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Deutsche Wettbewerbsposition | Hongkong

Deutsche Anbieter in Hongkong behaupten sich in Nischen

Aus deutscher Sicht spielt die Metropole vor allem als Beschaffungsplattform eine Rolle. Der Absatzmarkt ist zwar relativ klein, aber in bestimmten Sparten durchaus attraktiv.

Von Roland Rohde | Hongkong

Hongkong ist die wohl wichtigste Handelsplattform Asiens. Das Außenhandelsvolumen summierte sich 2021 nach Angaben des lokalen Statistikamtes auf 1,3 Billionen US-Dollar (US$). Laut dem halbstaatlichen Hong Kong Trade Development Council (HKTDC) gibt es in der Metropole knapp 100.000 Ex- und Importfirmen. Die Unternehmen verkaufen vor allem Fertigwaren vom chinesischen Festland in den Rest der Welt. Zudem versorgen sie Fabriken in China mit den notwendigen Vorprodukten und Anlagegütern, denn viele Werke im Süden der Volksrepublik sind im Besitz von Hongkonger Investoren.

Zahlreiche deutsche Handelshäuser sowie Einkaufbüros vieler Einzelhandelsketten sind daher in der Sonderverwaltungsregion (SVR) vertreten. Während der Covid-19-Pandemie hat der Standort Hongkong weiter an Bedeutung hinzugewonnen. Aufgrund von Produktionsstörungen in Süd- und Südostasien, wie etwa Vietnam, bestellten internationale Einzelhandelskonzerne noch mehr Waren in China beziehungsweise in Hongkong. Trotz voller Auftragsbücher gestaltet sich das Tagesgeschäft in der SVR angesichts weitreichender Störungen in den Lieferketten jedoch schwierig. Aufgrund der Grenzschließungen für den Personenverkehr kommen keine Ein- und Verkäufer in die Metropole. Auch Messen finden seit zwei Jahren nicht mehr statt.

Hongkong auf einen Blick

Hongkong importierte 2021 laut UN Comtrade Waren im Wert von 713 Milliarden US-Dollar (US$), davon stammten 1 Prozent aus Deutschland. Destatis zufolge lag die Sonderverwaltungsregion 2021 auf Rang 39 der wichtigsten deutschen Absatzmärkte.

Hongkong exportierte 2021 Waren im Wert von 671 Milliarden US$. Davon gingen 1,4 Prozent nach Deutschland – Rang 56 der wichtigsten deutschen Bezugsmärkte.

Laut Angaben der Deutschen Auslandshandelskammer (AHK) China waren 2021 rund 600 deutsche Unternehmen beziehungsweise Vertretungen deutscher Firmen in Hongkong ansässig.

In den nächsten ein bis zwei Jahren wird dies voraussichtlich auch so bleiben. Hongkong hält auf Druck von Beijing an der bisherigen Null-Covid-Politik fest. Viele ausländische Fachkräfte sind bereits 2020/21 abgewandert. Seit Februar 2022 verlassen zudem immer mehr Familien fluchtartig die SVR. Das beeinflusst auch die Standortentscheidung internationaler Firmen, Hongkong verliert massiv an Wettbewerbsfähigkeit. Doch im Außenhandelsgeschäft fehlen letztendlich die Alternativen. Singapur ist vom chinesischen Markt geografisch zu weit entfernt.

Absatzmarkt leidet unter fehlenden chinesischen Touristen

Mit 7,4 Millionen Einwohnern ist Hongkong auf den ersten Blick kein großer Absatzmarkt. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf liegt jedoch etwa auf deutschem Niveau. Zudem gibt es kaum verarbeitendes Gewerbe. Entsprechend gering fällt die einheimische Nachfrage nach Investitionsgütern aus. Dafür müssen aber nahezu sämtliche Konsumwaren importiert werden. Vor der Coronapandemie strömten außerdem jährlich rund 50 Millionen Besucher vom chinesischen Festland in die winzige SVR. Bei vielen von ihnen handelte es sich um Einkaufstouristen, die regulär rund ein Drittel zum Einzelhandelsumsatz beisteuern. In Luxusgütersparten liegt die Quote sogar fast doppelt so hoch.

Durch die Grenzschließung kommen chinesischen Touristen aber seit zwei Jahren nicht mehr in die Metropole. Daran dürfte sich 2022/23 nicht allzu viel ändern. Des Weiteren ermöglichst China zunehmend zollfreies Einkaufen im eigenen Land. Ob Hongkong daher je wieder die Rolle als Einkaufsparadies Asiens wiedererlangt, steht in den Sternen. Entsprechend sind die Nettoeinfuhren (Importe abzüglich Exporte) der ehemaligen britischen Kolonie zwischen dem Vorkrisenniveau 2018 und 2021 laut Angaben des lokalen Statistikamtes von rund 72 Milliarden US$ auf knapp 45 Milliarden US$ gesunken.

Der Anteil Deutschlands an Hongkongs Importen ist in den letzten zwei Jahrzehnten kontinuierlich zurückgegangen. Das ist aber nicht unbedingt auf die nachlassende Wettbewerbsfähigkeit deutscher Exporteure zurückzuführen. Vielmehr stehen dahinter Verschiebungen der Handelsstrukturen. China importiert via Hongkong immer mehr elektronische Komponenten aus Asien. Des Weiteren stammen deutsche Pkw etwa zunehmend aus Fabriken, die gar nicht mehr in Deutschland produzieren.

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Deutsche Autos, Arzneimittel, Medizintechnik und Nahrungsmittel gefragt

Bei Waren, die für den inländischen Bedarf bestimmt sind, kann Deutschland vor allem in zwei Bereichen punkten. Einerseits sind Arzneimittel und Medizintechnik "Made in Germany" stark nachgefragt. Da Hongkong das Gesundheitssystem in den nächsten Jahren massiv ausbauen wird, steigen die Absatzchancen. Andererseits sind deutsche Pkw-Marken in der SVR heiß begehrt. Während japanische Konkurrenten den Massenmarkt bedienen, dominieren deutsche Anbieter das Premiumsegment. Die Autoimporte aus China haben 2021 wohl wegen der zeitweisen Schließung von südchinesischen Häfen kräftig zugelegt. Sie werden aber nahezu komplett reexportiert und spielen in der Hongkonger Zulassungsstatistik keine Rolle.

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Bei klassischen Luxusgütern wie Schmuck und Uhren, Lederwaren, Bekleidung sowie Kosmetik haben deutsche Anbieter gegen die Konkurrenz aus Italien, Frankreich oder der Schweiz hingegen nur wenig Chancen. In diesen Segmenten können deutsche Lieferanten lediglich in Nischen überleben. So sind etwa Körperpflege- und Nahrungsmittel "Made in Germany", insbesondere Fleisch, wegen ihrer Qualität gefragt. Bei Wein und Spirituosen sind hingegen Wettbewerber aus Australien und Frankreich beziehungsweise dem Vereinigten Königreich mit großem Abstand dominant.

Hauptlieferanten wichtiger Produkte (Anteil in Prozent) 1)

Rang 2021

Produkt

2001

2011

2021

Kfz2

1

China3

15,3

10,8

29,8

2

Japan

35,5

23,6

20,6

3

Deutschland

24,0

22,4

12,7

Arzneimittel4

1

China3

14,9

9,8

10,9

3

USA

7,2

11,8

9,5

7

Deutschland

7,8

4,9

7,3

Medizintechnik5

1

China3

27,1

26,6

50,0

2

USA

25,2

29,9

15,1

3

Deutschland

9,2

12,7

6,8

1) Anteile der größten Liefernationen bei den für Deutschland bedeutendsten Exportprodukten nach Hongkong; 2) SITC-Gruppe 78; 3) wegen hoher Reexportquote kein Rückschluss auf Wettbewerbsposition möglich; 4) SITC-Gruppe 54; 5) SITC-Gruppen 774 und 872Quelle: UN Comtrade

Große Einzelhändler unterhalten Beschaffungsbüros in SVR

Fast alle größeren Einzelhandelskonzerne der Welt unterhalten ein Einkaufsbüro in der ehemaligen britischen Kolonie. Von deutscher Seite sind unter anderem Aldi, Lidl, Metro, Tchibo und Rewe vertreten. Manche Firmen wickeln sogar das gesamte Asiengeschäft über ihr Hongkonger Büro ab. Bezogen sie vor 15 Jahren noch etwa zwei Drittel ihrer Waren direkt aus China, liegt diese Quote inzwischen bei deutlich unter 50 Prozent.

Hersteller haben seit geraumer Zeit arbeitsintensive Fertigungsschritte aus China heraus verlagert und sind auf Länder mit niedrigeren Lohnkosten ausgewichen. Probleme in den Lieferketten 2020/21 haben außerdem den Wunsch verstärkt, diese robuster zu gestalten. Kritische Komponenten sollen nicht mehr nur von einem Lieferanten beziehungsweise aus einem Land stammen. Diese Trends stärken aber eher den Standort Hongkong als wichtige Beschaffungsplattform, da die SVR ideal zwischen Ost- und Südostasien gelegen ist.

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