum um eine halbe Million anstieg. Durch Zuwanderung wird sie in den nächsten Jahren weiter wachsen.
Bild vergrößernIn der aktuellen Dekade dürfte sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt dank des stärkeren Engagements der öffentlichen Hand allerdings spürbar entspannen. In ihrer Regierungserklärung Ende November 2020 wies die Verwaltungschefin, Carrie Lam, darauf hin, dass man 330 Hektar Landfläche ausgemacht habe, auf der in den kommenden zehn Jahren 313.000 staatliche Wohnungen entstehen sollen.
Doch damit ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. So pushen die Verantwortlichen zugleich ein Megaprojekt: Die Lantau Tomorrow Vision. Den offiziellen Plänen zufolge soll eine komplett neue Stadt auf einer künstlich aufgeschütteten Insel entstehen. Sie wird Platz für 260.000 bis 400.000 Wohnungen bieten. Dort könnten also mehr als 1 Million Menschen eine neue Heimat finden.
Ort / Name | Größe (in Hektar) | Anzahl Wohnungen | Stand | Erstbezug ab |
---|---|---|---|---|
Anderson Road Quarry | 40 | 10.130 | in Bau befindlich | 2023/24 |
Kai Tak (9 Einzelprojekte) | 323 | 50.000 | Land gekauft | 2023/24 |
Neue Vorstadt bei Kwu Tong/Fanling | 68 (Phase 2) | 71.800 | Landankauf läuft | 2023/24 |
Erweiterung neue Vorstand Tung Chung | 130 bis 200 | 62.100 | in Bau befindlich | Anfang 2024 |
Fanling Golfplatz | 32 | 4.000 bis 9.000 | Wiederaufnahme Bauarbeiten 2023 | 2024 |
Hung Shui Ku/Ha Tsuen | 268 | 61.000 | 1. Phase in Bau befindlich | 2024/25 |
8 brachliegende Flächen New Territories | 62 | > 20.000 | in Planung | nach 2026 |
Yuen Long Süd | 185 | 32.850 | in Planung | 2028 |
Gebiet am künftigen Northern Rail Link | 90 | 70.000 | in Planung | 2034 |
Lantau Tomorrow Vision | 1.700 | 260.000 bis 400.000 | in Planung, Machbarkeitsstudie läuft | 2024 |
Das Riesenprojekt dürfte allerdings sehr teuer werden. Nicht nur die Aufschüttungen werden große Summen verschlingen, sondern auch der Anschluss an das Verkehrsnetz. Brücken, Tunnel, Eisenbahnlinien, Wasserverbindungen und dergleichen müssen komplett neu gebaut werden. Die erforderlichen Mittel dürften die Finanzreserven Hongkongs übersteigen. Die genaue Finanzierung steht noch nicht fest, insbesondere ob die Verantwortlichen private Kapitalgeber mit ins Boot holen.
Das Vorhaben ist daher - trotz der großen Wohnungsnot - in der Bevölkerung umstritten. Viele stoßen sich an den horrenden Kosten. Sie belaufen sich nach derzeitigem Stand auf 80 Milliarden US$. Allerdings dürften die tatsächlich anfallenden Aufwendungen wohl eher im dreistelligen Milliardenbereich liegen. Hinzu kommen Umweltschutzbedenken. Die Regierung ist allerdings gewillt, das Projekt voranzutreiben. Das Parlament gab Ende 2020 das Erstellen einer Machbarkeitsstudie frei.
Wenn alles nach Plan läuft, könnten Mitte des kommenden Jahrzehnts die ersten Bewohner in ihre Apartments einziehen. Doch Verzögerungen sind bei derart große Plänen auch in Hongkong gängig. Ausländische Firmen sollten das Projekt aufmerksam verfolgen, denn es dürften sich umfangreiche Geschäftsmöglichkeiten ergeben. Gerade bei Megavorhaben kommen an der einen oder anderen Stelle internationale Planungs- und Ingenieurbüros zum Zuge.
Es werden zudem ausländische Baumaschinen benötigt. Weitere Zulieferchancen ergeben sich bei Baustoffen und Gebäudetechnik. Öffentlicher Wohnungsbau klingt zunächst nach "billig". Dabei beabsichtigen die Behörden, großen Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit zu setzen. Energieeffizienz wird künftig eine größere Rolle in Hongkong spielen. Zwar geht die Regierung mit entsprechenden Vorschriften sparsam um. Doch bei ihren eigenen Projekten geht sie mit gutem Vorbild voran.
Ein Großteil der benötigten Baustoffe, Baumaschinen und Gebäudetechnik muss importiert werden, da es kaum einheimische Anbieter gibt. Beschaffungen und Ausschreibungen richten sich in Hongkong nach den WTO-Regeln des Agreement on Government Procurement (GPA). Alle Informationen sind online und auf Englisch verfügbar. Im Bausektor bekommen zumeist einheimische und festlandschinesische Firmen den Zuschlag. Ausländische Anbieter agieren oft als Subunternehmer und Zulieferer.
Alle öffentlichen Beschaffungen werden über das Government Logistics Department abgewickelt. Dort kann man sich online als Zulieferer registrieren lassen. Weitere Informationen zu öffentlichen Beschaffungen liefert die Finanzbehörde. Dort findet man auch einen Überblick der öffentlichen Ausschreibungen. Statistiken zum Bausektor liefert das Transport and Housing Bureau. Eine eigene Webseite gibt es zur Lantau Tomorrow Vision. Regelmäßig berichtet die South China Morning Post zum öffentlichen Wohnungsbau in Hongkong.
Bestand | 2010 | 2015 | 2020 | Nettozunahme 2010 bis 2020 |
---|---|---|---|---|
Insgesamt | 2.536 | 2.668 | 2.868 | 332 |
privat | 1.401 | 1.489 | 1.613 | 212 |
staatlich | 1.135 | 1.178 | 1.256 | 121 |